Immer häufiger reibt man sich ja als Leser von Wirtschaftsschlagzeilen die Augen. Ein bemerkenswertes Beispiel war etwa im Handelsblatt zu finden mit “Deutsche Banken helfen Athen mit „beträchtlichen Summen”. In dieser und ähnlicher Form fanden sich zahlreiche Überschriften auch in der “Qualitätspresse” In bester PR-Manier entstand so am Dienstag und Mittwoch beim flüchtigen Beobachter “ der Eindruck, Banken seien plötzlich großzügig geworden. Diesen Eindruck, den viele Banken vielleicht selbst gar nicht vermitteln wollten, haben allerdings nur wenige eingeordnet und entsprechend relativiert (siehe unten).
Die Zeichnung von KfW-Anleihen für Griechenland, die vom Bund garantiert werden, hätte ich sogar meiner Großmutter empfohlen. Wenn das nicht sicher ist, dann ist gar nichts mehr sicher.
Die Aufrechterhaltung von in Anspruch genommenen Kreditlinien für griechische Banken liegt ja ganz offensichtlich ebenfalls im Interesse hiesiger Finanzhäuser. Im normalen Kreditgeschäft der Banken ist es Ouzo, sorry Usus, Kredite nicht sofort zu kündigen, wenn die Sicherheitenlage problematisch ist. Durch die Kündigung könnte eine Insolvenz ja gerade erst herbei geführt werden und damit wäre die Rückzahlung erst recht gefährdet. Das Bestehenlassen von Kreditlinien schafft außerdem keinen Cent zusätzlicher Liquidität.
Über den Umfang des Kaufs ungesicherter griechischer Staatsanleihen darf man gespannt sein. Für denkbar halte ich einzig die Wiederanlage fällig gewordener Staatsanleihen und zwar dann, wenn sich durch den hohen Marktzins ein Credit Default Swap finanzieren lässt, der die Bank gegen einen Ausfall absichert.
Um hier nicht falsch verstanden zu werden. Ich mache den Finanzhäusern keinen Vorwurf, dass sie so handeln. Sie müssen und sollen so handeln, weil sie andernfalls unvertretbare hohe Risiken eingehen und Ärger mit der Bankenaufsicht bekommen oder sich sogar der Untreue verdächtig machen. Ich stimme aber mit der Wertung von f.luebberding vollkommen überein, der auf weissgarnix schreibt:
“Nun ist den Banken noch nicht einmal der Vorwurf zu machen, dass sie sich ohne jedes Risiko ein Stück vom griechischen Kuchen abschneiden wollen. Es ist ihnen aber der Vorwurf zu machen, die deutsche Öffentlichkeit mit solchen dämlichen Manövern auf den Arm zu nehmen.”
Mit solchen Verdrehungen wird der für diese Verbindlichkeiten haftende Bürger einfach nicht ernst genommen, sondern regelrecht in die Irre geführt. Möglicherweise ist es sogar noch schlimmer, wenn das stimmt, was Wolfgang Münchau in der FTD unter der Überschrift “Auf dem Weg in die nächste Lüge” schreibt:
“Den Märkten wird signalisiert, dass die vereinbarten Kredite den sogenannten Junior-Status haben. Das bedeutet, dass sie im Falle einer Staatspleite Griechenlands zweitrangig bedient werden. Zuerst werden die Besitzer griechischer Staatsanleihen ausbezahlt, und wenn dann noch was übrig bleiben sollte, bekommen die europäischen Regierungen ihr Geld wieder zurück.”
Trifft dies zu, dann gehen natürlich die in diesem Beitrag angestellten Berechnungen nicht auf, weil die nun bürgenden Länder ein deutlich größeres Risiko tragen, als die übrigen Gläubiger (vorwiegend Finanzinstitute und institutionelle Anleger). In Wirklichkeit ist also die Hilfe für Griechenland vor allem ein Finanzmarktstabilisierungsgesetz 2.0. Die begriffliche Ähnlichkeit des gestern durch den Bundestag gejagten Gesetzentwurfs ist daher wohl kein Zufall: Finanzstabilitätsgesetz – WFStG
Weitere Beiträge zur “Hilfe für die Finanzmärkte”
Börsennotizbuch: Die deutsche Finanzbrache will sich an Griechenlandhilfen beteiligen
Acemaxx-Analytics: Der Witz des Jahres: Banken helfen Griechenland
Egghat: Griechenlandrettung und die Bankensolidarität – die doppelte Verarschung
Spiegelfechter: Teure Intransparenz
FTD: Vorteile einer Pleite – Komplott gegen die Griechen: Deutschland und die anderen Euro-Länder retten mit ihren Milliarden nicht Griechenland, sondern einzig und allein sich selbst. Athen würde mit einem Bankrott besser fahren.
Spon: Skeptische Finanzmärkte: Euro schliddert in Existenzkrise: Der Absturz des Euro ist ein erschreckendes Signal: Die Finanzmärkte bezweifeln, dass Griechenland seine Probleme in den kommenden Jahren lösen kann. Die Europäische Zentralbank fürchtet nun einen Flächenbrand – es geht um nicht weniger als die Existenz der Gemeinschaftswährung.
HB: Schon komisch: Hier wird dir geholfen Wer hilft hier eigentlich wem? Die deutschen Banken den griechischen Banken? Die deutschen Banken den deutschen Banken? Oder die deutschen Banken der schwarz-gelben Bundesregierung vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen?
Presseschau: Die Berliner Jo-Ackermann-Show: Die internationale Wirtschaftspresse kommentiert das Treffen der Banken-Chefs mit Finanzminister Wolfgang Schäuble zur Griechenland-Krise. Für das Wall Street Journal ist die Griechen-Rettung schon heute gefloppt und eine Umschuldung dringend erforderlich. Laut Business Times ist Schanghai das neue London. Fundstück: Banker sind keine Dinosaurier.
NZZ: Deutsche Banken leisten Beitrag an Griechenland-Hilfe: Kreditlinien werden verlängert – Weitere europäische Banken im Boot. Die deutsche Finanzwirtschaft leistet einen eigenen Beitrag im Kampf gegen die griechische Schuldenkrise. Die Banken verlängern ihre Kreditlinien für die Regierung in Athen und die griechischen Banken, und zwar um mindestens drei Jahre. …
Punkto Medien stellt sich allgemine Frage, wie lange denn dieser Rummel
von Dauer ist. Normal haelt sich ein Rummelthema maximal zwei Wochen lang,
dann ist es tot. Im Augenblick des Rummels sieht es aus als wuerde das
jeweilige Thema nun eine Ewigkeit so bestehen, ist dann auf einmal
urploetzlich so sehr vom Tisch als haette es das alles gar nicht gegeben,
niemand dieses Theater veranstaltet.
Vielfach scheint man eben doch wiederum nach der Devise zu agieren:
Schlecht Nachrichten sind gute Nachrichten. Weil sie die Auflage steigern.
Das eben der ihnaerente Nihilismus, da geht es nie um serioese Berichterstattung
die ganze Zeit hinweg, zudem wird gerade bei Geld und Wirtschaft oft genug
das was, was dann ein Problem wird, noch hocheuphorisiert – um dann
mit den vielen (eigentlich schadenfrohen) Schlagzeilen zu kommen dass
die Geldanlage – Empfehlung voellig im Eimer ist. Hurra!
Man muss sich nur die Geldtipps in den Medien in ruhigen Momenten ansehen.
Deswegen dann immer diese perfekte Ueberraschung! Bemerkenswert natuerlich
die folgende negative Sensationsheischerei.
Hab´ich ja ganz übersehen: Münchau!!!!!
Ich gestehe ja zu, daß man seine Zeitung verkaufen muß!
Dennoch: den Eindruck zu erwecken, daß Staatsschulden (bis auf Praktikanten – Clinton) jemals zurückgezahlt werden sollen, ist schon der Gipfel ökonomischer Schaumschlägerei. Aus jeder seriösen Diskussion über Staatsschulden weiß man, daß es nur darum geht, daß der Saldo von Nettokreditaufnahme zu Zinsverpflichtung „noch“ positiv ist (mal abgesehen von den Wachstumsfetischisten, die alles auf die Relativierung von Wirtschaftsdaten abstellen). Alles andere ist unsinnig, denn kein Gläubiger will sein Geld zurück, solange die Vermögensbestandssicherheit gewährleistet ist (denn sonst müßte man sich einen anderen verläßlichen Schuldner suchen – und finden).
Aber anscheinend ist man als „Scheffe“ dazu gezwungen, Dinge zu veröffentlichen, die normalerweise in der Schule mit einer 5 bewertet würden…
Kleiner Hinweis: Die „Obamania“ gerät gerade in die Verlegenheit, die USA Verschuldungsorgie finanzieren zu müssen. Das kennt man aus den 20´er Jahren. Vielleicht fragt man die Chinesen, warum sie keine Lust mehr haben, die USA großflächig zu finanzieren? Ansonsten ist ein niedriger Euro für Europa eigentlich nur gut, denn jeder hohe Ölpreis fördert die deutsche Umweltindustrie… und die Exporte sowieso!
Banken sind keine Heilsbringer. Die funktionieren so, wie es die Marktlage erfordert. Nicht anders. Wer was anderes glaubt, sollte sich sein Lehrgeld zurückgeben lassen. In Verfolgung dieser Aufgabe realisieren sie das, was von ihnen verlangt wird, nicht mehr und nicht weniger!
Das „normale“ Bankgeschäft unterscheidet sich darin, ob es verläßliche Sicherheiten gibt oder nicht. Der 50 Mille Kredit unterscheidet sich vom 50 Mrd. Kredit dadurch, daß bei letzterem der Gläubiger ein Problem hat. Den Witz kennt doch nun wohl jeder!
Zu den CDS: anscheinend ist ja das Rettungspaket dadurch motiviert worden, daß es kaum noch CDS Anbieter gegeben hat. Denn wie man weiß ist eine Marktreaktion dann angesagt, wenn sich die „Marktkurven“ verschieben. Soll heißen, daß es wohl an einer zu geringen Bereitschaft gelegen hat, GR CDS anzubieten, obwohl die Nachfrage gerade danach sehr hoch gewesen ist. So und nicht anders muß man die CDS Spreads interpretieren, die daraufhin in die Höhe geschossen sind. Woran liegt das? Laut Stiglitz/Weiss (1981) an der mangelnden Bereitschaft von Kreditgebern, an diejenigen, die keine glaubhafte Darstellung einer Vermögensbestandssicherheit vorlegen können, keine Kredite mehr zu vergeben. Dasselbe betrifft die Versicherer: wer soll für einen Dritten (GR) eine Garantie abgeben, wo nicht einmal erkennbar ist, ob die Regierung in 3 Monaten noch an der Macht ist? Was ist der Preis dafür, eine (potentielle) Luftblase zu versichern? Also ich wäre skeptisch (und teuer).
Ach Lübberding:
Ich habe schon gestern was über publicitysüchtige „Wirtschaftsexperten“ verzapft. Anscheinend gehört auch die persönliche Moraldarstellung dazu. Man kann ja meinen, daß es der eigenen Karriereförderung dienlich ist. Nur: in einem seriösen (Blick-) Log ist das ein Fremdkörper. Denn wer Banken mit Moral assoziiert, hat offenbar von den Funktionsbedingungen eines Kapitalismus´ nichts verstanden. Auf gut Deutsch: die Banken müssen so handeln, denn sonst funktioniert in der Wirtschaft nichts mehr. Wer daraus einen Moralappell macht ist bei Weissgarnix gut aufgehoben, nur nicht (NUR meine Meinung) beim BlickLog!
Daß mit diesem Rettungspaket eine europäische Linie entstanden ist, wird von den vorurteilsgeplagten Massenmedien nicht einmal rezipiert. Was dem intelligenten Betrachter nicht entgangen ist, ist der Umstand, daß vor wenigen Tagen Deutschland von seiner Führungsrolle entkleidet worden ist. Die Ansage von BarrTrichetc… hat den GESAMTEN Bundestag auf Linie gekriegt.
Auf gut Deutsch: Europa hat inzwischen sogar Deutschland auf Linie getrimmt. Allerdings auf den falschen Trip. Aber was soll man von Madame „s´il vous plait“ schon erwarten?
Was soll´s: Bayern weiß, daß für Berlin, Bremen etc. gezahlt werden muß! Genützt hat´s nichts, aber das ist kein Grund, nicht Deutschland für GR, ES, IT, oder Portugal ZAHLEN zu lassen.
Wir sind ja alle so sozial, nur ökonomisch denken dürfen wir nicht…
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