Credit-Management: Sollten Unternehmen die Bonität ihre Bank einschätzen?

by Dirk Elsner on 10. Juli 2013

Nach der Aufregung Ende März ist es schnell wieder ruhig geworden um Zypern. Die Aufmerksamkeitsökonomie hat die Finanzkrise dieses EU-Mitglieds schnell wieder verlassen und sich anderen Themen zugewendet. Gleichwohl bleibt das Stichwort Bankenkrise auf der Agenda. Finanzmanager in Unternehmen grübeln darüber, ob und wie man Banken verstärkt ins Credit Management  einbeziehen sollte. Beim Credit Management geht es um die Prozesse rund um die eigenen Forderungen eines Unternehmens.  Und zu diesen Forderungen gehören auch die Bankguthaben. In der Vergangenheit haben sich die meisten Unternehmen keine Gedanken über die Sicherheit dieser Guthaben gemacht. Spätesten seit der Lehman-Pleite ist hier eine Paradigmenwechsel zu beobachten. Gerät ein Finanzinstitut in eine Schieflage, wird die Beteiligung von Eigentümern, nachrangigen Anleihegläubigern und ungesicherten Anlegern eher der Normalfall werden. Damit sollte dann zumindest ein gelbes Ampelsignal in den Finanzabteilungen aufleuchten.

Von Mittelständler habe ich viel Mitgefühl für zyprische Unternehmen gehört, deren Guthaben eingefroren waren oder noch immer sind. Unternehmen fragen sich, was ein solcher Fall für die eigene Liquiditätsdisposition eigentlich bedeuten würde. Aus meiner Sicht besteht kein Anlass, für deutsche Unternehmen in hektischen Aktionismus zu verfallen. Ich halte das deutsche Finanzsystem für vergleichsweise stabil. Aber die jüngste Geschichte der Finanz- und Schuldenkrise lehrt uns, dass gerade aus den Richtungen Überraschungen drohen, aus denen wir nicht damit gerechnet haben. Es schadet also nicht, sich Gedanken über die Bonität der eigenen Banken zu machen und über mögliche Konsequenzen einer Schieflage nachzudenken.

Wie empfindlich Großkonzerne ihre Liquidität steuern, wurde im Sommer 2011 deutlich, als es z.B. Gerüchte gab, Siemens hätte mehr als eine halbe Milliarde Euro von einer französischen Großbank abgezogen. Später wurde diese Darstellung als “faktisch nicht korrekt“ zurückgewiesen. Dieser Fall zeigte aber auch, warum es für Banken wichtig ist, keine Zweifel an der eigenen Bonität aufkommen zu lassen. Im Sommer 2011 kam es einem Minicrash in Frankreich, weil das Vertrauen in das französische Banksystem durch solche und ähnliche Meldungen einen Knacks bekam.

In Deutschland sorgt ein ausgeklügeltes System staatlicher und verbandsgestützter Einlagensicherung für hohe Sicherheit (siehe BMFA “Fragen und Antworten zur Einlagensicherung und Anlegerentschädigung”,  Eintrag Wikipedia “Einlagensicherungsfonds”) der Gelder bei Banken. Das Absenken der Sicherungsgrenze für mindestens geschützte Einlagen von 1,5 Mio. auf 0,4375 Mio. Euro (siehe dazu diese Übesicht) beim freiwilligen Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken zeigt aber, dass der Ausfall von Kreditinstituten nicht nur ein theoretisches Konstrukt ist.

In einer Reihe zum Credit-Management für die CFOWorld hatte ich 2011 darauf hingewiesen, dass immer mehr Unternehmen ihr Forderungsmanagement zu einem Credit Management ausbauen. Der Kern eines guten Credit Managements besteht nicht nur einfach darin, die Höhe der Forderungsausfälle zu minimieren, sondern den Barwert des Forderungsstroms zu maximieren. Unternehmen sollten also bereits bei Geschäftsabschluss dafür sorgen, dass möglichst der gesamte geschuldete Betrag zurückgezahlt werden kann. Das was sich in der damaligen Reihe auf Geschäfts- und Privatkunden bezog und weiterhin hoch aktuell ist, lässt sich auch auf das Management von Bankguthaben übertragen, denn juristisch sind sie nichts anderes als Forderungen.

Ein grundlegendes Merkmal eines guten Credit Managements ist, dass Unternehmen systematisch die Bonität ihrer Kunden einschätzen und auf dieser Basis entsprechende Maßnahmen steuern. Noch entscheidender als die Einschätzung der Bonität eines Kunden ist die Bewertung der Bonität einer Forderung. Diese muss nämlich nicht zwangsläufig identisch mit der Bonität eines Schuldners sein, etwa wenn für die Forderung eine Bürgschaft oder Garantie vorliegt. Auf Banken übertragen bedeutet dies, auf die Bonität einer Bank zu schauen und festzustellen ob bzw. wie eine Einlage gesichert ist. Es ist daher richtig, sich die Bonität seiner Bank und seiner Forderung in regelmäßigen Abständen anzusehen und an den Erkenntnissen die Disposition der Liquiditätsbestände zu orientieren.

Die Bonität von Banken und der Einlagen zu beurteilen ist freilich nicht ganz trivial, denn viele Bankbilanzen werden immer noch nicht als besonders transparent hinsichtlich der Risiken und ihrer Bewertungen angesehen. Es ist aber für mittelständische Unternehmen müßig, in eine tiefe Bilanzanalyse einzutauchen. Es bieten sich daher einige Hilfsmittel an, die kein Hexenwerk sind, wie ich morgen zeigen werde.


Dieser Beitrag ist eine überarbeitete und aktualisierte Fassung eines Beitrags, den ich für die Webseite der CFOWorld geschrieben habe.

David September 4, 2013 um 15:42 Uhr

Ich muss FDominicus im großen und ganzen zustimmen. Nur glaube ich geht das Problem mit dem Eigenkapital noch ein bisschen weiter: es gibt immer noch zu viele Banken.

Ich bin auf eine makabere Art gespannt darauf wer die nächsten Opfer der Euro-Krise sein werden.

David.

rwetroja Juli 10, 2013 um 11:34 Uhr

Der von Ihnen angesprochene Einlagensicherungsfond taugt genau gar nichts. Er ist nach der Pleite von Lehman Deutschland nicht mehr existent. Was bei den geringen Beiträgen auch niemand wundert. Uhlig hat berechnet, das schon eine Bank unter den 50 größten in Deutschland reicht, um den in Jahrzehnten erreichten Einlagensicherungsfond zu sprengen. Was passiert wohl bei den drei grossen Banken in D? Da würde mir schon mulmig werden, besonders wenn da noch ein paar andere dranhängen.
Schauen Sie sich bitte die Aussagen von Uhlig an. http://blog.handelsblatt.com/oekonomie/2007/09/23/die-welt-finanzkrise-wie-sicher-sind-sparkonten-in-deutschland/.

FDominicus Juli 10, 2013 um 07:58 Uhr

Ich bin hier nicht bei Ihnen. Banken haben zu wenig Eigenkapital. Und das helfen auch alle „angeblichen“ Sicherungsfonds nicht. Wer als Private und/oder Mittelständer, sein Geld heute bei nur einer Bank hat (dazu am Schlechtesten noch in der EU) wird eine böse Überraschung erleben.

Leider weiß ich nicht wann und wie es passieren wird, aber dazu schreiben Sie:
„Aber die jüngste Geschichte der Finanz- und Schuldenkrise lehrt uns, dass gerade aus den Richtungen Überraschungen drohen, aus denen wir nicht damit gerechnet haben“

Ohne rot zu werden kann ich beweisen, so stimmt es nicht. Darauf hingewiesen habe ich immer und immer wieder. Es ist halt nicht möglich hier einen genauen Zeitpunkt zu nennen. So ist es sicher wir werden irgendwann einen Dax so steil fallen sehen wie einen Stein, wann und wie es passiert ist offen, nur es wird passieren. Solange es noch die diversen Zentralbanken gibt und man „Ihnen glaubt“ werden diese in der Lage sein den Zins beliebig zu manipulieren. Aber auch hier ist abzusehen, irgendwann wird es damit zu Ende sein…

Sie haben durchaus recht im Augenblick haben Sie noch „Luft“. Ich kann nur empfehlen diese zum Atmen zu benutzen. Noch gibt es keine generellen Kapitalverkerhrskontrollen, das nützt Ihnen aber in Zypern nichts. Und der nächste Staat wird fallen und der Weg wird zypriotisch sein. Kunden werden Ihre Einlagen „verlieren“ – das ist sicher…

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