Endlich, der GM Verwaltungsrat hat klug entschieden und dem Drama ein Ende bereitet. Der Verkauf wird abgesagt. GM will nun doch an allen Anteilen festhalten und ganz offensichtlich selbst die für Magna vorgesehenen Staatshilfen beanspruchen. Dazu ist im Handelsblatt zu lesen:
“Der Konzern werden nun umgehend seinen Restrukturierungsplan für Opel der deutschen und den übrigen europäischen Regierungen vorstellen, kündigte GM-Boss Fritz Henderson an. … Nachdem die Bundesregierung versicherte, dass sie die versprochenen Kreditbürgschaften über 4,5 Milliarden Euro grundsätzlich auch anderen Bietern als dem Magna-Sberbank-Konsortium gewährt hätte, wollen Top-Manager von GM die Europa-Tochter nun selbst behalten. Sie setzen darauf, dass GM selbst auch eine entsprechende Bürgschaft erhält und Opel damit sanieren könnte. Entsprechende Ansprüche hatte GM bereits in den vergangenen Wochen signalisiert.”
Zwar wird heute noch zu lesen sein, dass die Inanspruchnahme der staatlichen Unterstützung zu Gunsten von GM ebenfalls intensiv geprüft werden müsse. Nach dem EU-Brandbrief ist aber für GM das Risiko im Fall der Ablehnung der EU-Hilfe kleiner, als bei einem lange lähmenden Verkaufsprozess an Magna, der bis zum Closing noch viel Zeit benötigt hätte. Hätte die EU in der Folge die Beihilfen abgelehnt, dann hätte es spätestens in einigen Monaten genau den gleichen Zustand wie nach der gestrigen Entscheidung gegeben. Und selbst wenn die EU zugestimmt hätte, hätten Klagen von EU-Staaten, die mit dem Verkauf nicht einverstanden gewesen wären, für weitere Unsicherheit gesorgt. Das wollte GM nicht in Kauf nehmen. Insoweit ist die Entscheidung rational und nachvollziehbar und kommt nicht überraschend.
Den Schwarzen Peter dafür hat vor allem die alte Bundesregierung, die sich voreilig auf Magna festgelegt hatte und durch ungeschickte Äußerungen der EU-Kommission Futter lieferte (zu den Problemen der vorzeitigen Festlegung siehe “GM fürchtet Milliardenklage wegen Opel”). Angela Merkel dagegen wird sich irgendwie düpiert fühlen, zumal die Nachricht verkündet wurde, als die Kanzlerin sich auf dem Rückflug aus Washington befand. Der Fall Opel-GM wird aber so dazu beitragen, dass sich eine Regierung nie wieder so umfangreich (Geld und Ressourcen) industriepolitisch engagieren wird. Opel und GM dagegen werden sich wie ein altes Ehepaar zusammenraufen müssen.
Interessant die Ausführungen der FAZ zum bisherigen Überbrückungskredit und den Fall einer Insolvenz:
“Unklar ist auch, was nun mit dem Kredit geschieht, den Opel schon im Juni von Bund und Ländern erhalten hat. Bereitgestellt wurde eine Summe von 1,5 Milliarden Euro, von der Opel rund 1 Milliarde in Anspruch genommen hat. Der Kredit wird Ende November fällig. Fordern Bund und Länder das Geld zurück, wird bei Opel schnell die Kasse knapp. Spätestens im Februar, wenn Investitionen in neue Modelle anstehen, würde dann die Insolvenz drohen. Für GM wäre dies die Chance, die begehrtesten Teile von Opel aus der Konkursmasse heraus zu erwerben: Vor allem das Forschungs- und Entwicklungszentrum in Rüsselsheim mit gut 5000 Ingenieuren, die Spezialisten für kleine und mittelgroße Autos sind.”
Mittlerweile informierte Spiegel Online GM-Chef Fritz Henderson habe die Rückzahlung des von Bund und Ländern gewährten Kredits in der vergangenen Nacht schriftlich dem Bundeswirtschaftsministerium zugesichert.
Viele Reaktionen fast das Handelsblatt unter dem Titel Wut und Angst bei Opel zusammen.
Hier das Update der Mindmap, die das irre Wechselspiel der letzten Monate dokumentiert.
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Schlagzeilen und Kommentare dazu
Spon: Kampfansage an Regierung und Betriebsrat GM droht mit Opel-Insolvenz
Focus: Betriebsrat geht auf Konfrontationskurs
Carta: Opel wird doch nicht verkauft: Ein Desaster für die Politik – und gut für die Freiheit
CWD: GM board decides to keep European Opel unit
HB: Reaktionen: Opel-Entscheidung zeigt „das hässliche Gesicht des Turbokapitalismus“.
HB: GM erzürnt Bundesregierung
Weissgarnix: Jede Saga, die einen Anfang hat…
Spekulantenblog: Opel bleibt bei GM – deutsche Regierung steht blamiert da
HB: GM sagt Verkauf von Opel ab
BL: Presseerklärung von GM: GM Board Decides to Retain Opel
Wiwo: Verärgerung und Unsicherheit nach abgesagtem Opel-Verkauf
SZ: Reaktionen auf geplatzte Opel-Übernahme Der Zorn der Düpierten
HB: Presseschau: Opel-Wende ist ein Ohrfeige für Deutschland
Focus: Die USA lässt das Opel-Debakel kalt
General Motors: Die furchtlosen Entscheider von Detroit
Blog HB: Opel/GM oder die Automobilindustrie als neue Steinkohlebranche?
HB: Dokumentation: So begründet GM seine Entscheidung
Spon: Querschlag aus Detroit brüskiert Merkel
Focus: Eine Katastrophe, die keine ist
Autoblog: Opel: Betriebsrat sorgt sich um Werke!
SZ: General Motors will Opel behalten
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