Gehalt, Motivation und unvollständige Verträge

by Dirk Elsner on 18. April 2009

Immer wieder liest man in diesen Wochen als Begründung für hohe Bezahlungen und Boni, sie seien notwendig, weil es sei sonst schwer sei, talentierte Mitarbeiter zu finden bzw. sie zu halten, wie dies aktuell gerade im Fall der Postbank diskutiert wird. Top-Mitarbeitern wird gern eine gute Bezahlung zugestanden. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden.

Man darf aber die Frage nach den Motivationsmechanismen stellen, wenn Manager und Mitarbeiter wie Söldner nur dorthin gehen, wo die monetären Anreize am höchsten sind. Damit wird ein hoher Opportunismus bei Top-Leuten unterstellt, der außer Geld keine Motivationsfaktoren vorsieht. Gibt es keine finanziellen Anreize, dann würden sie sich nicht für ihr Unternehmen einsetzen. So war vor einigen Wochen in der FTD zu lesen, dass die Innovationskraft eines Finanzstandorts wie London von den verlockenden Erfolgsprämien abhänge. Nur am Rande sei bemerkt, dass London der Finanzplatz ist, der unter der Finanzkrise am meisten leidet.

Diese und ähnliche Aussagen aus den Reihen der Bonusbefürworter  werfen daher die Frage auf , ob und wie man auf andere Art und Weise seine Manager und Mitarbeiter motivieren kann, sich für seinen Arbeitgeber nicht nur fachlich und sachlich einzusetzen, sondern sich so verbunden fühlen, dass sie nicht die Entscheidungsmatrix wählen, die den persönlichen Nutzen maximiert, sondern langfristig dem Unternehmen nutzt.

Gerade hat Jörg Felfe in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Gehirn&Geist vorgetragen, dass sich Berufstätige für ihren Arbeitgeber stärker engagieren, wenn sie sich emotional verbunden fühlen. Bei der richtigen Bindung schlagen sie sogar lukrativere Stellenangebote aus. Diese Erkenntnisse machen deutlich, dass Mitarbeiter und Führungskräfte längst nicht nur über Gehälter motiviert werden. Und extremer noch: Überschreitet das Gehalt oder der ausgelobte Bonus bestimmte Höhen, dann besteht möglicherweise die Gefahr, sich einzig und allein auf die Erreichung des Zielbonus zu konzentrieren.

Ein Problem dabei in der Praxis sind nämlich unvollständige Bonusverträge. Der Auftraggeber z.B. für einen Vorstand oder einen hohen Managerposten kann Zielvereinbarungen gar nicht so formulieren, dass die Bonuskriterien alle unternehmensrelevanten Kriterien abdecken. Daher orientieren sich Gehalts- und Bonusvereinbarungen nur an wenigen Zielgrößen. Auf diese konzentrieren sich dann aber die Führungskräfte und Mitarbeiter. Andere Themen, selbst wenn sie objektiv wichtiger sind, werden nur dann beachtet, wenn sie diese Hauptzielgrößen gefährden.

In einem Folgebeitrag werden ich noch einmal auf alternative Motivationsmechanismen eingehen.

Adrian April 18, 2009 um 22:56 Uhr

Kann ich Dirk nur bestätigen. Es ist aber naiv, zu glauben, dass sich viel ändern wird nach der gegenwärtigen Krise. Ja, einiges wird besser, z.B. Risikobewertungsmodelle und vielleicht Kontrollmechanismen in der Finanzbranche oder auch dasn Vertrauen an den Staat and Helfer in Not
Bei der Verteilung der Einkommen bleibt es beim Alten: 20% der Mitarbeiter bekommen 80% des allen zustehenden Gewinns also die seit Jahrtausenden geltende 80/20 Pareto Regel. Dieses Prinzip galt übrigens auch im Sozialismus.

Fred April 18, 2009 um 09:35 Uhr

Wohin soll dieses Buhlen mit Geld um die besten Köpfe führen?
Genau dahin, woher wir gerade kommen. Das ist das traurige daran. Dass die viele Führer von Unternehmen nichts aus den letzten Monaten gelernt zu haben scheinen.
Jeder halbwegs gebildete Mensch weiß, dass die emotionale Bindung ein ganz entscheidender Faktor ist, der oftmals die monetären Anreize in den Hintergrund stellt. Aber eine Organisationskultur zu schaffen, die dies zu leisten vermag, die ist nur durch ein Topmanagement zu erreichen, das bereit ist, neue (alte) Wege zu beschreiten.
Aber davon scheinen wir nach wie vor weit entfernt zu sein.
Wenn sich an diesen Einstellungen nichts ändert, dann ist klar, dass der totale Kollaps der Weltwirtschaft mit all seinen verheerenden Folgen nur eine Frage der Zeit ist.

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