Umfrage von „Social Banking 2.0“ zu den Banken der Zukunft

by Dirk Elsner on 22. Juli 2009

Der Blog Social Banking 2.0 hat eine Umfrage  über die „Bank der Zukunft“ gestartet. Die Ergebnisse sollen in das Buchprojekt des Wirtschaftsjournalisten Lothar Lochmaier zum gleichen Thema einfließen. Lochmaier hat u.a. eine ganz hervorragende Artikelreihe auf Telepolis veröffentlicht. Darin analysiert er anspruchsvoll den gegenwärtigen Status des Bankwesen und betrachtet intensiv aber mit einer “zugewandten Distanz” neue Entwicklungen im Banking. Ich beteilige mich natürlich gern an der Umfrage, zumal der Blick Log die Fragen in verschiedenen Blogbeiträgen aufgegriffen und angerissen hat.

Weil der Blog Social Banking 2.0 noch neu und nicht so bekannt ist, werfe ich die Fragen mal drei weiteren von mir geschätzten Wirtschaftsblogs in der Hoffnung zu, dass sie sich ebenfalls an der Umfrage beteiligen und an weitere Blogs weiterreichen.

Nun zu den Fragen

1. Was stört Sie an den Banken, so wie sie derzeit funktionieren, am meisten?

Banken nehmen derzeit ihre wesentlichen Funktionen, insbesondere die für die Transformation von Informationen, Risiken und Liquidität nicht bzw. nur eingeschränkt war. Das mag theoretisch klingen, hat aber ganz praktische Auswirkungen, die man z.B. in der Vertrauens- und Finanzierungskrise für Unternehmen spürt. Insbesondere die bestehenden Finanzierungsprobleme gehen Banken nur sehr eingeschränkt an, statt aktiv und selbstbewusst nach Lösungen zu suchen.

Um hier nicht falsch verstanden zu werden. Ich erwarte nicht, dass die Banken in allen Risikoklassen selbst Kredite vergeben. Ich erwarte aber, dass sie ihre Risikotransformationsfunktion in der Weise erfüllen, dass sie Kapitalsucher und Kapitalgeber zusammenbringen.

Darüber hinaus irritiert mich, dass bisher keine Bank die geschäftlichen Möglichkeiten nutzt, die sich aus den Folgen der Finanzkrise ergeben. Dabei gibt es hier abseits der Forderungen nach verstärkter Kreditvergabe jede Menge Möglichkeiten, vor allem im Vermögens- und Risikomanagement.

2. Wie stellen Sie sich eine kundenfreundliche Bank auf Höhe der Zeit vor?

Eine kundenfreundliche Bank nimmt ihre Kunden ernst, hört ihnen zu und versucht unter Berücksichtigung der eigenen unternehmerischen Ziele, Lösungen und Leistungen für die Kundenbedürfnisse zu entwickeln. Dazu gehört ein aktiver Dialog, in dem die Banken zunächst ihren Kunden zuhören. Das geschieht in einigen Kundenklassen im Privatkundensegment aus verschiedensten Gründen nur sehr eingeschränkt.

Im Großkundensegment funktioniert dies allerdings besser, als dies Medienmeldungen über Beratungsqualität vermuten lassen. Dies mag am Wettbewerbs- und Margendruck in diesen Geschäftsbereichen liegen.

Im Privatkundensegment und zum Teil in der Vermögensverwaltung dagegen zeichnen sich die Banken durch maximale Intransparenz aus (hier wird jeweils nur das gesetzlich Geforderte getan). Hier wird weder das an Informationen zur Verfügung gestellt, was möglich ist,  noch auf die Kundenbedürfnisse geachtet. Ein kundenfreundliches Institut kommuniziert darüberhinaus über moderne Kommunikationsmittel mit den Kunden und schafft Rückkanäle, die nicht nur für Vertrieb genutzt werden.

3. Wird sich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise bei den Banken etwas ändern, oder machen sie weiter wie bisher?

Die Notwendigkeit für Änderungen besteht. Verhaltensänderungen sehen wir aber nur in Zeitlupe. Die Behäbigkeit im Veränderungswillen der Banken hat ihre Ursachen in den umfangreichen Regulierungs- und IT-Organisationsanforderungen und übrigens auch im Verhalten der Kunden. Durch den kollektiven Vertrauensverlust stellt sich aktuell kaum eine Bank schlechter, weil Kunden bisher kaum Alternativen haben. Vielleicht ist das Verhältnis zwischen Banken und Kunden vergleichbar mit einer angeschlagenen Ehe. Es wird auch nicht jede zerrüttete Ehe sofort geschieden. Man hat sich auf bestimmte Art und Weise bequem eingerichtet in seinem Leben und mit seiner “ungeliebten” Bank. Da wechselt man nicht sofort wegen eines Ausraster und ein paar Marotten den Partner.

Dieses Trägheit gepaart mit einer Mentalität, die alles billig will und möglichst hohe Rendite bei geringem Risiko, macht es den Banken einfacher, nicht zu reagieren. Allerdings bietet das auch Chancen für etablierte Institute, die jetzt  aktiv werden mit neuen Produkten, Prozessen und transparenterer Konditionenpolitik.

4. Brauchen wir überhaupt noch Banken für unsere Geld- und Kreditgeschäfte – oder gäbe es z.B. übers Internet bessere Wege, sich gegenseitig Geld zu leihen oder es gemeinsam anzulegen?

Das Internet schafft z.B durch Peer-to-Peer Banking sowie neue außerhalb von Banken stattfindenden Zahlungsmöglichkeiten neue Wege, bestimmte Bankdienstleistungen off-bank anzubieten. Allerdings ist der Weg dorthin mühsam und wird länger dauern, als sich das viele heute wünschen. Plattformen wie smava weisen zwar den Weg in eine interessante Richtung, sind aber weit von einem Durchbruch entfernt.

Im Zahlungsverkehrssektor stehen mit paypal und Google Checkout von den Banken unterschätzte Wettbewerber bereit. Man darf hier aber nicht übersehen, dass diese E-Payment-Anbieter bisher nicht den kommerziellen Zahlungsverkehr dominieren.

Ansätze, das Peer2Peer-Bankings auf weitere Geschäftsbereiche zu übertragen, sind zwar äußerst faszinierend. Jedoch steht hier eine echte Bewährung noch aus.

Aber auch im Investmentbanking, der Vermögensverwaltung und im Finanzierungsgeschäft drängen immer mehr Nicht- oder “Schatten-Banken” in angestammte Geschäftsbereiche. Ich denke hier an unabhängige Vermögensverwalter, Family Offices, Versicherungen, Hedge-Fonds und Private Euquity-Gesellschaften.  Dieser Trend wurde durch die Finanzkrise nicht unterbrochen. Die erwartete straffere Regulierung wird sogar noch zu der Verstärkung der Bewegung führen, typische Bankgeschäfte zu Nicht-Banken zu verlagern.

5. Wie sozial, ökologisch und unternehmerisch muss die “Bank der Zukunft” sein?

Diese Frage ist eigentlich am schwierigsten zu beantworten. Dahinter verstecken sich meist bestimmte Erwartungen der Gesellschaft an Unternehmen an das Verhalten der Institute. Von Banken insgesamt wird man hier wohl nicht mehr erwarten können, als vom Durchschnitt der Unternehmen. Banken müssen allerdings in erster Priorität unternehmerisch wirtschaften. Dabei wäre es aber wünschenswert, wenn Banker wieder mehr gesellschaftliches Engagement zeigen, wie etwa in den Zeiten eines Alfred Herrhausens. Hier gibt es aktuell erhebliche Defizite, an denen zu arbeiten ist.

Sozial und ökologisches Handeln wird heute allgemein erwartet, inhaltlich lässt sich das aber kaum spezifizieren. Banken versuchen sich hier idR an einen wie auch immer definierten gesellschaftlichen Konsens zu orientieren.

So, zu allen Fragen lässt sich freilich noch viel mehr schreiben, aber die Antworten sollen ja auch einen Hauch von Spontanität haben und nicht mit zu vielen Details überfrachtet werden.

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