Als ich am Dienstag Abend durch die Schlagzeilen browste, mochte ich einigen positiven Überschriften, die dazu auch noch an prominenter Stelle auf Websites platziert waren, fast nicht trauen. Und wenn man die Meldungen genau las, könnte man mutmaßen, einige Medien haben ihren Aufmacherstil auf Dur geändert. Ich will das festmachen am Handelsblatt und Spiegel Online.
Unter der Schlagzeile Obama und Bernanke verbreiten Optimismus schreibt das Handelsblatt:
“US-Präsident Obama hat die Amerikaner trotz erster positiver Konjunktursignale auf eine lange Zeit mit wirtschaftlichen Problemen eingestimmt. Aber „zum allerersten Mal fangen wir an, Hoffnungsschimmer zu sehen“, zeigte er sich optimistisch. Auch US-Notenbankchef Bernanke sieht „zaghafte Anzeichen“ für eine Abschwächung der Rezession.”
Noch vor einigen Wochen hätte die größte deutsche Wirtschaftstageszeitung eher getitelt: “Obama: USA noch lange nicht über den Berg”. So zumindest zitiert das Blatt im entsprechenden Artikel aus einer gestern gehaltenen Rede den US-Präsidenten. Ähnlich hätte wohl Spiegel Online getitelt, die sich ebenfalls für die Frühlingsvariante entschieden haben und einen Bericht über Äußerungen des US-Notenbankpräsidenten überschreiben mit “Bernanke macht der Wirtschaft Mut”. In dem Bericht heißt es u.a.:
“Ben Bernanke bemühte sich am Dienstag um Optimismus: „Wir haben in letzter Zeit zaghafte Anzeichen dafür gesehen, dass sich der starke Abschwung bei den wirtschaftlichen Aktivitäten verlangsamen könnte“, sagte der US-Notenbankchef in einer Rede vor Studenten in Atlanta. Indikatoren für eine Stabilisierung der Lage seien die zuletzt gemessenen leichten Zunahmen bei Wohnungskäufen, Baugenehmigungen und Konsumausgaben.”
Und weil es sich so schön ließt nach 9 Monaten mit düstersten Schlagzeilen, schaue ich gerade noch einmal, was so die weitere Konkurrenz so schreibt:
Während die FAZ mit “Obama sieht Licht am Ende des Tunnels” und die Welt mit “Banken, Bernanke und Obama wecken Hoffnungen” ebenfalls die freundlichere Variante wählen, hat sich die NZZ mit “Obama stimmt USA auf langwierigen Erholungsprozess ein” für eine anstrengendere Version entschieden. Die New York Times sieht es sogar noch etwas kantiger mit “Obama Sees More Pain Now but Hope Later on Economy”.
Natürlich will mich nicht über diese Stiländerung beschweren, sondern freue mich, dass endlich auch positive Nachrichten an prominenten Stellen platziert und nicht gänzlich ignoriert werden, wie das häufiger in den letzten Wochen zu beobachten war. Vielleicht haben einigen Medien erkannt, dass sie den negativen Trend mit ihrem Wettrennen um die düstersten Schlagzeilen selbst verstärkt haben. Bevor nun ein Rückgang des privaten Konsums die Werbespendings weiter reduziert, versuchen sie vielleicht sich selbst gegen den Abwärtstrend mit ausgewogeneren Meldungen zu stemmen. Immerhin schaffen sie so auch ein angenehmeres Umfeld für Anzeigen, die bekanntlich in einem negativen Umfeld weniger Wirkung entfalten als in einem positiven Kontext.
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