Warum ich mit den Griechenlandhilfen und der Nichtstellung von Sicherheiten Denkprobleme habe

by Dirk Elsner on 29. August 2011

Ich räume hier gleich mal zu Beginn dieser Notiz ein, ich komme nicht wirklich klar mit der Denke zum europäischen Rettungsfonds EFSF (Details zum Rettungsfonds in diesem Beitrag vom Handelsblatt) und den Argumenten für die Euro-Bonds. Dazu gab es in den letzten Tagen eine Diskussion über die Stellung von Sicherheiten für Kredite, die der EFSF an Griechenland vergeben soll. Mal abgesehen davon, dass das ständige Nachbessern und Ändern der Kreditvergabebedingungen weitere Unruhe bringt, kann ich nicht nachvollziehen, warum die Stellung von Sicherheiten so absurd sein sollen.

Ich bin Betriebswirt und für mich ist die Frage nach der Stellung von Sicherheiten eine ganz gewöhnliches Thema, etwa wenn ich mit Mandanten und Banken zusammen sitze und es um die Vergabe neuer Kredite geht. Gerade vergangene Woche sagte mir ein Banker, es gehe ihm bei der Stellung von Sicherheiten weniger darum, diese verwerten zu können, sondern, dass sie die Selbstverpflichtung des Schuldner erhöhen, die Kredite ordentlich zurückzuzahlen. In ökonomischer Sprache übersetzt bedeutet dies: Das Risiko des Moral Hazards wird durch die Stellung von Kreditsicherheiten reduziert.

Kosten für Kreditversicherung Griechenlands

Und gerade auf der Ökonomentagung in Lindau sprach der Nobelpreisträger Prof. Myerson in einer Panel-Diskussion davon, dass Moral Hazard ein ganz zentrales Thema für das Verstehen der Finanzmärkte sei. Klar, das moralische Risiko existiert in den Modellen der neoklassischen Ökonomie nicht (wohl in dem moderneren Modell der Neuen Institutionenökonomik).

Folgt man den Neoklassikern, dann braucht man keine Kreditsicherheiten. Aber gerade Joseph Stiglitz erhielt auf der Tagung in Lindau Applaus für seine Aussage, dass die traditionellen ökonomischen Modelle uns erst die Krise beschert haben. Es sei einmal dahin gestellt, ob das so ist. Unbestritten dürfte sein, dass in der Kreditvergabepraxis das Problem asymmetrischer Informationen zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber besteht, daraus wiederum resultiert das Risiko des Moral Hazards, also dass sich der Kreditnehmer versucht auf Kosten der Kreditgeber einen Vorteil zu verschaffen, der nicht angemessen bepreist ist. Um dieses Risiko zu senken, verlangt man Kreditsicherheiten. Ist doch eigentlich ganz simple.

Mit welcher Rechtfertigung soll das, was auf der Ebene der Unternehmen gilt, bei der Vergabe von Krediten an Staaten nicht gelten? Es mag praktische Einwände geben und es mag den Einwand geben, ständig würden die Bedingungen nachgebessert. Einverstanden, wir bewegen uns aber bei diesen Argumenten außerhalb des ökonomischen Raums und auf sehr dünnem Eis im politischen Raum.

Es gibt einen rechtlichen Einwand, nämlich den, dass sich die Inhaber von griechischen Anleihen auf "negative pledge clause" berufen, einer Klausel in den Anleihebedingungen, die die Stellung von Sicherheiten untersagt. Dies Argument ist stark und sticht. Absurd finde ich es freilich, wenn die Anleihekäufer, die bisher gut an den hohen Zinsen verdient haben, wie selbstverständlich erwarten, dass sich die Steuerzahler an der nicht in den Anleihebedingungen vorgesehenen Rettung beteiligen und bei der Stellung von Sicherheiten auf die "negative pledge clause" berufen.

Um hier nicht missverstanden zu werden. Ich bin nicht dafür, Griechenland fallen zu lassen. Mich stört aber an den gegenwärtigen Vorschlägen, dass sie ausschließlich dazu dienen, die Inhaber der Anleihen zu bedienen. Klar, einige der Gläubiger, insbesondere Banken und wohl auch einige Versicherungen, würden große Probleme bekommen, wenn Griechenland nur 50% seiner Schulden zurück zahlen würde. Wenn es aber darum geht, das Finanzsystem zu schützen, dann muss man das auch deutlich machen und einen Teil der EFSF-Mittel für die Stabilisierung bzw. Abwicklung einsetzen. Griechenland selbst wäre nach meiner Einschätzung besser mit einem Massekredit gedient. Und ein Massekredit genießt zumindest in der Insolvenzpraxis Vorrecht in der Bedienung.

Das Schreiben dieses Beitrags und einigen Diskussionen auf Google+ haben mich dazu angeregt, das Thema Eurobonds und EFSF noch einmal unter den Blickwinkel meiner ökonomischen Philosophie zu beleuchten. Ich werde das hier in den nächsten Tagen noch einmal vorstellen.

LH August 29, 2011 um 17:25 Uhr

Besteht denn die Gefahr wirklich darin, dass Griechenland seine Schulden nicht bezahlen wollen würde (dann könnte der Moral Hazard Aspekt helfen) oder besteht das Problem nicht eher darin, dass Griechenland seine Schulden nicht bezahlen kann (dann bringt auch das beste Anreizsystem nichts)?

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