Zählt der Abacus nach Goldman auch die Deutsche Bank an?

by Dirk Elsner on 19. April 2010

Abacus abstract

Foto Abacus abstract Quelle: flickr/aussiegall

Für die Wall Street war am Wochenende bekanntlich nicht der durch Vulkanasche lahm gelegte Flugverkehr das beherrschende Thema, sondern natürlich die Klage der SEC gegen Goldman Sachs wegen Anlagebetrugs (siehe WSJ: Wall Street Reacts to Goldman Case). Rechtsgrundlage dafür ist die SEC Rule 10b-5 (Dank für den Hinweis an Edward Harrison)

Goldman Sachs soll seinen Kunden bewusst und vorsätzlich verschleiert haben, dass der auf Kreditausfälle spekulierende Hedge-Fonds Paulson Inc. das Kreditportfolio im Abacus-CDO selbst mit gestaltet hat. (siehe Grafik des Geschäfts hier, gute Zusammenfassung von acemaxx-analytics hier sowie Dokumentation und Bericht hier und hier). Goldman selbst bestreitet die Vorwürfe vehement und beruft sich darauf, dass den Investoren die Risiken durchaus bewusst gewesen seien.

Zu den Investoren gehörten nach einer Meldung von Reuters “die mit Staatsgeld gestützte deutsche Mittelstandsbank IKB und die niederländische ABN Amro, die später teilweise von der britischen Royal Bank of Scotland übernommen wurde. Die Banken sollen durch das Geschäft hohe Verluste erlitten haben.”

Das Wall Street Journal arbeitete den Fall in einem sehr lesenswerten Artikel auf. In dem Beitrag stellen die Autoren auch die Zusammenarbeit der Deutschen Bank mit Paulson Inc. heraus:

“Goldman and Deutsche Bank were among the firms that agreed to put together deals for Paulson. The fund chose a list of securities to form the foundation of the CDOs, zeroing in on those it saw as particularly risky. In at least some deals, potential buyers of the mortgage bonds were consulted, along with credit-rating agencies, people familiar with the transactions say.”

Gleichwohl ist die Deutsche Bank weder angeklagt, noch wird sie in welcher Form auch immer in dem SEC-Dokument erwähnt. Dennoch geriet die Aktie des größten deutschen Instituts kräftig unter Druck und verlor 7,2%. Als sicher gilt, so die FAZ in ihrer Sonntagsausgabe,

“dass die SEC bald auch auf andere Produkte und andere Praktiken bei anderen Banken schauen – und ähnliche Unzulänglichkeiten finden werde. Solche „strukturierten Wertpapiere“ haben vor der Krise viele Investmentbanken angeboten. Unter ihnen sind auch die Deutsche Bank und Morgan Stanley, deren Aktienkurse am Freitag besonders verloren. Ob diese Banken ihre Investoren ähnlich behandelt haben, ist nicht belegt. Offiziell wollte sich die Deutsche Bank dazu am Samstag nicht äußern. Auch die deutsche Bankenaufsicht Bafin war nicht zu einer Stellungnahme bereit, ob sie jetzt ähnlich wie die amerikanische SEC mit rechtlichen Schritten gegen Banken vorgehen wolle.”

Unter Bezug auf vorliegende Daten berichtet Bloomberg:

“UBS AG, in a series called North Street from at least 2000 through at least 2005, and Deutsche Bank AG, through its Start program in at least 2005 and 2006, also issued synthetic CDOs tied to mortgages, according to Bloomberg data. Doug Morris, a spokesman for Zurich-based UBS, and Renee Calabro, a spokeswoman for Frankfurt-based Deutsche Bank, declined to comment.”

Aktuell gibt es keine Anhaltspunkte darüber, dass die Deutsche Bank eine Rolle exakt in dem hier betrachteten Abacus-Deal gespielt hat. Aber bereits im Herbst hat Gregory Zuckerman im Wall Street Journal (The greatest trade ever) von der Zusammenarbeit zwischen Paulsons Mitarbeiter Paolo Pellegrini, Goldman Sachs und der Deutschen Bank bei der Gestaltung von CDOs berichtet. Viele Beobachter glauben daher, dass die SEC in den nächsten Wochen und Monaten sich weitere solcher Geschäfte genauer ansehen wird (siehe dazu auch WSJ: SEC Probes Other Soured Deals, paid content). Angesichts der Kursreaktion dürfte manch ein Marktteilnehmer damit rechnen, dass das deutsche Institut in den Strudel des SEC-Feldzuges geraten könnte.

Wenig überraschend ist übrigens, dass sich einige Wall Street Firmen hinter Goldman Sachs stellen und unterstreichen, dass Goldman die Rolle von Paulson nicht hätte offenlegen müssen. Gleichwohl bestätigt dies, dass im Investment Banking Geld hauptsächlich mit Intransparenz, asymmetrischer Informationsverteilung und professionellem Risikomanagement gemacht wird. Dies ist aber nicht neu und sollte auch Instituten, wie der IKB bekannt gewesen sein. Sie können Ihre Hände nicht einfach in Unschuld waschen. Im professionellen Kapitalmarktgeschäft gehört es zur Pflicht, sich nicht auf Prospekte und Ratings zu verlassen, sondern sich selbst ein Urteil zu bilden. Offenbar wird jeder Kredit an ein mittelständisches Unternehmen intensiver geprüft, als die Abacus-Investments. Darüber hinaus könnte auch bezweifelt werden, dass die Abnehmer von Abacus die Finger von dem Investment gelassen hätten, wenn sie von Paulsons Mitwirkung gewusst hätten. Bis zum damaligen Zeitpunkt lag nämlich Paulson mit seiner Einschätzung falsch und seine Strategie hatte hohe Verluste eingefahren.

So sehr sich manche über Goldman Sachs, Paulson, die Deutsche Bank und andere nun empören mögen, diese drei beherrschen das Spiel der Kapitalmärkte deutlich besser als viele Laiendarsteller. Ob sie damit strafrechtliche Grenzen überschritten haben, wird eine interessante Frage sein, deren Beantwortung nachhaltigere Konsequenzen auf die künftiger Struktur der Finanzmärkte haben könnte, als das gesamte Gefasel über die Ruine der neuen Finanzordnung.

Weitere Berichte zu Goldmans Geschäften

Credit Writedown: The politics of the Goldman fraud case

Alphaville: ACA’s rather disastrous CDO forays

Alphaville: The analysts react

Reuters: In Asia, Goldman clients stay loyal for now

Bloomberg: Buffett Rented Good Name to Goldman Too Cheap: Alice Schroeder

HB: Goldman Sachs: „Räuberbarone, Vandalen und Geier“ (19.4.10): Lange Zeit galt Goldman Sachs als unangreifbar. Die zuletzt stärker gewordene Kritik an der Rolle des Instituts in der Finanzkrise hoffte die Investemtenbank mit einer PR-Offensive abzubügeln. Doch das hätte sie sich sparen können: Denn jetzt droht die Betrugsklage der US-Aufsicht SEC mehr als nur den guten Ruf der Bank zu ruinieren.

FTD: Goldman Sachs – Die Mitschuld der Käufer: Von Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein stammt das Bonmot, seine Bank verrichte „Gottes Werk“. Wenn die Anschuldigungen der US-Börsenaufsicht SEC zutreffen, dann bestand dieses Werk unter anderem im bewussten Täuschen der Anleger.

NYT: Top Goldman Leaders Said to Have Overseen Mortgage Unit: As the bank deals with a fraud suit from the S.E.C., former workers say that in 2006, executives sided with traders who thought home prices would decline.

NYT: S.E.C. Puts Wall St. on Notice: With its case against Goldman, the S.E.C. is sending a signal that it is back on the beat and that it is going after very big targets.

Spon: Wie Goldman die IKB um 150 Millionen Dollar prellte: Das Betrugsverfahren gegen Goldman Sachs erreicht Deutschland: Nach Angaben der US-Börsenaufsicht hat die Mittelstandsbank IKB in der Affäre fast 150 Millionen Dollar verloren. Jetzt schaltet sich die BaFin ein, deutsche Politiker wollen Schadensersatzansprüche gegen das US-Institut prüfen.

Gärtners Blog: Gottes schmutzige Börsentricks

Bloomberg: Merrill Used Same Alleged Fraud as Goldman, Bank Says

FAZ: Deutsche Aufsicht erwägt Schritte gegen Goldman

Acemaxx-Analytics: Abacus 2007-AC1: Goldman Sachs bereits vor 9 Monaten gewarnt

BFW: Goldman Sachs betrügt Deutsche IKB

Zero Hedge: Simon Johnson: „If John Paulson Avoids Charges, It Shows How Broken Our System Is“

Big Picture: Black Says Goldman Sachs Suit to Give Rules Bill ‘Push’

Welt: Regierungen prüfen Klagen gegen Goldman Sachs

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