Der Blick Log ist am 4. August zwei Jahre online. Als der Blog damals startete, trübten sich die Konjunkturbilder gerade ein. Mit der Pleite von Lehman kam es dann zu einem seit Generationen nicht erlebten Absturz der Weltwirtschaft von einem freilich sehr hohen Niveau.
Der Mainstream der Analysten hatte diesen Absturz nicht vorhergesehen. Erst mit der Verdunkelung der Realwirtschaft zogen die Prognosen nach, um aber dann sofort das Armageddon der Wirtschaft (hier der Überblick mit Links auf Vorhersagen 2008/9) zu prophezeien. Dieser Untergang blieb bekanntlich aus und die Stimmung drehte sich wesentlich schneller, als dies viele „Experten“ erwarteten. Der etwa von der Weltbank noch im März 2009 erwartete Mega-Einbruch des Welthandels fand bekanntlich nicht statt.
So verpassten es Volkswirte und Analysten die überraschend schnelle Erholung richtig und rechtzeitig vorherzusagen. Auch die Management „Elite in Davos“ war noch im Februar 2009 ratlos, wusste keinen Ausweg und prophezeite dunkle Zeiten.
Das Bild hat sich bekanntlich längst gedreht. Nicht nur die Finanzkrise wurde inzwischen für beendet erklärt, sondern ebenfalls die Wirtschaftkrise. Folgt man den aktuellen Schlagzeilen über die Geschäftslage in Unternehmen (Auswahl unten), dann entsteht der Eindruck, die Wirtschaft brummt bereits wieder und eine Wirtschaftskrise hätte es nie gegeben. Für eine Branche nach der anderen ruft die Wirtschaftspresse einen Boom aus.
Der Eindruck wird bestätigt, wenn man sich mit Vertretern von Unternehmen unterhält. Man hat ein neues Normalmaß gefunden, was nicht in allen Fällen den hervorragenden Daten des 1. Halbjahres 2008 entsprechen muss. Aber von diesem „New Normal“ wachsen viele Unternehmen nun wieder kräftig.
Dennoch, so richtig ungetrübt mag sich der Blick Log nicht freuen, denn Bauch und Verstand sagen, Märchen sind zu schön, um wahr zu sein. Aber nur mit Mühe findet man vorsichtige Aussagen in diesen Tagen, wie die des „Wirtschaftsweisen“ Wolfgang Franz, der auf Risiken für die Konjunktur hinweist. Folgende weitere Risiken werden in diesen Wochen herum gereicht:
- Die Konjunktur in den USA und Asien entwickelt sich nicht so gut wie zuletzt (Gefahr eines Double Dips).
- Das Sparpaket der Bundesregierung
- Die deutschen Unternehmen investieren trotz des Aufschwungs kaum. I
- Die Gefahr einer Kreditklemme ist noch vollständig nicht gebannt.
Skepsis hin oder her. In den letzten Jahren lagen die „Experten“ so oft falsch, dass sie diesmal vielleicht zufällig richtig liegen könnten mit ihren positiven Einschätzungen. Dies ist neben den Aussagen aus der betrieblichen Praxis derzeit der einzige Grund, den Optimismus zu teilen und ihn nicht madig zu machen.
Ausgewählte Schlagzeilen zur Wirtschaftlage
HB: Markit-Umfrage: Deutsche Industrie bleibt „einsam auf der Überholspur“: Die deutsche Wirtschaft hat zu Beginn des dritten Quartals überraschend einen Zahn zugelegt. Die Industrie schaffte das zweitschnellste Wachstum in diesem Jahr, bei den Dienstleistern liefen die Geschäfte nach der jüngsten Umfrage des Markit-Instituts im Juli sogar so gut wie seit drei fast Jahren nicht mehr. Doch es gibt auch erste Bremssignale.
FTD: Konjunkturbarometer Ifo-Index macht größten Sprung seit Wiedervereinigung: Erwartet worden war eine leichte Eintrübung. Stattdessen verbesserte sich die Laune deutscher Chefs so deutlich wie nie in den vergangenen 20 Jahren. „Die deutsche Wirtschaft ist wieder in Partylaune“, sagt Ifo-Chef Hans-Werner Sinn.
FAZ: Konjunktur Im Maschinenbau geht es aufwärts: Bisher dachte der Verband der Maschinenbauer, dass sich die Produktion in diesem Jahr nicht steigern lässt. Doch nun findet man langsam zur Zuversicht zurück – auch wenn viele Unternehmen dem jüngsten Aufschwung noch nicht trauen.
HB: „Das LKW-Geschäft zieht wieder an“: MAN sieht gute Zeiten für das LKW-Geschäft kommen. Seit März schreibt der Lastwagen-Bauer wieder schwarze Zahlen. Besonders der Aufschwung der Schwellenländer soll dem Unternehmen Profit bescheren, sagt Firmenchef Georg Pachta-Reyhofen. Im Handelsblatt-Interview verrät er auch, wie weit MAN in der Aufarbeitung der Schmiergeldaffäre ist.
FR: Voll oder noch leer?: Von Rolf Obertreis Tui und Moeller-Maersk sind prächtiger Stimmung. Die Aufträge für die Container-Schiffe der beiden Konzerne sprudeln.
HB: Buchungszahlen: Touristikbranche hakt die Krise ab: Die Reiseunternehmen peilen wieder Wachstum an. Vor allem in der Spezialtouristik, in exklusiven Hotels und bei den Fernreisen steigt die Nachfrage an. Bei den Mittelstrecken Richtung Mittelmeer ist die Türkeit der große Gewinner. Allerdings: Die Kunden sind preisbewusst und fordern immer mehr Qualität für den Urlaub.
Welt: Boeing und Airbus verbreiten Optimismus: So rechnet der europäische Flugzeugbauer Airbus mit einem Auftragsboom und der amerikanische Erzrivale Boeing hat gerade seine Prognosen angehoben.
Reuters: Auftragsbücher im Maschinenbau gefüllt – Prognose wird überprüft Im Mai stiegen die Auftragseingänge gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 61 Prozent, wie der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) am Donnerstag .
FTD: Regierungsbericht: Deutsche Wirtschaft startet durch: Deutschland ist offenbar besser durch die Krise gekommen, als bislang angenommen. Zwar stieg das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal kaum, dafür soll die Wirtschaft im Jahresverlauf aber deutlich wachsen.
HB: Autoindustrie: Mittel für den Umbau: So rasant ist die Branche noch nie aus einer Krise gefahren: Innerhalb weniger Monate schaltet die deutsche Autoindustrie von Lethargie auf Hochkonjunktur. Audi und BMW haben bereits ihre Erwartungen für 2010 angehoben.
HB: Erholung: Der wacklige Aufschwung der Autobranche: Nachsteuer-Ergebnis von 1,3 Mrd. Euro, operativer Gewinn von 2,1 Mrd. Euro, Umsatzsteigerung um 28 Prozent: Daimler glänzte mit dem besten zweiten Quartal der Unternehmensgeschichte. Und viele Experten halten die positive Entwicklung vor der Veröffentlichung der VW-Zahlen an diesem Donnerstag für übertragbar auf die gesamte Branche. Doch es gibt auch Warner, die Gefahren im zweiten Halbjahr sehen.
IWF hält Rückfall in Rezession für «sehr unwahrscheinlich» Trotz stark gestiegener Risiken hält der Internationale Währungsfonds IWF einen Rückfall in die globale Rezession für «sehr unwahrscheinlich». Allerdings könne die Schuldenkrise in Europa auf andere Regionen übergreifen und die weltweite Erholung zum Stillstand bringen, erklärte IWF-Direktor José Viñals am Donnerstag in Hongkong.
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