Robert Shiller: Das Ausbleiben von Angst-Storys fördert den Optimismus

by Dirk Elsner on 24. Juli 2009

Regelmäßige Besucher dieses Blogs werden schon häufiger den Namen des Yale-Ökonom Robert J. Shiller gelesen haben. Ich mag den Wissenschaftler. Nein, nicht wegen seiner “prophetischen Gabe”, die ihn rechtzeitig vor dem Dot.com-Hype und der Immobilienblase in den USA hat warnen lassen, sondern weil er mit seinen an Keynes angelehnten Animal Spirits versucht, die Ökonomie in Richtung menschliches Verhalten zu evolutionieren, und weil er seinen theoretischen Ansichten sehr interessante praktische Empfehlungen folgen lässt aus denen sich interessante Geschäftsmodell entwickeln lassen.

Am Montag dieser Woche veröffentlichte das Handelsblatt ein Interview mit ihm (nein, das Video gehört zu einem Interview mit CNN). Die Online-Fassung ist dabei sogar etwas länger. Hier einige Passagen, in denen sich Shiller zum Verhalten der Wirtschaftsakteure äußert.

Ein konkretes Ereignis wie der Konkurs von CIT wäre in der Lage, dieses Vertrauen zu zerstören. Viele Faktoren tragen dazu bei, dass Menschen ein Gefühl von Optimismus verbreiten, dazu gehört auch das Ausbleiben von Angst-Storys. Meine Sorge ist, dass CIT in die nächste Angst-Story mündet.

Meiner Ansicht nach interessieren sich Menschen generell nicht für Ökonomie, sie ignorieren die ganze Sache einfach. Sie finden Michael Jackson viel interessanter, oder Britney Spears. Gefährlich wird es an dem Punkt, an dem die Masse doch auf die Wirtschaft zu blicken beginnt. Dann können sich düstere Gedanken entwickeln und ausbreiten. Ich habe den Eindruck, dass wir inzwischen die Aufmerksamkeit der Menschen bekommen. Der richtige Zeitpunkt, die Krise zu kurieren, wäre vorher gewesen.

Selbst eine perfekte Regulierung des Finanzsystems hätte die Krise allenfalls abmildern, aber nicht komplett verhindern können. Die Wirtschaft war zu sehr gestresst von den Blasen im Aktien- und Immobilienmarkt. Die Ursachen liegen also tiefer, in einer massiven Selbstzufriedenheit der Investoren, einem unerschütterlichen Glauben in die Klugheit der Märkte und recht naiven Ansichten, die sich riesig ausbreiteten: etwa die Überzeugung, dass der Aktienmarkt stets bessere Renditen abwerfe als andere Anlagen, oder dass Immobilien das beste Investment seien.

[S]chauen sie nach Kalifornien, die begonnen haben, ihre Rechnungen mit Schuldscheinen zu bezahlen. Derartige Nachrichten haben das Potenzial, Menschen zu verunsichern und das Konsumverhalten negativ zu beeinflussen.

Wellen von Optimismus und Pessimismus sind für die gesamtwirtschaftliche Nachfrage von ganz entscheidender Bedeutung – also das, was Keynes einst „Animal Spirits“ nannte. Das Problem ist, dass diese spontanen Instinkte etwa so schwer vorauszusagen sind wie das Ende eines Films. Vertrauen ist sehr eng mit Geschichten verbunden und nicht mit einem Thermometer auf eine bestimmte Gradzahl zu messen.

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Artikel im Blick Log zu Robert Shillers Themen

Wider dem Stigma des Risikos (19.7.09)

Video: Shiller und Taleb zur Finanzkrise beim New Yorker (9.6.09)

FTD entdeckt die Behavioral Economics

Animal Spirits: Fragestunde mit George Akerlof und Antworten auf die Wirtschaftskrise

Mit Animal Spirits durch die Finanzkrise

Hardcore Keynes bis zu den animal spirits

Robert Shiller über das Gerede von einer Depression und den Animal Spirits

Shiller: Die Krise ist vor allem auch ein psychologisches Phänomen (30.1.09)

Shillers Vorschläge zur Ausdehnung des Risikomanagements (16.1.09)

Robert Shiller zur Finanzkrise: “Letztlich war die Ursache eine Seuche in der ganzen Gesellschaft.” (6.1.09)

Artikel von oder über Shiller

NYT: Financial Invention vs. Consumer Protection (18.7.09): Could a new federal agency help balance the nation’s dual needs for innovation and safety?

Capital: Interview mit Robert Shiller „Riesenblamage für Amerika (8.7.09)

CNN Money: Bob Shiller didn’t kill the housing market (7.7.09)

WSJ: GEORGE A. AKERLOF and ROBERT J. SHILLER – Good Government and Animal Spirits (23.4.09)

FT: Robert Shiller: A failure to control the animal spirits (9.3.09):

FAZ: Robert Shiller: „Die Märkte in den Dienst der Menschen stellen“ (11.2.09):

NYT: Robert Shiller – How About a Stimulus for Financial Advice? (17.1.09)

FAZ: Im Gespräch mit Robert Shiller „Finanzkrisen sind wie Kriege – nicht zu verhindern“ (29.12.2008)

WSJ: Good Financial Information Matters More Than Ever (WSJ 9.10.08)

WP: Everybody Calm Down. A Government Hand In the Economy Is as Old as the Republic. (28.9.08)

NYT: One Rebate Isn’t Enough (29.6.08)

NYT: A Psychology Lesson From the Markets (NYT 26.7.2007)

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