Regelmäßige Besucher des Blick Logs wissen, dass dieser Blog ein gewisses Faible für Prof. Robert J. Shiller mitbringt. Nein, nicht weil Shiller, wie in den Medien gern kolportiert wird, die aktuelle Krise vorausgesehen hat (das hat er nämlich nicht), sondern weil er ein starker Verfechter ist, alternative Erkenntnisse über das Verhalten der Menschen für die Wirtschaftswissenschaften fruchtbar zu verwenden.
Eingeweihte schätzen ihn, so Nassim Nicholas Taleb in seinem Buch “Narren des Zufalls” wegen seiner außergewöhnlichen (und mit mathematischer Präzision ausgedrückten) Erkenntnisse über die Struktur des Zufalls und der Volatiltitä an der Börse. Die Wirtschaftsmedien haben Shiller, ebenso wie Taleb und Roubini, als Star der Wissenschaft nach oben gespült, weil sie vermeintlich die Krise richtig vorhergesehen haben. Dabei beanspruchen zumindest Shiller und Taleb dies gar nicht für sich, sind wohl aber mittlerweile müde geworden, darauf immer wieder hinzuweisen. Jedenfalls sehen sie sich nicht als Experten für Vorhersagen.
Dies hat Shiller jüngst in einem Gespräch mit dem Handelsblatt anlässlich der Reihe Weltökonomen bestätigt.
“Auch deshalb haben Shillers Ausblicke in der Regel etwas Schwammiges und oft den für Investoren enttäuschenden Nachsatz, dass am Ende alles auch ganz anders kommen könne. Deshalb würde er auch nie von sich behaupten, dass er die jüngsten Blasen im Aktien- und Immobilienmarkt korrekt prophezeit habe: „Ich habe lediglich gesagt, dass sie möglich waren.“
Ich war übrigens auf den “frühen” Shiller während meines Studiums während der Beschäftigung mit Kapitalmarkttheorie und insbesondere der Effizienzmarkttheorie aufmerksam geworden. Daher las ich den folgenden Abschnitt aus dem Artikel mit fast nostalgischem Gefühl:
“Früh in seiner Karriere ging Shiller Massenphänomenen auf den Grund und half mit, das Feld der verhaltensorientierten Finanzlehre („Behavioral Finance“) zu entwickeln. Schon 1981 veröffentlichte er in der „American Economic Review“ einen viel beachteten Artikel, der irrationales Verhalten an den Finanzmärkten anhand von Kursausschlägen an den US-Börsen seit 1920 zu belegen suchte. Seitdem widerspricht er resolut dem ökonomischen Standarddenken, das keinen Platz sieht für irrationale Verhaltensweisen in der Finanzwelt. Die jahrzehntelang gehegte Kultur der Wirtschafts- und Finanzanalyse, die allein auf mathematischen Modellen basiert, habe zu dem falschen Eindruck geführt, „dass die Märkte perfekt funktionieren und wir in der Lage sind, sie mit Hilfe zahlreich gesammelter Finanzdaten zu durchschauen“, sagt Shiller heute mit einiger Genugtuung.”
Natürlich kommt auch der Spät-Shiller zu Wort:
Inzwischen zweifeln die wenigsten Ökonomen daran, dass psychologische Faktoren entscheidend zur wilden Achterbahnfahrt an den Märkten beigetragen haben. In seinem jüngsten Buch „Animal Spirits“ schreibt er: „Wir werden niemals die wichtigen ökonomischen Ereignisse verstehen, wenn wir nicht erkennen, dass sie psychologisch motiviert sind.“
Mehr Informationen über den “Ergründer des Irrationalen” sind auf seiner Homepage der Yale Universität oder hier in der englischsprachigen Wikipedia zu finden. Hier geht es zu seiner Kolumne für die New York Times Economic view.
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