Immer wieder liest man als Begründung für hohe Bezahlungen und Boni, sie seien vor allem deswegen notwendig, weil es sonst schwer sei, talentierte Mitarbeiter zu gewinnen bzw. zu halten. Top-Mitarbeitern gesteht man gern eine gute Bezahlung zu. Offen bleibt freilich, wodurch sich ein Top-Mitarbeiter auszeichnet und was eine gute Bezahlung ist. Und wohl jedes Unternehmen hat schon Bekanntschaft mit vermeintlichen Top-Mitarbeitern gemacht, die dem Unternehmen mehr Schaden zugefügt haben, als sie Mehrwert gebracht haben.
Man darf daher durchaus die Frage nach den Motivationsmechanismen stellen, wenn Manager und Mitarbeiter wie Söldner jeweils nur dorthin gehen, wo die monetären Anreize am höchsten sind. Ob die Rekrutierung dieser Mitarbeiter tatsächlich stets ein Vorteil ist, darf bezweifelt werden. Sie unterstellen außerdem einen hohen Opportunismus bei Top-Leuten, die außer monetären Anreizen keine weiteren Motivationsfaktoren kennen. Gibt es keinerlei finanziellen Anreize, dann würden sie sich nicht für ihr Unternehmen einsetzen.
Das wirft natürlich die ewige Frage auf, ob und wie man seine Manager und Mitarbeiter motivieren kann, sich für seinen Arbeitgeber nicht nur fachlich und sachlich einzusetzen, sondern sich so verbunden fühlen, dass sie nicht nur den persönlichen Nutzen maximieren, sondern sich langfristig werthaltig für das Unternehmen einsetzen.
Jörg Felfe hat 2009 in der Fachzeitschrift Gehirn & Geist vorgetragen, dass sich Berufstätige für ihren Arbeitgeber stärker engagieren, wenn sie sich emotional verbunden fühlen. Bei der richtigen Bindung schlagen sie sogar lukrativere Stellenangebote aus. Diese Erkenntnisse machen deutlich, dass Mitarbeiter und Führungskräfte längst nicht nur über Gehälter motiviert werden. Und extremer noch: Überschreitet das Gehalt oder der ausgelobte Bonus bestimmte Höhen, dann besteht sogar die Gefahr, sich einzig und allein auf die Erreichung des Zielbonus zu konzentrieren. Und dies kann in der Praxis zu erheblichen Fehlsteuerungen führen.
Monetarisierbare Zielvereinbarungen lassen sich nämlich nicht so formulieren, dass die Bonuskriterien alle unternehmensrelevanten Erfolgsfaktoren abdecken. Daher orientieren sich Gehalts- und Bonusvereinbarungen meist nur an wenigen Zielgrößen. Kritisch daran ist, dass sich Führungskräfte und Mitarbeiter dann in erster Priorität auf diese konzentrieren. Andere Themen, selbst wenn sie objektiv wichtiger sind, werden nur dann beachtet, wenn sie die Hauptzielgrößen nicht gefährden.
Sehr hohe Bonusversprechungen führen also dazu, dass sich Mitarbeiter und Manager mit hoher Priorität auf teilweise falsche Steuerungskriterien konzentrieren. Aus Komplexitätsgründen gibt es aber in der betrieblichen Praxis keine vollständige Symmetrie zwischen den “wirklichen” Unternehmenszielen und den Kriterien der Zielvereinbarungen.
Top-Bezahlung ist nicht gleichzusetzen mit einer Top-Qualität der Leistung. Bestätigt hat dies auch der Unternehmensberater und Psychologe Winfried Neun in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Auf die Frage, was Leistung heutzutage noch mit Gehalt zu tun hat antwortet Neun:
“Relativ wenig, das war früher anders. Sobald die persönlichen Grundbedürfnisse gedeckt sind, lässt sich zusätzliche Leistung nicht über mehr Gehalt steuern. Das ist vielmehr eine Bestechung des Angestellten, um kurzfristig exorbitante Leistung einzukaufen. Dazu gibt es das Versprechen auf eine Abfindung, wenn es schiefgeht. Da kann nichts Gutes bei rauskommen. Geld steht in keiner Beziehung mehr zur Leistung.”
Was könnte also eine Konsequenz daraus sein für die Motivation auch der Führungskräfte? Die Entscheidungsträger in Unternehmen müssen sich wieder mehr Gedanken darüber machen, wie sie ihre Führungskräfte und Mitarbeiter auch emotional stärker an ihr Unternehmen und ihre Aufgaben binden können. Für Unternehmen besteht außerdem ein relativ hohes Risiko, dass Mitarbeiter bei vorwiegend monetärer Bindung das Unternehmen verlassen, sobald sie eine besser bezahlte Stelle angeboten bekommen. Je stärker die emotionale und normative Bindung, desto seltener sind Abwanderungsgedanken.
Ich frage mich wie ein Mensch überhaupt eine „Beziehung“ zu einem Konzern aufbauen kann, um dann soetwas wie „Loyalität“, „Ehrlichkeit“, „Gewissen“ in seiner Tätigkeit zu leben. Ok, vielleicht so ein Dino-Mitarbeiter der stramm auf sein 30-jähriges Dienstjubiläum zugeht, und dann von so einen Söldner noch nicht mal einen feuchten Händedruck bekommt.
Also für mich zählt nur Geld. Aber nicht unbedingt als Bestechung (Darüber lacht ein Personaler vielleicht noch), sondern eher als Schmerzensgeld (Das will ein Personaler bestimmt nicht hören). Für meine Aufgaben/Tätigkeiten brauche ich mich nicht motivieren, für den Rest schon.
Ich denke nicht dass eine Führungskraft, die i.d.R. selbst ein Söldner ist, irgendjemanden „emotional stärker an ihr Unternehmen“ binden kann (Vielleicht noch so naive formbare Naturen). Das kann vielleicht so ein Dino-Mitarbeiter (Das lebende Vorbild zum Nacheifern) oder der Besitzer der Firma (Respekt vor dem Lebenswerk und so). Aber so ein angestellter Manager der sich „Chef“ nennt und dann versucht einen „auf die Sache“ einzustimmen ist doch eine Karikatur vom Feinsten.
Ganz interessant finde ich in diesem Zusammenhang den Bericht des Basler Ausschuss zur Risiko- und Erfolgsabhängigen Vergütung (http://www.bis.org/publ/bcbs194.htm)
Dort geht es um Vergütungsmodelle, die nicht nur die Auswirkungen auf den Erfolg der Tätigkeit sondern auch die damit verbundenen Risiken berücksichtigt. Im Gegensatz zu den bisherigen Modellen, die zeitpunktsbezogen abgerechnet wurden, geht die Empfehlung inzwischen viel mehr in die Richtung traditioneller deutscher HGB Ansätze: Nicht realisierte Gewinne sind keine Gewinne. Zumindest empfiehlt der Ausschuss explizit auch eine ex-post-Betrachtung.
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