Bad Bank: Zitronengeschäfte für den Staat?

by Dirk Elsner on 23. Januar 2009

L is for Lemon Lime

Zitronen unter Wasser (Foto flickr/terriseesthings)

Das Thema Bad Bank liegt mir quer im Magen. Seit Wochen wird darüber diskutiert und geschrieben. Der Ökonom in mir sagt: Von einer Bad Bank sollte der Staat die Finger lassen. Die Aussicht auf eine Bad Bank schafft falsche Anreize, nämlich die noch riskantere Geschäfte einzugehen. Laufen die Geschäfte gut, dann bleibt der Ertrag in der Bank, läuft es schlecht,  werden die Geschäfte einfach weiter geleitet.

Im Prinzip entspricht das dem Modell doch dem des Akerlofchen Zitronenmarktes, dessen Hauptproblem die Negativauslese (=adverse selection) ist. In der mikroökonomischen Vertragstheorie wird bei Verträgen mit unvollständiger Information vor oder nach Vertragsabschluss unterschieden. In Vertragsbeziehungen kann es aufgrund asymmetrischer Informationen zwischen den Vertragspartnern Anreize für opportunistisches Verhalten geben. Konkret könnte der Staat von den Banken Assets zu einem stark überhöhten Preis erhalten. Daher verweigert er den Ankauf.

Das der Preis überhöht sein kann, vermutet er aufgrund der asymmetrischen Informationen über die Qualität der Assets und deren wesentliche Eigenschaften (hidden charateristics), die verborgen bleiben. Wir sprechen hier ja nicht von einfachen Anleihen, sondern von hochkomplexen Produkten, wie Collateralized Debt Obligation. Hier besteht sogar der Eindruck, dass viele Banken selbst die Qualität dieser Instrumente nicht kennen.

Nun hat die Neue Institutionenökonomik bereits vor Jahren dieses Problem erkannt. Hier liegt ja nicht nur ein Problem des Käufers sondern auch eines des Verkäufers vor, der Produkte, die er verkaufen möchte, plötzlich nicht mehr los wird. Reputation, Signaling und Screening heißen die Schlagworte.

Der Ansatz des Signaling beruht auf den Arbeiten von Michael Spence. Dabei sendet die besser informierte Marktseite Signale über ihre Qualität aus, beispielsweise über Garantieversprechen oder Selbstbehalte bei Versicherungsgeschäften.

Joseph Stiglitz erarbeitete zusammen mit Michael Rothschild den umgekehrten Fall, das Screening, bei dem die schlechter informierte Seite versucht, zusätzliche Informationen zu gewinnen, z. B. indem eine Versicherung verschiedene Verträge mit unterschiedlichen Selbstbehalten anbietet. Auf diese Weise müssen potentielle Versicherungsnehmer ihre eigenen Risiken offen legen: Je höher die Wahrscheinlichkeit des Schadensfalles, desto geringer die gewählte Selbstbeteiligung und desto höher die Versicherungsprämie.

Bleibt die Reputation. Der Begriff „Reputation“ wird von verschiedensten Wissenschaften wie etwa der Soziologie, Psychologie, Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre verwandt. Allgemein wird dann von Reputation gesprochen, wenn Dritte einem anderen eine oder mehrere Eigenschaften zuschreiben. Im ökonomischen Kontext bezieht sich Reputation vor allem auf das vertrauenswürdige Verhalten eines Akteurs (Wisu 1/08, S. 100). In der Praxis ist allerdings das Vertrauensverhältnis zu den Banken erheblich gestört, was nicht zuletzt an der katastrophalen Informationspolitik der Banken liegt.

So, wo nun die praktischen Probleme theoretisch lösbar erscheinen, stellt sich weiterhin die Frage, ob der Staat nun über eine Bad Bank CDOs und Co. kaufen soll. Meine persönliche Vermutung ist ja, der Staat könnte ein richtig gutes Geschäft mit diesen Paketen damit machen. Diese These liegt in der aktuellen Wertfindung begründet. Ich bin weiter der Auffassung, dass der “innere Wert” der Giftfässer höher ist als der derzeitige Marktwert. Der aktuelle Marktwert wird durch überhöhte Risikoprämien bestimmt. Bei nüchterner Betrachtung sind diese zu hoch, drücken aber aktuell ganz erheblich die Preise.

Trägt nun der Staat durch seine Aktivitäten zur Beruhigung bei, bilden sich die Risikoprämien zurück, womit die Assets wieder im Wert steigen. Klingt eigentlich ganz einfach. Und man sollte nicht vergessen, dass die Papiere am Beginn ihrer Verwertungskette mit originären Forderungen ausgestattet sind, die in der „Realwirtschaft“  verankert sind. Die werden ja nicht komplett ausfallen, sondern überwiegend zurückgezahlt werden. Das Problem bleibt dennoch die Bestimmung der Werthaltigkeit dieser Forderungen, die den inneren Wert ausmachen. Dazu muss man sich im Prinzip mit Spezialisten durch die umfangreichen Dokumentationen aller Assets arbeiten. Kein Wunder, dass Herr Merl bei diesen Aussichten das Handtuch geworfen hat.

Daneben ergeben sich natürlich viele praktische Fragen, die die Verwaltung und Abwicklung solcher Instrumente mit sich bringen. Aktuell bezweifele ich, dass es überhaupt genügend Ressourcen dafür gibt, um die Assets vernünftig verwalten zu können. Das sind aber lösbare Fragen.  Ich denke, der Bund sollte sich etwa mit der Deutschen Bank und einer Landesbank als Referenz zusammensetzen und auf operativer Ebene prüfen, wie der Ankauf der angeblich vergifteten Assets erfolgen könnte. Es könnten einige Beispiel-Assets durchgeprüft  und eine Bewertung versucht werden. Anschließend lässt sich eine fundiertere Entscheidung treffen, um spätere Überraschungen zu vermeiden.

In der Debatte um die Bad Banks werden immer wieder Beispiele eingeworfen, bei denen das Modell in der Vergangenheit funktioniert hat. Persönlich halte ich von dieser Argumentation nicht viel, weil die Modelle in der Vergangenheit keinen sachlogischen Zusammenhang zu den aktuellen Fällen haben und die Rahmenbedingungen komplett anders sind.

Die nun aktuell diskutierte Bad Bank light klingt inkonsequent und nach politischen Kompromiss. Entweder der Staat kauf die “schlechten” Assets oder er kauft sie nicht. Und wenn er sie kauft, dann muss er auch von den Gewinnen profitieren dürfen.

Beiträge zum Thema

Das Thema ist heiss zur Zeit. Die unten stehenden Beiträge sind nur einige ausgewählte aus den vergangenen 10 Tagen

FAZ: Regierung will Banken-Paket nachbessern

SZ: Jeder Bank ihre Giftmülldeponie

FAZ: Steinbrück: „Eine nationale ‚Bad Bank‘ wird es nicht geben“

NYT: Sweden’s Fix for Banks: Nationalize Them

FAZ: Zinslose Staatspapiere für die schlechten Banken

HB: „Staat kann nicht für alle Kredite garantieren“

Ökonomenblog: Bad Bank für den Übergang

HB: Bankaktien: Bilanz des Schreckens

Weisgarnix: Vorsorgende Währungsreform

HB: Eine Bad Bank entlastet die Bilanzen

Weisgarnix: Buiters “Bad Bank”-Konzept

Zeit: Bad Bank“  Faule Lösung

HB: Warum wir eine „Bad Bank“ brauchen

HB: Staat arbeitet an „Bad Bank light“

HB: Der Niedergang der Banken

HB: Im Moment regiert nur die Angst

HB: Oettinger: Ohne Bad Bank Konjunktur in Gefahr

Zeit: Finanzkrise – Die Bad Bank bringt keine Rettung »

HB: Hypo Real Estate braucht mehr Garantien

WSJ: Politics Seen in Bank  Bailout Decisions

HB: Rufe nach Verstaatlichung von RBS und Lloyds werden lauter

HB: London verzichtet elegant auf „Bad Bank“

FTD: Gute Argumente für die Bad Bank

FTD: Lucas Zeise – Alle Banken an den Staat

HB: USA erwägt Gründung einer „Bad Bank“

Zeit: Steinbrück wehrt sich gegen „Bad Bank“

NYT: Krugman. More on the bad bank

Time: Building A $1 Trillion „Bad Bank“

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