Schadensersatzforderung an Fondsmanager Merkin legt erneut Provisionsschneiderei der Vermögensverwalter offen

by Dirk Elsner on 4. Juli 2012

Am vorvergangenen Samstag teilte laut Financial Times Deutschland der Generalstaatsanwalt des US-Bundesstaates New York, dass der US-Fondsmanager Ezra Merkin seinen Kunden 405 Mio. US$ Schadensersatz leisten muss. Merkin war selbst Fondsmanager und hatte von Kunden Geld eingesammelt und dies wiederum bei einem weiteren Vermögenverwalter angelegt, nämlich bei Bernhard Madoff, der inzwischen wegen Anlagebetrugs zu 150 Jahren Haft verurteilt wurde.

Das erstaunliche an dieser Geschichte ist, dass damit erneut die provisionsfressenden Anlagekaskaden der Vermögensverwalter deutlich gemacht werden. Es ist immer wieder bemerkenswert, wie viele Stationen zwischen ersten Geldanleger und letztem Geldverwender liegen und wie wenig das Kunden zu stören scheint. Im Fall Merkin-Madoff gibt beispielsweise eine Privatperson oder eine Pensionsgesellschaft, die ja auch nur das Geld für andere Personen verwaltet, einem Fondsmanager (hier Merkin) Geld, der das wieder in einen weiteren Fonds (Madoff) gibt, der das Geld dann im besten Fall selbst anlegt oder an einen weiteren Fonds (z.B. einen Hedgefonds) weiterreicht. Und jeder in dieser Nahrungskette will etwas verdienen.

Der Fall Madoff hatte bereits ein Schlaglicht auf die Fondsindustrie geworfen und wie sie der Finanzwelt als Provisionsmaschine dient und dabei viel Geld der Anleger verbrennt. Es geht dabei nicht um die krummen Geschäfte eines Bernie Madoffs, sondern um ganz reguläre Anlageprozesse über Vermögensverwalter. Erstaunlich finde ich, dass nicht mehr Anleger aufschreien, über wie viele Umwege ihr Geld zu letzten Anlage fließt. Ich hatte das einmal anhand von zwei Beispielen auf Basis öffentlich verfügbarer Informationen nachvollzogen (siehe diesen und diesen Beitrag). Hier liefen die Gelder vom Erstanleger über mindestens 6 Stationen bis zur letzten Verwendung. Es können auch mehr gewesen sein.

Berechnet hier jede “verwaltenden Institution” der jeweils vorhergehenden im Schnitt nur 0,5% jährliche Provision für die Verwaltung, was ich persönlich für zu niedrig halte, dann würden allein dadurch 3% pro Jahr vom Anlagevolumen verzerrt werden. Bei den angeblichen Renditen zwischen 8% und 10%, die Madoff selbst in Krisenzeiten erzielt haben soll, reduziert sich die Verzinsung für die Kunden so bereits auf 5,0% bis 7,0%. Berücksichtigt man weiterhin, dass eine Neuanlage bei jeder Institution zu einer Einmalprovision zwischen 1% und 5% führt, dann zahlen die Kunden allein dadurch zwischen 6% und 30% ihres angelegten Geldes. Freilich sehen Anleger das nicht in ihrer Geschäftsbestätigungen und Aufstellungen, sondern können dies, wenn überhaupt, nur indirekt an der mageren Wertentwicklung ihrer Anteile feststellen.

Im Prinzip werden Kunden also schon gewaltig ausgenommen, bevor ihr Geld am Ende der Nahrungskette gelandet ist. Vom ursprünglichen Anlagebetrag wurde letztlich nur ein Bruchteil in eine finale Geldanlage investiert. Und ehrlich gesagt würde es mich überhaupt nicht wundern, wenn wir solche Fälle auch noch bei anderen Anlageformen sehen.

Abhilfe schafft nur bedingungslose Transparenz

Kunden, die Geld über Vermögensverwaltungen in „exotische Fondskonstruktionen“ angelegt haben, ist daher dringend zu raten, mit ihrem Vermögensverwalten zu sprechen und zu hinterfragen, welche Vermögenstitel ihr Verwalter eigentlich erworben hat und ob sich dahinter eine wie oben beschriebene „Anlage-Kaskade“ verbirgt.

Die „Vermögensverwaltungsindustrie“ wird sich zu Recht auf harte Zeiten und viele unangenehmen Nachfragen ihrer Kunden einstellen müssen. Der Fall Madoff hatte bereits zu Geldabzügen aus intransparenten Anlageformen geführt. Die Zukunft wird eher Anlageformen gehören, die ihren Kunden ein Maximum an Transparenz bieten. Dabei ist es nicht verwerflich, Provisionen in welcher Form auch immer zu berechnen, nur der Kunde hat es verdient zu erfahren, was tatsächlich mit seinem Geld passiert. Die technischen Möglichkeiten dafür sind schon lange da. Nur leider lassen sich damit nicht so viele Provisionsmaschinen heizen.

Uwe Heinz Juli 4, 2012 um 20:57 Uhr

Leider ist Transparenz bei Geldanlagen über Fonds ein Riesenproblem. Bei den
vielfach besonders vorteilhaften und kostengünstigen ETF (das Papier bildet einen kompletten Index ab und die enthaltenen Wertpapiere zählen als Sondervermögen –
für den Anleger besonders geschützt) werden die Wertpapierbestände von vielen ETF-Anbietern an andere Investoren oft vollkommen intransparent weiter verliehen.
Siehe: http://www.morningstar.at/at/news/56903/Und-was-ist-mit-physisch-replizierenden-ETFs.aspx
Die Lösung Geld einfach selber anlegen ist auch nicht immer erfolgversprechend. Vor allem ist dazu sehr viel Wissen und ein ein sehr großer Zeiteinsatz notwendig

Dirk Elsner Juli 4, 2012 um 06:26 Uhr

Genau so ist das.
Vor allem, warum soll ich das tun, wenn da zig Parteien dazwischen geschaltet werden?
Ich schätze mal bei institutionellen Anlegern geht es da auch um Reputation, Anlageregeln und der Angst davon eigene Handelsentscheidungen zu treffen, die negativ sein könnten. So kann man die Verantwortung schön abschieben und auf den Ruf des Verwalters verweisen. Ökonomisch ist das höchst irrational.

FDominicus Juli 4, 2012 um 06:23 Uhr

Nun warum sollte man nicht einfach sein Geld selber anlegen? Warum sollt man dafür Leute nehmen deren Geschichte nicht gerade von überschäumenden Erfolgen verkündet?

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