Was macht Josef Ackermann nach der Deutschen Bank: Kann er das Weltwirtschaftsforum beleben?

by delsn on 29. Juli 2011

Josef Ackermann - World Economic Forum Annual Meeting Davos 2007

Diese Thema lag seit Februar in meinem Entwurfsordner und hat jetzt durch die aktuelle Entwicklung in der Nachfolgefrage der Deutschen Bank wieder Aktualität erhalten.

Im Winter habe ich hier im Blick Log unter dem Titel  “Ägypten brennt, Davos pennt”: die Jahrestagung des Weltwirtschaftsforum in der Schweiz wieder heftig kritisiert. Die Feststellung: Die einstige Galaveranstaltung hat sich überholt und läuft ihren eigenen Ansprüchen seit Jahren hinterher.

Die Organisatoren formulierten die Ziele des Forums auf der eigenen Webseite:

“The Annual Meeting provides a rethinking of our systems and exploration of strategies and solutions that have positive transformational implications.”

Diesen Zielen, so lobenswert sie erscheinen, wird die Veranstaltung seit Jahren nicht mehr gerecht. In dem Treffen 2009 nach dem Zusammenbruch der Finanzmärkte dominierte die Ökonomie der Untergangspropheten. Und auch im letzten Jahre zeigte sich die “Funktionselite” eiskalt und verschnupft.

Von “Eliten” wird erwartet, dass sie Vorbildfunktionen erfüllen, Risiken nicht nur für sich, sondern auch zum Wohle ihrer Unternehmen oder gar der Gesellschaft eingehen. Sie sollen neue Wege suchen, diese gehen und andere mitreißen können. Die so verstandenen “Eliten” sind schon lange nicht mehr in Davos, sondern sie befinden sich an den Brennpunkten dieser Welt, helfen Menschen gegen die Folgen von Naturkatastrophen und kämpfen gegen verkrusteten Machtstrukturen für Freiheitsrechte, die für uns selbstverständlich sind. In Davos zeigt sich dagegen eine Funktionselite, für die es wichtiger scheint, dort zu sein, denn substantiell die Agenda von Davos mit Inhalten und Taten zu füllen. Überspitzt drückte es Nassim N. Taleb aus. Er beschreibt, so zitiert ihn Markus Gärtner, das wichtigste Ritual bei dem so viel beachteten Treffen derart: “Erfolgreichen Leuten hinterher laufen, die mit anderen erfolgreichen Leuten gesehen werden wollen”.

Aber egal ob man nun die Veranstaltung in der Schweiz mag oder nicht. Das WEF hat allein aufgrund der dort versammelten weltweiten Verfügungsrechte über Kapital, politische Macht und Unternehmen eine enorme Bedeutung für die ökonomische Praxis dieses Planeten. Der Einfluss, den die dort versammelten Entscheidungsträger repräsentieren, ist zu gewaltig, als dass man die Veranstaltung nicht einfach ersatzlos streichen sollte.

Daher lässt eine wirklich interessante Spekulation vielleicht für die künftige Reform der Veranstaltung hoffen. Die FAZ hatte nämlich den baldigen Ex-Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, als Nachfolger für den Gründer und jetzigen Veranstalter Klaus Schwab (Jahrgang 1938) ins Gespräch gebracht.

Mir steht es nicht zu, Schwabs Verdienste zu schmälern, denn das WEF hat gerade in den Hintergrundgesprächen in den vergangenen Jahrzehnten viel Nützliches erreicht. Und auch das Engagement Schwabs für “höhere“ Ziele” gehört positiv gewürdigt. Aber spätestens seit 2007 fehlt der exklusiven Kungelrunde die Frische und es mangelt an Querdenkern, von denen es sehr viele auf diesem Planeten gibt. Nein, dazu rechne ich nicht Untergangspropheten wie Nouriel Roubini und Marc Faber. Beide verfolgten in Davos stets ihre eigene Agenda, nämlich die Pflege der eigene Marke. Ich meine Menschen, die wirklich in der Lage sind den etablierten Geld- und Machtzirkeln eine Inspiration dafür zu geben, wie sich unsere Welt weiter entwickeln könnte.

Josef Ackermann gilt zwar als Betonpfeiler des traditionellen Davos, jedoch traue ich gerade ihm zu, die traditionellen Macht- und Meinungszirkel mit frischen Ideen und Querdenkern anzureichern. Er genießt das Vertrauen der etablierten Leitfiguren in der internationalen Wirtschaftspraxis und ist dennoch bekannt dafür, auch unbequeme Gedanken zuzulassen. Wenn er diesen Einfluss nutzt, den globalen Machtzirkeln frische Köpfe zu präsentieren und fortschrittliches Denken zu injizieren, dann könnte der Geist von Davos wiederbelebt werden.

Ob Ackermann nun tatsächlich für Davos im Gespräch ist, weiß ich nicht. Ich habe seit damals nichts mehr dazu gelesen. Es ist aber kaum vorstellbar, dass er hauptberuflich nur Aufsichtsratchef der Deutschen Bank sein wird.

nigecus Juli 29, 2011 um 23:09 Uhr

ach. das wef würde ich glatt übersehen. mein interesse dafür ist ungefähr null. die berichte darüber werden von meiner wahrnehmung in die kategorie verschoben, was gleichbedeutend mit ist.

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