Irische Schuldenkrise: Deutsche Banken gehören wieder zu den Hauptgläubigern und wehren sich gegen Staatsinsolvenz

by Dirk Elsner on 19. November 2010

Die Debatte um die Restrukturierung von Staatsschulden, diesmal am Beispiel Irlands, wird endlich interessant. “Zur Rettung seiner Finanzinstitute, allen voran der Anglo Irish Bank, bürgt Irland mit einer Rekordsumme von 350 Milliarden Euro. Das Staatsdefizit hat sich deshalb auf 32 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufgebläht, das ist gut zehnmal so viel wie die EU erlaubt. Wie üblich sorgen die Diskussionen um die Teilnahme an einem Staatsbailout für Turbulenzen auf den Finanzmärkten. Einige Länder machen nun direkt die Bundesregierung für die Verschärfung der Schuldenkrise verantwortlich nach der Ankündigung, künftig (wieder) private Gläubiger für die Folgen von Staatskrisen zur Kasse zu bitten.

Gegen Merkels Plan wettert ausgerechnet der Chef der Deutschen Bank Joseph Ackermann. Bei der Diskussion von Regulierungsvorhaben müssten die potenziellen Marktreaktionen stärker berücksichtigt und unerwünschte Nebenwirkungen vermieden werden, zitiert ihn das Handelsblatt. Gemeint sind damit die Verunsicherungen bei Investoren und vor allem den Banken selbst. Ackermann bestätigt damit das, was er schon im Zusammenhang mit der Griechenlandkrise sagte, als er die Griechenlandunterstützung indirekt als Bankenhilfe sah.

Diese Reaktion ist nicht überraschend, wenn man liest, was Wenkel für die Deutsche Welle schreibt: “Zwei Ursachen, eine Konsequenz: Die Finanzmärkte verlangen hohe Risikoaufschläge, wenn sie den Euro-Wackelkandidaten Geld leihen. Doch wer sind die Investoren, die Geldgeber, die enorme Zinsen kassieren, wenn alles gut geht und so weiter läuft wie bisher? Zu den Gläubigern gehören unter anderem britische, deutsche und französische Banken. Hätte Dublin eine oder zwei Banken abgewickelt, hätten die Gläubiger auf dem Kontinent Forderungen in Milliardenhöhe abschreiben müssen – wofür sie keine Reserven gebildet haben.”

Das Bedrohungsszenario einer Pleite Irlands betrifft also vor allem die Banken. Die Forderungen ausländischer Geldgeber gegenüber dem Staat Irland, den irischen Banken und Unternehmen belaufen sich laut FAZ, die sich auf die BIZ bezieht, auf 731 Milliarden US-Dollar. Darunter

  1. britische Banken: 149 Milliarden US-Dollar,
  2. deutsche Institute: 138 Milliarden US-Dollar,
  3. US-Gläubiger: 69 Milliarden US-Dollar,
  4. Belgien: 54 Milliarden US-Dollar
  5. Frankreich: 50 Milliarden US-Dollar

Bei Zahlungsunfähigkeit, Umschuldung bzw. einem “Haircut” der Schulden, drohen den Banken hohe Verluste.  Besonders engagiert haben sich in Irland, so schreibt die Deutsche Welle, “ausgerechnet Banken, die in Großbritannien und Deutschland verstaatlicht werden mussten, um sie vor der Pleite zu retten. Das sind die Royal Bank of Scotland und die Hypo Real Estate. Wenn also Großbritannien und Deutschland jetzt darauf drängen, dass Irland die Hilfe des EU-Rettungsschirms in Anspruch nimmt, um seine Banken zu stützen, dann retten diese Staaten damit indirekt auch ihre eigenen Banken.” Daher hat der Blick Log die Hilfe für Griechenland und den EU-Unterstützungsfonds auch als Finanzmarktstabilisierungsgesetz 2.0 bezeichnet.

Weitere Beiträge zur Debatte um die Schuldenkrise

HB: Irland-Kredite: Welche deutschen Banken betroffen sind: Staatsanleihen, Unternehmenskredite oder Verbriefungen, die mit irischen Baukrediten besichert sind: Auch deutsche Banken haben sich mit Milliardensummen in Irland engagiert. Wo die Risiken liegen und wie viel Geld die einzelnen Institute im Feuer haben.

HB: Krisenmechanismus: Wie die Euro-Zone ihre Schulden bewältigen kann: Auch in der Euro-Zone muss die Insolvenz von Mitgliedstaaten möglich sein. Dafür muss ein klares Regelwerk geschaffen werden.

FTD: Verursacher der Schuldenkrise – Merkels großes Missverständnis: Mit ihren Umschuldungsplänen für schwache Staaten gefährdet die Bundesregierung die Zahlungsfähigkeit der gesamten Euro-Zone. Nun muss die Europäische Zentralbank eingreifen.

HB: Schuldenkrise: Schon wieder retten wir Europas Banken (18.11.10): Die Steuerzahler sollen Irlands Kreditinstituten und deren Gläubigern helfen, weil Europas Banken immer noch marode sind. Ihre zwangsweise Sanierung ist dringend nötig.

FAZ: Irische Schulden – Deutsche und britische Banken bangen: Ein Zahlungsausfall Irlands würde die britischen Banken am härtesten treffen, da sie zu den größten Gläubigern zählen – gefolgt von deutschen Finanzhäusern. Die britische Regierung würde sich einer Rettungsaktion wohl nicht verweigern.

FAZ: Zehn Regeln zur Rettung des Euro (17.6.10): Europa braucht keine Wirtschaftsregierung, um den Euro zu retten. Es braucht politische und marktwirtschaftliche Mechanismen, um die Verschuldung zu begrenzen. Unabdingbar ist ein Insolvenzverfahren für Staaten. Ein Appell an die Bundesregierung.

m106 Dezember 6, 2010 um 22:14 Uhr

Das ist doch klar. Was mich aber bei der ganzen Geschichte so aufregt ist, dass die Banken einfach so weitermachen können wie bisher auch. Wo bleiben die Versprochenen Regulierungsmaßnahmen?

Joss November 19, 2010 um 12:51 Uhr

Also ich kann man noch erinnern dass es bis vor etwa zwanzig Jahren bei Banken üblich war sich zumindest etwas kritisch gegenseitig zu beobbachten. Da gab es die „security officers“ die u.a. darauf achteten wie weit Korrespendenzbanken okay waren, zahlungsfähig bei Garantien, seriös in der Gebarung, usw.. Solche Auskunft war bei Exportgeschäften vor allem in exotische Länder üblich. Da tauchte die Frage nach der Solidität einer Bank zwangsläufig auf. Abgesehen von Banken in exotischen Ländern war man natürlich gegenseitig informiert und interessiert, wie es der Konkurrenz geht und was die so machen.
Die Informationen waren, heute besehen, irgendwie altmodisch, konservativ, hatten freilich auch wirklichen Informationswert.
Auch aus den Medien war damals mehr zu erfahren als heutzutage. Solche Informationen war natürlich nicht auf Seite eins sondern irgendwo, ohne jede Sensation, zu finden. Es gab ja immer mal, zwar nicht oft, aber doch, Banken die pleite machten. (In den USA schlug die S&L Krise anfangs der 80er hohe Wellen. Dazu kamzu der Zeit Mexiko. Mexiko war ein richtiger Skandalstaat. Da brannte u.a. gleich auch mal das Büro der Pemex, der staatlichen Oelförderungsgesellschaft ab um alle Buchhaltungsunterlagen in den Flammen aufgehen zu lassen, also alle Beweismittel verschwinden zu lassen. Da waren jene Beispiele, die damals Schule machten und von denen man noch etliche Jahre später redete.)

Daneben gab es die Länderrisiken, country risk assessment and analysis. Als ziemlich galten Demokratien, die Schweiz hatte der Demokratie wegen ein das beste ranking. Der Economist, das bekannte Magazin, hatte damals wirklich Statistiken wie auch die wichtigsten Länderdaten fortlaufend auf entsprechenden Seiten. Hinzugezogen wurden bei diesen Bewertungen oft auch die Berichte von Amnesty International, nicht weil so modehalber auf humanitär machte sondern von akuten Menschenrechtsverletzungen auf alle möglichen anderen Probleme schliessen konnte. In Länder mit akuten Menschenrechtsverletzung gab und gibt parallel dazu
entsprechende Zensur wie auch die solchen Fällen übliche blindwütige Justitia, Rechtsprechung. Aus dem Zusammenhang heraus konnte man dann in etwa erahnen wie es sich auch in Handelsfragen mit allem drum und dran verhielt.

Und dann, im Laufe der Jahre wurde das alles zusehends verwässert, in vieler Hinischt, begann man mit
der grossen und fatalen Geldgier ernst zu machen. Journalisten etwa begannen damit, auf Kosten ihrer
Leser zu spekulieren. Das lief so indem sie eine bestimmte Aktie kauften und diese dann als grossen
Tipp den Lesern anpriesen. Dies begann so etwa 1986, langsam und nahm dann immer mehr zu. Bis die
diversen Medien dann voll waren mit Anlegertipps, bis heute. Das war ein offenes Geheimnis, wurde auch,
wenn darauf angesprochen, gar nicht abgetritten.
Was freilich auf der Strecke blieb war die Qualität der Information. Die Meinungsmacher begannen
immer fordernder zu werden, mehr Rendite wurde verlangte. Aber auch die div. Anlegerfonds und
Pensionskassen wurden von diesen Medienmachern immer wieder scharf kritisiert sie wären fade und faul,
und wurden auf diese Weise dazu angehalten und gedrängt, sich ebenso gewinnorientiert zu engagieren.

Das führte dann dazu dass der ganze Haufen, Medien, Banken, Investmentfonds, usw., einzig auf den
Vertrieb von Finanzprodukten aller Art eingespielt waren, wegen der Medienbeteiligung bekanntlich
irre intensiv, penetrant. Alles andere fiel schlichtweg weg, wurde ausgelassen, wegzensiert, daran
gab es kein Interesse, auch bei den Anlegern nicht.

So, und nun finden sich u.a. in der selben gestellten Falle. Erst sind sie Verursacher bzw.
Komplizen, machen begeistert alles mit, um dann wiederum als Problemfälle akut zu werden. Zwischen-
durch auf Staatsfeindlichkeit machen, dann wiederum diesen voll um Hilfe anzugehen.
Vielleicht wird es doch noch mal interessant.

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