Herrlich waren die drei Tage Pause von der Wirtschafts- und Finanzwelt. Die Welt ohne Nachrichten erschien über Weihnachten so heile, dass man fast glauben konnte, die Finanzkrise hätte das Zeitlich gesegnet. Das dem weder so ist, noch es über die Weihnachtsfeiertage so war, offenbart ein Rückblick in die Onlineschlagzeilen der letzten Tage:
Unter der Überschrift Börse ist nicht moralfrei ist ein Interview mit Erzbischoff Reinhard Marx zu lesen, in dem es auch um die Gier auf den Finanzmärkte geht. Der evangelische Bischof Wolfgang Huber hat direkt zugeschlagen und dem Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann vorgeworfen, durch seine Renditeziele eine „Form des Götzendienstes“ um Geld gefördert zu haben. Das Kreditinstitut findet diesen Angriff gegen den Chef unangemessen.
Die internationale Wirtschaftspresse hinterfragt die derzeitige Konsumfreude in europäischen Ländern und bremst aufkeimenden Optimismus. In der Frankfurter Rundschau meint Konsum-Experte Wolfgang Twardawa, dass die Krise bei den Menschen noch nicht angekommen sei: „Die Arbeitslosigkeit ist noch nicht gestiegen, und die Konsumenten haben mehr Geld in der Tasche. Ihr Spielraum ist größer, da Sprit und Heizöl billiger geworden sind.“ Aber dass der Einbruch komme, sei sicher – vielleicht schon im Januar, vielleicht erst später. Die Rezession werde dann nicht alle gleich treffen. Wer arbeitslos werde, müsse sich einschränken, und wer Angst habe, arbeitslos zu werden, werde vorsichtig mit dem Geldausgeben sein: „Das Angstsparen nimmt wieder zu.“
Die taz aus Berlin geht der ungebrochenen Kauflust in einem Interview mit einem Psychiater nach. Dieser meint, dass die Verbraucher von der Krise in unterschiedlichem Maße betroffen seien: „Die Menschen, die bisher den Verfall auf den Aktienmärkten unmittelbar spürten, hatten eher viel Geld angelegt und sind betucht. Die können sich also immer noch ihr Handy für 400 Euro leisten. Die anderen wiederum, die kaum Geld auf der hohen Kante haben, sind unmittelbar von der Finanzkrise noch nicht betroffen und konsumieren auch, gerade im Weihnachtsgeschäft.“ Warum sie dies tun, hänge mit Wohlfühlhormonen zusammen, die ausgeschüttet würden – sowohl beim Einkaufen als auch beim Verschenken. Und auch bei einer ausbleibenden Bestrafung reagiere das menschliche Belohnungssystem: „So ist es derzeit auch hierzulande, alle erwarten den großen Einbruch. Der ist aber noch nicht gekommen. Also fühlt man sich erst mal noch gut.“
In Großbritannien bewertet BBC News die neuesten Meldungen zur verbesserten Verbraucherstimmung skeptisch. „Auch wenn der Index überraschend um zwei Punkte stieg, bleibt er immer noch extrem niedrig.“ Zurückzuführen sei die Konsumfreude der Briten wohl auf die gesunkenen Preise für Energie und Kraftstoffe, aber auch auf die Reduzierung der Mehrwertsteuer von 17,5 auf 15 Prozent. Dennoch habe sich gezeigt, dass die Konsumenten eher pessimistisch in die Zukunft blickten. „Und die entscheidende Frage ist, ob die verbesserte Verbraucherstimmung über die Feiertage hinaus anhält und sich auch in den Januar-Umsätzen niederschlägt.“
Die Schlagzeile „Rekordrückgang der Industrieproduktion in Japan“ erinnert daran, dass wir uns insbesondere 2009 mit den realwirtschaftlichen Folgen der Finanzkrise weiter beschäftigen müssen. Noch Heiligabend veröffentlichte Daten zeigten, dass sich die Lage am US-Arbeitsmarkt weiter rapide verschlechterte. In der vergangenen Woche stellten so viele Amerikaner einen Antrag auf Arbeitslosenhilfe wie seit 26 Jahren nicht mehr.
Erwischt hat es die Elie-Wiesel-Stiftung, die nach eigenen Angaben offenbar Opfer des Madoff-Finanzbetrugsskandals geworden. Die Stiftung des Friedensnobelpreisträgers und Holocaustüberlebenden Elie Wiesel habe „so gut wie ihr gesamtes Vermögen verloren“, teilte die Organisation am Donnerstag auf ihrer Internetseite mit. Ein anderes Opfer, nämlich der Gründer eines durch den Madoff-Betrugsskandal geschädigten Hedge-Fonds ist laut Medienberichten am Dienstag tot in seinem New Yorker Büro aufgefunden worden. Er soll den Freitod gewählt haben.
Rückblicke und Abgesänge gibt es auch jede Menge, wie z.B. über das Ende der goldenen Ära der Private Equity-Branche oder das schmähliche Aus der Wall-Street-Ikonen.
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