Im Dezember hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht sein Reformwerk zur “Stärkung des Bankensektor” veröffentlicht. Bis zum Sommer will die EU die Vorschläge in eine Richtlinie gießen. Empfohlen werden verschärfte Regeln an die Kapital- und Liquiditätsausstattung der Kreditinstitute. In der Bankenwelt, und das ist keine Überraschung, wird viel über die Konsequenzen von Basel III diskutiert. Erstaunlich ist dagegen, dass außerhalb der Bankenwelt, also insbesondere bei den Finanzchefs in vielen Unternehmen, Basel III bisher keine große Rolle spielt und sich auch die Unternehmensverbände aus der mühsamen Detaildiskussion heraus halten. Dabei sind die Auswirkungen auf Unternehmen nicht zu unterschätzen.
Klar, bekannt ist, dass durch Basel III Banken mehr Eigenkapital vorhalten müssen und dies tendenziell die Kreditvergabe einschränkt bzw. die Kosten für Kredite erhöht. Aber es lohnt ein Blick auf die Details der neuen Regeln, die deutlich machen, dass ausgerechnet Unternehmenskredite im Vergleich zu anderen Kapitalverwendungsformen benachteiligt werden.
Kredite werden gegenüber Handelsrisiken und Staats- und Bankanleihen benachteiligt
Schon Basel II war in der Eigenkapitalsystematik durch eine relative Fehlallokation für Kreditrisiken geprägt. Zwar führt die faktische Ratingpflicht dazu, dass Zinssätze für Kredite sich mehr an den Risiken orientieren, dennoch haben Banken Kredite an Unternehmen für Investitionen, Betriebsmittel oder Baufinanzierung mit mehr Eigenkapital zu unterlegen als Kredite an Staaten oder andere Banken. Das Ergebnis ist bekannt: In den Bankenportfolios lagern mittlerweile hochriskante Positionen gegenüber Staaten und anderen Banken. Weil man sich von diesen Positionen nicht ohne Verluste trennen kann, leidet die Kreditvergabe an Unternehmen.
Ebenso erfordern die Risiken für Handelsgeschäfte der Institute eine im Vergleich zu Unternehmenskrediten geringere Eigenkapitalausstattung. Damit gebe es, so in der Börsen-Zeitung Jörg Erlebach, Bereichsvorstand Group Risk Controlling bei der Commerzbank, gefährliche regulatorische Anreize, Risiken vom Bankenbuch ins Handelsbuch zu verlagern, weil sie dort mit weniger Eigenkapital unterlegt werden brauchen.
Basel III korrigiert diesen Fehler nicht. Auch künftig werden Marktrisiken gegenüber Kreditrisiken bevorzugt. Damit wird aber ausgerechnet der Unternehmenssektor bestraft, dessen Ausfälle im Vergleich zu den Verlusten in Handelsgeschäften und den Wertberichtigungen ursprünglich erstklassig bewerteter Staatsanleihen deutlich geringer waren.
Verschärfte Liquiditätsanforderungen begrenzen Kreditlaufzeiten
Weitere Diskriminierung droht Unternehmen durch verschärften Liquiditätsanforderungen. So sollen Banken künftig genügend liquide Mittel vorhalten, um 30 Tage ohne frisches Geld vom Kapitalmarkt überleben zu können. Als Liquiditätspuffer sind vor allem gut bewertete Staatsanleihen vorgesehen, sowie mit gewissen Einschränkungen Covered Bonds, zu denen auch Pfandbriefe gezählt werden. Kredite lassen sich erfahrungsgemäß selbst durch Weiterverkauf nur schwer in Liquidität umwandeln. Insgesamt könnte damit der Trend zu einer liquideren Aktivseite dafür sorgen, dass langfristige Finanzierungen deutlich zurückhaltender vergeben werden.
Leveragefaktor fördert Trend zu höheren Risiken
Mehr Ungemach droht durch die so genannte Leverage Ratio. Nach den Vorschlägen des Basler Ausschusses darf die Bilanzsumme einer Bank künftig maximal das 33-fache ihres Kernkapitals betragen. Für die Kreditvergabe bedeutet dies auf den ersten Blick nur eine Art Obergrenze, wenn man unter sonst gleichen Bedingungen das Kapital nicht erhöhen kann oder will. Auf den zweiten Blick könnte es für Banken sogar lohnender sein, Geld eher an risikoreichere Schuldner zu verleihen. Hier winken höhere Margen als im risikoarmen Geschäft etwa mit Kommunal- oder Immobilienfinanzierungen.
Was sind die Konsequenzen aus dieser Entwicklung
Klar, über die tendenzielle Verteuerung der Kredite als eine Folge dieser Entwicklung, wird viel geschrieben. Aber dies ist nicht der Kern, denn die oben genannten Entwicklungen werden dazu führen, dass viele Banken erhebliche Probleme bekommen, ihr Kreditgeschäft nach den Bedürfnissen ihrer Firmenkundschaft zu refinanzieren, wenn sie ihre Mittelbeschaffung nicht radikal umstellen.
Bereits in dem Beitrag der letzten Woche hatte ich darauf hingewiesen, dass sich in den letzten 24 Monaten die Bedingungen der Kreditvergabe in Bezug auf Stellung von Sicherheiten und Unternehmensdaten deutlich verschärft haben. Dieser Trend wird durch Basel III noch einmal deutlich verstärkt werden.
Angesichts dieser Entwicklung ist es nicht schwer, vorherzusagen, dass ein Teil der Unternehmensfinanzierung sich neue Wege außerhalb des Bankenkreislaufs suchen wird. Ein Weg dafür sind Unternehmensanleihen, die zunehmend interessanter selbst für mittelständische Unternehmen werden. Dies wird nicht zuletzt unterstrichen durch Bemühungen der Börsen in Frankfurt und Stuttgart, den Anleihemarkt für mittelständische Unternehmen attraktiver zu gestalten.
Für (bislang) kleinere Kreditgrößen können außerdem die im Kreditgeschäft noch eine Nische bildenden “Kreditbörsen” eine interessante Alternative sein (Funktionsweise wird hier erklärt).
Beide Alternativen setzen allerdings voraus, dass sich Unternehmen auf eine neue Form der Transparenz einstellen.
Ich bin Geschäftsführer eines größeren mittelständischen Unternehmens und wundere mich ohnehin über die Arbeit unserer Verbände. Ich werde Ihren interessanten Text einmal im nächsten Treffen mit unserem Verband verteilen und nachfragen, was die Verbände hier eigentlich zu tun gedenken. Meine Vermutung, es wird wie so häufig das Thema runter gespielt.
Erst einmal vielen Dank für die Hintergrundinformationen. Mir war dieser Sachverhalt bisher gar nicht bewusst. IN Gesprächen mit Banken wunderte ich mich immer wieder auf die Verweise unserer Kreditbetreuer auf Basel II. Basel II und III will also die Banken schützen und dies zu Lasten der Unternehmen. Richtig ist das nicht.
Um Auswirkungen von Basel III und den Directiven der neuen EBA für Unternehmensfinanzierung nachzuvollziehen muss man die Folgen aus Sicht der Banken sehen. Damals mit Basel II haben nicht nur Deutsche Kreditinstitute massiv vergebenen Firmkredite syndiziert und an CLOs verkauft. Es entstand ein europäischer Markt für Firmenkredite. Ok für Firmen war das mit Aufwand verbunden (Ratings usw.) Nun werden durch neue EBA die CLOs mit synthetischen US-Subprime-Schrott und Konsumenten ABS Fantastereien einen Korb geworfen. Als Folge wird es weniger europäische CLOs geben und als Käufer für europäische Firmenkredite auftreten – Tja und dann ist letzte großen Käufer weg (und nebenbei diese Dinger sind wieder auf Vorkrisenniveau; und dann steckt viel ausereuropaisches Kapital drin), weil es für Banken viel zu risikoreich ist. Fragt sich nur ob man europäische Banken dann nicht korrekterweise als Staatsbanken bezeichnen sollte wenn die nur Staatsanleihen machen sollen. Eine EU (EBA) die alles versucht die Vergabe von Firmenkredite zu unterbinden sollte sich in UdSSR umbenennen.
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