Eckpunkte des Credit Managements (Teil 5): Steuerungsmaßnahmen des Credit Management

by Dirk Elsner on 10. November 2011

Mit diesem Beitrag endet diese Reihe, deren Ausgangspunkt die Frage war, ob es sinnvoller ist, eine teure Kreditversicherung abzuschließen oder sein Credit Management zu optimieren. Für das Credit Management ist die entscheidende Frage, was ein Unternehmen tun kann, um den Wert einer Forderung zu maximieren. Und der Wert einer Forderung ist dann maximal, wenn sie sehr schnell und in voller Höhe zurück gezahlt wird.

Ob dies so geschieht, hängt von verschiedensten Faktoren ab. Klar, der Schuldner muss das Bestehen der Forderung anerkennen und er muss finanziell und rechtlich in der Lage sein, seine Forderung zu begleichen. Um seine finanzielle Fähigkeit zur Rückzahlung zu beurteilen, habe ich im vierten Teil eine entsprechende Klassifikation vorgeschlagen. Auf Basis einer solchen Klassifikation lässt sich eine entsprechende Steuerung aufbauen. Steuerung bedeutet, Unternehmen sollten bei Geschäftsabschlüssen die Vertrags- und Zahlungsvereinbarungen entsprechend der Klassifizierung des Kundens bzw. der Forderung ausrichten.

Viele Unternehmen machen das bereits. So werden im Retailgeschäft Abschlüsse meist nicht gegen Rechnung getätigt, sondern nur über Zahlungswege, die das Bonitätsrisiko ausschließen, wie Vorkasse oder Nachname bzw. reduzieren, wie Kreditkarte oder Lastschrift. Im gewerblichen Geschäft sind diese Zahlungsvereinbarung mit Ausnahme des Lastschriftverfahrens allerdings unüblich. Hier erlebe ich aber oft, dass unabhängig von der Risikoeinschätzung gleiche Zahlungsbedingungen vereinbart werden, wie etwa Zahlung nach 14 Tage bzw. gar mit 2% Skonto unter Einhaltung einer bestimmten Frist. Natürlich soll die Einräumung von Skonto einen Anreiz für die schnelle Bezahlung bieten und so das Bonitätsrisiko reduzieren. Dennoch ist einigen Unternehmen nicht bewusst, dass dieser Anreiz vergleichsweise teuer erkauft wird. Aber das soll hier nicht das Thema sein.

Wichtig für Unternehmen ist, schon vor dem Geschäftsabschluss die Weichen für ein optimales Credit Management zu stellen. Dazu gehört die Definition fester Zahlungs- bzw. Absicherungsbedingungen und zwar

  • in Abhängigkeit von der Risikoklasse des Kunden,
  • den in Anspruch genommenen Limiten und
  • der Höhe der neuen Forderungen.

Dazu sind die Informationen über die Risikoklasse der Kunden und ihre in Anspruch genommenen Limite im CRM-System bzw. im Bestellmodul der eingesetzten ERP-Software zu hinterlegen, wie das etwa beim Modul SAP Credit Management vorgesehen ist.

 

Ich halte es außerdem nicht für ausreichend, allein die it-technischen Voraussetzungen zu schaffen. Zentrales Element ist es, den Vertrieb verantwortlich über eine Credit Policy mit einzubeziehen. Der für den Geschäftsabschluss verantwortliche Kundenbetreuer muss den Geschäftsabschluss so steuern, dass das Forderungsausfallrisiko minimiert wird ohne dabei die Geschäftsbeziehung mit dem Kunden zu gefährden.

Aus meiner Tätigkeit als Bereichsleiter in einer Bank und als kaufmännischer Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens weiß ich, dass viele Kundenverantwortliche bei der Kontrahierung gern Zugeständnisse machen, um Kunden gewogen zu stimmen. Die Aufmerksamkeit steigt aber deutlich, wenn man einen Forderungsausfall von der Bonus-Berechnungsgrundlage abzieht.

Ein höheres Forderungsausfallrisiko soll aber nicht dazu führen, dass ein Unternehmen keine Geschäfte mehr mit dem Kunden macht. In Abhängigkeit von der Höhe des Risikos ist es freilich notwendig, mit dem Kunden entsprechende Zahlungs- und Sicherungsbedingungen zu vereinbaren und ein Limitsystem einzurichten, das über die Gesamtrisikoposition eines Kunden informiert. Ist ein bestimmtes Risiko erreicht und/oder eine vorher gesetzte Limitgrenze erreicht, dann sind zusätzliche Sicherungsmaßnahmen erforderlich. Schlimmstenfalls muss ganz auf ein Geschäft verzichtet werden oder das Risiko wird bewusst eingegangen.

Zu den Maßnahmen, die eine Absicherung der Forderung erhöhen gehören insbesondere:

  • Vorkasse
  • Anzahlung
  • Zahlung bzw. Absicherung per Wechsel
  • Bürgschaft oder Garantie durch Bank
  • Patronatserklärung einer Muttergesellschft
  • verlängerter Eigentumsvorbehalt mit Kontokorrentvorbehalt
  • Zug um Zug-Erfüllung
  • zusätzliche Sicherungsvereinbarungen wie
    • Verpfändung,
    • Sicherungsübereignung und
    • Abtretung

Unternehmen sollten hier natürlich nicht zu überziehen. Gerade die zusätzlichen Sicherungsvereinbarungen fallen eher in die Kategorie banküblicher Sicherheiten und dürften in der Praxis schwer durchzusetzen zu sein.

Natürlich kann man die Risiken auch durch Dritte übernehmen lassen

  • Finanzierung per Leasing
  • Factoring
  • Forfaitierung

Dazu gehört ebenfalls eine Kreditversicherung als Absicherungsinstrument, womit wir wieder bei Ausgangspunkt dieser Beitragsreihe sind. Kreditversicherungen gestatten es, bestimmte Forderungen von der Versicherung auszunehmen und damit umgekehrt nur bestimmte Forderungen zu versichern. Freilich hat eine Kreditversicherung ein genau umgekehrtes Interesse, nämlich insbesondere die guten Forderungen zu versichern und nicht die schlechten. So ärgern sich in der Praxis viele Unternehmen regelmäßig darüber, dass gerade die Forderungen gegen bonitätsmäßig kritische Kunden nicht versicherbar sind.

Ist mit Geschäftsabschluss nebst risikoadäquater Zahlungsvereinbarung das Geschäft abgeschlossen und die Forderung rechtswirksam entstanden, geht es natürlich noch darum, die Zahlungseingänge zu überwachen und im Zweifel bei Zahlungsstörungen einen entsprechenden Mahnprozess zu starten. Damit sind wir aber beim Forderungsmanagement angelangt, das hier nicht im Fokus steht.

Ganz wichtig ist es, Zahlungserfahrungen (positive und negative) entsprechend in den CRM-Systemen zu dokumentieren. Im Idealfall sind die Systeme so programmiert und parametrisiert, dass die Information über den Zahlungseingang mit den Zahlungsvereinbarungen automatisch abgeglichen werden und die Informationen, ob eine negative oder positive Abweichung vorliegt, entsprechend im CRM-System hinterlegt. Aber das sind Details der operativen Umsetzung und eines entsprechenden Fachkonzepts. Wichtig ist in jedem Fall,

  • eine sinnvolle und umsetzbare Credit Strategie zu entwickeln,
  • einen Prozess zu implementieren,
  • Verantwortlichkeiten eindeutig zu bestimmen,
  • eine akzeptierte Credit Policy zu entwickeln und zu leben und
  • entsprechende IT-Maßnahmen konzeptionieren und umsetzen.

Damit sind wir am Ende dieser Beitragsreihe angelangt. Natürlich lassen sich verschiedenste Aspekte des Credit Managements noch weiter vertiefen, wie etwa Fragen der Risikostreuung, bonitätsrisikoabhängig Rabatte, Risikofrüherkennung oder Details der Umsetzung der einzelnen besprochenen Schritte.

Diesen Beitrag habe ich ursprünglich für die Webseite der CFOWorld geschrieben.

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