100 Mio. € für zwei Staatshilfe-Berater

by Dirk Elsner on 15. Juni 2009

Eigentlich hatte ich eine andere Überschrift für diesen Beitrag wählen wollen. Aber die Zahl in einem Artikel auf der Website der Wirtschaftswoche hat mich in der Höhe überrascht. 100 Millionen Euro sollen die beiden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Price Waterhouse Coopers und KPMG für ihre Dienste für staatliche Institutionen im Zusammenhang mit dem Bankenrettungsfonds und dem Wirtschaftsfonds Deutschland kassieren. So jedenfalls ist es in dem Beitrag von Christian Ramthun unter dem Titel “Wie sich PwC und KPMG die Bälle zuspielen” zu lesen: 

“Warum aber beauftragen der Staat und seine Institutionen so oft PwC und KPMG, die dafür weit über 100 Millionen Euro kassieren? Was ist mit anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wie Deloitte oder Ernst & Young? Auch die gehören zu den „Big Four“, wie sie sich selbst gern selbstbewusst nennen, und wären durchweg in der Lage, auch große Konzerne zu testieren. KPMG und PwC kommen in Deutschland auf einen Umsatz von schätzungsweise je 1,3 Milliarden Euro. Bei Ernst & Young sind es eine Milliarde und bei Deloitte 800 Millionen. Letztere sind im erlauchten Big-Four-Club aber nur Mitglieder zweiter Klasse, und das hängt wie in vielen Vereinen mit Traditionen zusammen. So reicht der Stammbaum von KPMG in Deutschland zurück zur Deutschen Treuhand-Gesellschaft, eine frühe Ausgründung aus der Deutschen Bank. Und PwC lässt sich hierzulande bis zur Treuarbeit AG zurückverfolgen, die stark mit der öffentlichen Hand liiert war. Aus diesen Wurzeln saugt das Duopol bis heute seine Stärke. KPMG prüft zwei Drittel der 30 führenden Dax-Werte. PwC testierte bei Banktiteln zuletzt unter anderem Commerzbank, Sachsen LB, LBBW, BayernLB, Helaba, LB Berlin und Nord/LB.”

Kritisch sollte hier vermerkt sein, dass dem Beitrag eine Quellenangebe für die 100 Mio.  € fehlen und ich diese Zahl auch bei einem Quercheck in anderen Medien nicht bestätigen kann.

Unabhängig von der Höhe der tatsächlichen Zahlung rechnen aber nicht nur PWC und KPMG fleißig ab. Die beiden großen deutschen Sanierungsfälle, Opel und Arcandor, sind ein gutes Geschäft für viele große Wirtschaftsprüfer-, Unternehmens- und Rechtsberatungsgesellschaften. Ich habe einmal die Berater im Fall Opel/GM in der Mindmap (siehe unten) rot markiert und durchgezählt. Allein 22 Beratungsgesellschaften rechnen danach mit verschiedensten Institutionen ihre Tagewerke um die Sanierung des US-Autoherstellers und seiner deutschen Tochter ab. Dabei darf man sicher sein, dass noch mehr Gesellschaften mit Rat und Tat zur Seite stehen. Verzeichnet sind in der Karte jedoch nur die Consultants, die in einer Medienquelle in welcher Form auch immer zitiert wurden.

Ramthun sieht die Aktivitäten im Falle PWC und KPMG durchaus kritisch und schreibt:

“Es ist ein sonderbares Duopol, das in der Wirtschafts- und Finanzkrise über das Wohl und Wehe von Tausenden Unternehmen und Millionen Arbeitsplätzen mitentscheidet. Ausgerechnet die beiden größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Deutschlands haben im Vorfeld dieser Krise eine unrühmliche Rolle gespielt, ähnlich wie die Ratingagenturen Moody’s oder Standard & Poor’s, die dafür heftig unter politischen Beschuss gerieten. Während Letztere die riskanten Finanzprodukte und die damit spielenden Institutionen mit A-Ratings veredelten, setzten Erstere ihre Siegel unter die Abschlüsse vieler dieser Unternehmen.”

Gemeint sind u.a. die Abschlüsse der Hypo Real Estate und der IKB, die von KPMG testiert wurden.

Leider fragt Ramthun in dem sonst lesenswerten Beitrag nicht, warum seine Medienkollegen unkritisch aus zugespielten Wirtschaftsgutachten zitieren.

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