Warum man unbedingt hören sollte, was auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos gesagt wird (incl. Livestream)

by Dirk Elsner on 25. Januar 2012

Der Livestream ist am Ende des Beitrags eingebettet.

Was, schon wieder ist ein Jahr herum? Das merke ich immer an der Vorberichterstattung (siehe dazu Presseschau im Handelsblatt: Sehnsucht nach der Endzeit) über das Weltwirtschaftsforum in Davos. Es wird ja gern als die wichtigste private Konferenzveranstaltung dieses Planeten angesehen. Ich verfolge den Häppchengipfel der “Wirtschaftselite” seit drei Jahren mit diesem Blog. Gedanklich nach vorne hat mich das bisher nicht gebracht, was von dort an Erkenntnissen “herausgeschwabt”.

Die Berichte über die Top-Veranstaltungen haben mich in den letzten Jahren so gut wie gar nicht inspiriert. Kann sein, dass die wirklich wichtigen Dinge der in den Champagner- und Canapé-Zonen (ZEIT) netzwerkenden Besucher nicht bis zu uns in die Provinz vordringen. Hin und wieder kann ich es mir freilich nicht verkneifen und schau mal auf den Videostream des Veranstalters. Genau so gut könnte ich aber auch den Phrasengenerator aufrufen und mir dort die Texte durchlesen. Der Gehalt ist der Gleiche, nämlich = Null.

Davos ist vor allem dafür gut, dass die dort vertretene Oldschool des Managements und der Politik zuverlässig erkennt, welche Trends bald keine Rolle mehr spielen. Ich hatte dazu bereits 2011 diverse Zitate von Chronisten zusammen gestellt in “Davoser Weltwirtschaftsforum bestätigt Trends oder beendet sie”.

Im letzten Jahr hat man in den Schweizer Alpen Hauch den arabischen Frühling nicht gespürt (siehe Ägypten brennt, Davos pennt: Das Weltwirtschaftsforum findet die neue Normalität nicht). Als vor zwei Jahren die Wirtschaft sich längst von der Finanzkrise erholte hatte, gab man sich in dem Offline-Netzwerk noch ausgesprochen pessimistisch (siehe Presseschau zum Weltwirtschaftsforum: Eiskalt und verschnupft in Davos). Und als man mitten in der Finanz- und Wirtschaftskrise im Januar 2009 auf Visionen aus dem Eis wartete, da konnte man sich bestenfalls eine Depression holen (siehe Handelsblatt: “Die Elite spielt den Blues” und Presseschau im Blick Log in “Nichts los in Davos oder die Ökonomie der Untergangspropheten”). Auch Clyde Prestowitz sieht auf Foreign Policy nicht, dass in Davos die Agenda für das jeweil noch junge Jahr gesetzt wird und unterlegt das mit einigen Beispielen.

Prestowitz überrascht das nicht. Er schreibt u.a:

„This is actually not surprising in view of the forum’s two major flaws. The first is that the Davos meeting is a gathering of the global establishment. By definition, establishments are slow and even unable to see and understand developments that run contrary to the orthodoxy of the establishment. One should never expect the unexpected from an establishment institution. The second flaw is even more serious. It is that the theory of globalization underlying the Davos concept is false. That theory holds that globalization is a win-win economic movement that will enrich the whole world and thereby lead the nations to democracy and eternal peace.“

Der “Premiumelite” könnte es auch in diesem Jahr an Kreativität, Visionen und Problemlösungskompetenz fehlen. Dabei klingt das Motto in diesem Jahr wieder recht vielversprechend: “Der große Wandel: Entwürfe für neue Modelle”. Passt eigentlich irgendwie zur globalen Kapitalismusdebatte, klingt aber dennoch nach Feigenblatt.

In jedem Fall wird das Medienecho wieder groß sein. Kein Wunder, denn laut FAZ wollen sich 40 Staats- und Regierungschefs und mehr als 1600 Spitzenmanager aus 1000 Konzernen die knapp 300 offiziellen Veranstaltungen anschauen. Der Wert für die Mitglieder dieses offline-Facebooks liegt daher natürlich im Netzwerken. Hier werden wichtige Kontakte geknüpft, große und kleiner Entscheidungen vorbereitet und Geschäfte verabredet. Für die teilnehmenden Entscheidungsträger dürfte Davos daher tatsächlich unbezahlbar sein.

Schauen wir also wieder hin, damit wir sehen, welches Trends in diesem Jahr beendet werden. Vielleicht haben wir ja Glück und es wird viel über die Gefahren und Risiken der europäischen Schuldenkrise debattiert. Dann sollte uns das zuversichtlich machen, dass wir bald nichts mehr von dem Thema hören werden. Ansonsten lohnt sich oft ein Blick in die einzelnen Panels zu Spezialthemen. Die erreichen zwar häufig nicht die Schlagzeilen in den Medien, geben aber oft interessante Einblicke in neue Entwicklungen.

Das genaue Programm vom WEF findet man hier. Eine Übersicht der Liveevents gibt es auf der Seite Davos Live 2012 als Google Kalender. Den jeweils aktuellen Livecast findet man auf dieser Seite oder hier:

Watch live streaming video from worldeconomicforum at livestream.com

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