Die Bonusdebatte hat gestern eine neue Schärfe erhalten. Barack Obama hat sich in einem Gespräch mit Reportern am Donnerstag sehr verärgert über die Höhe der Bonuszahlungen an Wall Street. Nach einem Bericht der New York Times soll trotz des kompletten Desasters 18,4 Mrd. US$ gezahlt worden sein oder gezahlt werden. Dies war immerhin der sechsthöchte Betrag, der je gezahlt wurde.
Ehrlich gesagt, habe ich ihn noch nie so verärgert, ja fast wütend erlebt, wie zu diesem Thema. Er nannte dieses Verhalten schamlos, unverantwortlich und überhaupt nicht angemessen für das, was die Wall Street angerichtet hat. Es hatte fast den Eindruck, als habe er die Presse nur für diese Aussagen eingeladen, denn zu weiteren Themen äußerte er sich nur auf Nachfrage.
Aber nicht nur in den USA sorgen die Bonuszahlungen weiter für Gesprächsstoff. Ein Leser hat mich am Mittwoch auf die Bonusmeldung der UBS aufmerksam gemacht. Danach soll die Banbk vertraglich verpflichtet sein, 1,3 Milliarden Franken variable Lohnanteile auszuzahlen. Dieser Fall löst auch in der Schweiz erhebliches Befremden aus, wie der Thread unterhalb des Artikels im Tagesanzeiger zeigt.
Eine Begründung der Finanzaufsicht, die Bonuszahlungen zu genehmigen war, dass ansonsten gute Mitarbeiter zur Konkurrenz wechseln würden. Diese Argumentation ist weder in diesen noch in anderen Zeiten zu fassen.
Ein Leser, der selbst ebenfalls ein Unternehmen geführt hat, schrieb mir dazu:
„Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass meine Mitarbeiter nie durch hohe Geldzuwendungen gehalten wurden, sondern immer durch Integrität in die Unternehmensziele. Wenn die Integration fehlt und überdies weder Respekt noch Achtung gegenüber allen Geschäftspartnern und Kollegen und Kunden fehlt, zeigt sich hier meines Erachtens eine ganz fundamentale Charakterschwäche.“
Diese Aussagen kann ich komplett unterstreichen. Gern biete ich den Bankern Motivationshilfen an, wie man auch in schwierigen Zeiten seine Mitarbeiter hoch motiviert im Unternehmen hält. Ich frage mich tatsächlich, warum den Banken, die sicher in den letzten Jahren Millionenbudgets für Motivation und Coaching ihrer Führungskräfte ausgegeben haben, nur Geld als Motivationsfaktor einfällt.
Meiner erste Tipp dazu ist übrigens gratis: Sollten Sie einen Mitarbeiter haben, der sich für sehr wertvoll hält, der aber deswegen viel Geld verlangt und damit droht, Ihr Unternehmen zu verlassen, dann setzen Sie ihn am besten sofort auf die Straße. Dieser Tipp richtet sich ebenfalls an Aufsichtsräte, die über die Bonushöhe ihrer Vorstände entscheiden. Lassen Sie den CEO gehen. Wenn Sie denken, das ginge nicht, weil der Mann ja ein Star ist und einen blendenden Ruf hat, dann lesen sie diesen Artikel hier und lassen Sie ihn gar nicht mehr zurück an seinen Schreibtisch.
Meldungen dieser Tage über Bonuszahlungen
NYT: Obama Calls Wall Street Bonuses ‘Shameful’
Alphaville: Obama attacks ’shameful’ bonus binge
NYT: Obama, Dodd Slam Wall St. Bonuses
Zeit: MANAGERGEHÄLTER: Ein bisschen mehr Offenheit
FAZ: Trotz Finanzkrise Wall Street zahlt Milliarden-Prämien
HB: Der Bonustopf steht auf dem Prüfstand“
NYT: What Red Ink? Wall Street Paid Hefty Bonuses
FAZ: Amerikas Manager Das Ende der Exzesse
Tagesanzeiger: UBS lässt Details via Bern ausrichten
HB: Banken: Wie aus Verlierern Gewinner werden
WSJ: Merrill Bonus Case Widens as Deal Struggles
The Street.com: BofA Deferring Bonuses: Report
WSJ: Q4 Losses and the $4 Billion Question: Thain and Lewis on the Hot Seat
@Enigma
Ich glaube, dass ist ein wichtiger Punkt, den Sie ansprechen:
Klar, die Mitarbeiter und Manager, die den Bonus kassiert haben, haben mitgenomen, was mitzunehmen ist. Das ist ein bekanntes marktwirtschaftliches Prinzip, von dem jedes Unternehmen lebt.
Dennoch sollte man auch von diesen Leuten, wie auch von jedem Unternehmen, keine Risiken zu Lasten der Allgemeinheit einzugehen.
Da gab es einen irgendwie dazu passenden Artikel von AP:
US bets on same execs …
http://news.yahoo.com/s/ap/20090127/ap_on_go_ca_st_pe/meltdown_executives
Was soll man denn von Leuten erwarten, die recht realistisch einschätzen können, daß ihre goldenen Fallschirmzeiten voraussehbar zu Ende sind! Jeder Idiot kann auf die Idee kommen, daß es Zeiten gibt, wo es nur darum geht noch mitzunehmen was irgendwie greifbar ist. Insofern ist dieses Verhalten auch und insbesondere vor dem Hintergrund einer individualistischen Nutzentheorie, die ja seit 200 Jahren die Leitlinie des (mißverstandenen) Kapitalismus darstellt, sogar verständlich! Natürlich haben sie verstanden, daß intertemporale Optimierung bedeutet, daß der Spatz in der Hand besser ist als die Taube auf dam Dach, denn keiner weiß, wie lange die noch greifbar ist. Man kann doch von in US Unis dressierten Nutzentheoretikern nichts anderes erwarten!
Nur eines sollte man lassen: die ganze Geschichte moralisch zu sehen; dieses Kriterium ist in diesem Zusammenhang völlig fehl am Platz!
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