Robert Shiller über das Gerede von einer Depression und den Animal Spirits

by Dirk Elsner on 25. Februar 2009

Der US-Ökonom Robert Shiller fragte am vergangenen Wochenende in der New York Times ob das Gerede von der Depression erst dorthin führt, denn überall auf der Welt wird von der “Großen Depression” geredet, die dem Börsencrash im Oktober 1929 folgte und in den USA bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs dauerte. Nach einer Umfrage in den USA erwarten mittlerweile fast zwei Drittel der Verbraucher, dass die derzeitige Rezession weitere fünf Jahre dauern könnte, dabei soll dies eigentlich durch das US-Konjunkturprogramm verhindert werden.

Die Geschichten aus der Vergangenheit, so Schiller, beginnen mittlerweile Einfluss zu nehmen auf die gegenwärtigen Erwartungen. Dadurch sind die Verbraucher weniger bereit, zu konsumieren und die Unternehmen reduzieren ihre Investitionen und stellen damit weniger Menschen ein. So könnten die in diesen Wochen ständig wiederholte Geschichte von der großen Depression zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden.

Allerdings wurde die Geschichte von der Depression auch schon während der Rezession von 1981 und 1982 erzählt. Damals stieg die Arbeitslosigkeit in den USA auf fast 11 Prozent. Auch nach dem Börsencrash von 1987 wurde die Geschichte aufgewärmt, hielt sich aber nur kurz, weil die Ursache der Crash nicht auf eine Vertrauenskrise zurückzuführen war.

Im Ergebnis beantwortet Shiller die selbst gestellte Frage nicht, sieht aber gleichwohl die Gefahr einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Und schaut man auf die Wirtschaftsmeldungen der vergangenen Tage, dann gibt es wieder sehr wenig Daten die aufheitern können. Sagte ich sehr wenig?  Beim Durchscrollen von Handelsblatt Online am Montag entdecke ich keine einzige gute Nachricht. Und die Börsenindizes spiegeln genau diese Stimmung. Während ich diese Zeilen am Montag Abend schreibe, durchbricht der außerbörsliche DAX gerade die 3.900er Marke in Richtung Süden. Erfreulicherweise hat sich die Stimmung am Dienstag wieder etwas aufgehellt.

Shiller, der bereits lange vor Übertreibungen gewarnt hat, macht aber mit dem Artikel gleichzeitig auch Promotion für sein neues Buch, das er zusammen mit George Akerlof geschrieben hat und von Olaf Storbeck im Handelsblatt vorgestellt wird. Shiller und Akerlof schießen mit dem Buch Animal Spirits gegen die herrschende Makroökonomie:  Ein zentrales Problem dabei seien die allgemein akzeptierten Grundannahmen, auf denen der Großteil der heutigen ökonomischen Theorie basierten. „Besonders problematisch sei der Glaube daran, dass die Märkte stets effizient seien und sich die Menschen von rationalen Erwartungen leiten ließen. Beides führe dazu, dass Ökonomen die wichtigsten Triebkräfte von Wirtschaftskrisen übersehen: psychologische und emotionale Faktoren, die unser wirtschaftliches Verhalten oft stärker bestimmen als rationales Kosten-Nutzen-Kalkül.

In seiner „General Theory“ hatte Keynes postuliert, „dass ein großer Teil unserer positiven Tätigkeiten mehr von spontanem Optimismus als von einer mathematischen Erwartung abhängt“. Dies hielt Keynes für eine zentrale Triebfeder der Wirtschaft: „Wenn die animalischen Instinkte abgedämpft werden und der plötzliche Optimismus stockt, wird somit das Unternehmertum schwinden und sterben – obschon die Angst vor Verlusten keine vernünftigere Grundlage gehabt haben mag als vorher die Hoffnung auf Gewinn.“

Interessant, dass diese Aspekte später von tonangebenden Makroökonomen aus der Theorie einfach wegdefiniert wurden und sie auf den Homo Ökonomikus umgeschwenkt sind, den Keynes selbst so gar nicht gesehen hat. Die „Animal Spirits“ seien für die wirtschaftliche Entwicklung wichtiger als rational-ökonomische Faktoren: „Die Wellen von Optimismus und Pessimismus verursachen große Veränderungen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage“, schreiben Shiller und Akerlof.

Das Buch von Shiller und Akerlof ist für mich natürlich schon jetzt ein klarer Kauf. Es bestätigt mich in meiner in diesem Blog schon seit Monaten vertretenen Ansicht, dass die aktuelle Krise mehr eine psychologische Krise ist, die nur durch die Überwindung der weiter vorherrschenden Angst zu überwinden ist. So geht es auch bei den aktuellen US-Konjunktur- und Bankenpaketen darum, die Angst zu besiegen. Allerdings wird es langsam Zeit, dass Obama auch psychologisch unterstützt wird. Aktuell habe ich eher den Eindruck, die wirtschaftliche Funktionselite hat sich eingeschwungen auf das Schlechtreden oder schweigt. Ein Aufbruch-Spirit wird so nicht erzeugt.

Weitere Beiträge im Blick Log über Robert Shiller hier:

Beiträge zur Wirtschaftslage

HB: Bernanke gibt Aktienmärkten Auftrieb

HB: Microsoft richtet sich auf lange Rezession ein

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