Gibt es einen 3. Weg zwischen Austerität und keynesianischer Ausgabenpolitik?

by Dirk Elsner on 5. August 2013

In europäischen Denk- und Politikstuben ist der dogmatische Streit zwischen den Befürwortern der beinharten Sparpolitik (auf ökonomisch Austerität) und einer wie auch immer gestalteten Politik staatlicher Konjunkturmaßnahmen (keynesianischer Ausgabenpolitik) etwas stiller geworden. Dieser Streit hat mich stets genervt, weil mich keine Seite wirklich überzeugen konnte.

Unequal Protection From Risk

Würfeln Ökonomen nur? (Foto flickr/truthout.org)

Krugman hatte vor einigen Wochen die Argumente der Anhänger der Austeritätspolitik tiefsinnig auseinander genommen. Mittlerweile scheint zwar der Konsens eher in die Richtung zu gehen, dass Austerität nicht wirkt, was freilich nicht stimmen muss. Aber was wirkt dann? Was feuert die Konjunktur an, was fördert die Investitionsneigung der Unternehmen? Darüber finde ich wenig bis keine  überzeugenden Debattenbeiträge (wobei ich natürlich längst nicht alle kenne). Wenn die Antwort staatliche Ausgabenpolitik und Konjunkturprogramm lautet, dann überzeugt mich das nicht.

Ich glaube ja, dass in der Debatte auf beiden Seiten mit Modellen gearbeitet wird, die schlicht irrelevant sind. Es wird mit Theorien und groben makroökonomischen Korrelationen gearbeitet, aus den dann Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Ich hatte letzten Freitag das Zitat von Tomas Sedlacek hier im Blog, der meint ökonomischen Modelle würden nicht auf Grundlage ihrer größeren oder geringeren Wahrheit akzeptiert, sondern vielmehr auf Grundlage ihrer Glaubwürdigkeit, Eignung, Überzeugungskraft oder Übereinstimmung mit unserem internalisierten Glauben an das Funktionieren der Welt.

Ganz offensichtlich handeln ja die Menschen oder Wirtschaftssubjekte nicht so, wie sich das die Mainstreamökonomen vorstellen. Ich bleibe dabei, dass es sich um einen Glaubenskrieg handelt, den Uwe Jean Heuser im letzten Jahr sehr plastisch in der ZEIT darstellte. Und in einem Glaubenskrieg, das wird gerne übersehen, muss man nicht zwingend auf einer der beiden Seiten stehen. Man kann sich einem anderen Glauben anschließen oder einfach skeptischer Atheist bleiben.

Das Nachdenken könnte z.B. einmal dort starten, wo eigentlich die konjunkturrelevanten Entscheidungen getroffen werden. Diese werden nicht bei Zentralbanken oder in Finanzministerien getroffen, sondern bei Verbrauchern und Unternehmen. Und deren Hauptentscheidungsparameter sind gerade nicht ökonomische Makrovariablen. Robert Shiller und George Akerlof haben vor vier Jahren die Idee von Keynes von den Animal Spirits wieder belebt. Das Buch macht deutlich (siehe zur Rezension diesen Text von Daniel Schluchter), warum die herrschende Makroökonomie mit ihren Erklärungsansätzen nicht weiterkommt.  Die Ökonomie als Wissenschaft berücksichtigt zu wenig Erkenntnisse aus der Psychologie, um das Verhalten der Menschen in der realen Wirtschaft erklären zu können. So können Börsenkurse von ihren “richtigen” Werten abweichen, weil Anleger dem Herdentrieb folgen und nicht rationalen Erwartungen von Gewinnchancen, wie die bislang in der Finanzlehre vorherrschende Theorie der effizienten Märkte behauptet. Derart instinktgetriebenes Handeln sei eher die Regel als die Ausnahme, erklären Shiller und Akerlof.

Die “Animal Spirits” sind in den Keynes-Rezeption schnell unter den Tisch gefallen, wie Olaf Storbeck 2009 im Handelsblatt schrieb. Klar, die lassen sich auch nicht so einfach (oder vielleicht gar nicht) in mathematische Modelle gießen. In dem Buch schrieben Akerlof und Shiller u.a.:

“Keynes räumte sehr wohl ein, dass ökonomisches Handeln großenteils von rationalen ökonomischen Motiven bestimmt wird, setzte dem aber entgegen, dass es häufig von Instinkten beeinflusst wird, den von ihm so genannten Animal Spirits. Der Mensch verfolgt nicht allein ökonomische Ziele. Und auch dann, wenn er seine ökonomischen Interessen im Auge hat, handelt er nicht immer rational. Nach Keynes’ Auffassung sind die Animal Spirits die wichtigste Ursache für Schwankungen der Konjunktur und für unfreiwillige Arbeitslosigkeit.”

Wenn das so stimmt, dann wird darüber freilich zu wenig nachgedacht. Und noch schlimmer, es wird an den falschen Parametern geschraubt. So halte ich die Geldpolitik für irrelevant, weil Unternehmen ihre Investitionsentscheidungen nicht von einem Leitzins abhängig machen. Viel wichtiger ist, dass sie selbst von der Investition überzeugt sind und überhaupt Zugang zu Finanzierungsquellen haben. Der Zins spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Genauso wenig ist erkennbar, warum die “Vergemeinschaftung der Schulden”, die etwa der britische Ökonom Simon Tilford forderte, die Investitionsbereitschaft der Unternehmen ankurbeln kann.

Ich bin mir zwar sicher, dass es einen anderen Weg gibt als den zwischen Austerität und Ausgabenpolitik, ich weiß allerdings nicht wie der aussieht. Es wird nur zu wenig darüber nachgedacht. Morgen allerdings wollen wir das tun in einer virtuellen Podiumsdiskussion.

FDominicus August 13, 2013 um 07:41 Uhr

Vielleicht erläutern Sie uns was Sie unter Austerität verstehen?
Nach meinem Verständnis heißt es einfach ausgedrückt. „Nicht mehr ausgeben als man hat“ . Daher kann die Antwort nur sein Austerität jetzt oder später. Es gibt keinen dritten Weg.

Aber vielleicht verstehen Sie unter Austerität ja irgendetwas anderes. Dann sollte das aber hier klar ausgedrückt werden.

Nicolai Hähnle August 13, 2013 um 18:41 Uhr

Ich empfehle etwas Lektüre über Saldenmechanik – hier geht’s zur Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Saldenmechanik

Grob gesprochen: Jedes Geldvermögen ist immer die Verbindlichkeit eines anderen. Geld ist nur die Kehrseite von Kredit. Wenn sich niemand verschuldet, dann kann niemand Geld haben.

Eine weitere Betrachtungsweise ist: Nicht mehr ausgeben als man hat ist eine sinnvolle Regel, wenn dieses gewisse Etwas beschränkt ist. So hat man als Benutzer von Geld nur beschränkt viel davon.

Ein monetär souveräner Staat jedoch kann beliebig viel Geld ausgeben, ohne dass das Geld jemals ausgeht. Die simple Daumenregel, die für einen Privatmensch oder Unternehmen gilt, kann für diesen Staat deshalb nicht begründet werden.

Wie viel Geld sollte also ein Staat ausgeben? Die Functional Finance sagt: So viel, dass Vollbeschäftigung erreicht wird (das heißt: wer erwerbstätig sein will, dem wird das ermöglicht) – aber eben auch nicht mehr.

topperhopper August 7, 2013 um 14:06 Uhr

„Aber was wirkt dann? Was feuert die Konjunktur an, was fördert die Investitionsneigung der Unternehmen?“

Staatliche Ausgabenpolitik und offene Geldschleusen befeuern kurzfristig die Konjunktur. Die Kehrseite sind aber noch mehr Schulden, und demnächst wieder irgendwo ein neuer, aber größerer Krisenausbruch.

Kurzum:
Wir sind in unserem System gefangen. Der Lebenszyklus unseres Geld- und Wirtschaftssystems neigt sich dem Ende zu. „Gelöst“ wird das ganze irgendwann durch einen kollektiven Schuldenschnitt, der entweder freiwillig, durch eine Währungsreform oder Krieg ausgelöst wird. Danach geht das Spiel von vorne los. So war es doch schon immer…

VG

Peter Bretscher August 6, 2013 um 12:37 Uhr

Der Titel macht es schwierig, eine (oder mehrere) zufriedenstellende Antworten zu finden.
Für mich stellt sich die Frage, welche Werte mit dem Sparen oder dem Ausgeben vernichtet oder gefördert werden.
Und wenn es Werte sind, für die noch kein Indikatorensystem vorhanden ist, muss dafür ein geeignetes Radar entwickelt werden.

Eine Lösung gibt’s schon, aber sie passt halt nicht in die ökonomischen Paradigmen. Physiker und Ingenieure haben schon mehrmals in der Geschichte ihre Erklärungsmodelle fundamental verändert und auch neue Metriken postuliert, mit denen die reale Realität besser abgebildet und gestaltet werden konnte.

Nicolai Hähnle August 5, 2013 um 22:51 Uhr

Das potentielle Problem, wenn man zu viel auf Psychologie setzt: Man landet damit womöglich in der gleichen Sackgasse wie der Monetarismus mit seinem Erwartungs-Voodoo.

Die zentrale Frage ist doch eigentlich: Wo soll er denn hinführen, dieser Dritte Weg? Wenn wir sinnvolle Ziele haben, dann zeigt sich der Weg schon ganz von alleine. Und gerade da hakt es m.E. ganz gewaltig. Zitat aus dem Blog-Eintrag:

Aber was wirkt dann? Was feuert die Konjunktur an, was fördert die Investitionsneigung der Unternehmen?

Sind das Anfeuern der Konjunktur und höhere Investitionen wirklich das Endziel? Ich würde sagen: Nein. Das Endziel ist, dass es den Menschen besser geht, und zwar – im Rawlschen Sinne – den Menschen, denen es am schlechtesten geht, soll es so gut wie möglich gehen. Also: maxmin statt max-avg, max-medium, oder gar min-max.

Höhere Investitionen können beim Erreichen dieses Ziels hilfreich sein, aber vielleicht gäbe es da akut bessere Möglichkeiten.

Ich persönlich bin ja ein Freund der Job-Garantie (und habe darüber auch mehrfach geschrieben, z.B. hier: http://nhaehnle.blogspot.de/2012/11/die-job-garantie-ein-jahr-spater.html )

Beate August 5, 2013 um 21:18 Uhr

Sie können nicht erwarten dass das Angebot auf den Güter- und Dienstleistungsmärkten wächst, wenn die Verteilung der Einkommen (das Zugangsgeld) nicht mit den ERWARTUNGEN der Unternehmen entspricht.

Also werden die Unternehmen in einer solch unsicheren Situation deinvestieren. Das Angebot wird schrumpfen.

Beate August 5, 2013 um 21:02 Uhr

Staatliche Ausgabenpolitik.

Begründet dieses Unwort in irgendeiner Weise das private Investionen staatlichen Investitionen vorzuziehen sind?

Lächerlich ohne staatliche Bürgschaften gibt es keine grossen technologisch risikoreiche Projekte mehr.

Der Beitrag ruft zum Nichtstun auf.

Damit alles so schön bleibt wie es ist.

Dirk Elsner August 5, 2013 um 15:34 Uhr

Natürlich habe ich das hier etwas provokativ zugespitzt. Es gibt viele Ideen für dritte Wege. Viele wurden auch (erfolgreich?) ausprobiert. Aber die öffentliche Debatte zerfasert genau an dieser Stelle.

Eric B. August 5, 2013 um 13:50 Uhr

Hallo Dirk,
ich schließe mich den anderen Kommentatoren an: Natürlich gab und gibt es eine Alternative, sie wurde(n) sogar jahrelang auf offener Bühne diskutiert. Man kann z.B. auf harte Kürzungen verzichten und Strukturreformen vorziehen, man kann in einem Krisenland erstmal die Einnahmen verbessern (z.B. durch mehr Steuergerechtigkeit), man kann den ESM mit einer Banklizenz ausstatten und so viel mehr Kreditvolumen mobilisieren etc. pp. Es gibt auch den Vorschlag eines Marshallplans für den Süden, der DGB hat das sogar detailliert durchgerechnet. Das Problem ist, dass die VWL diese politiknahen Vorschläge ignoriert, und dass die (deutsche) Politik sie ablehnt. So, und nur so, entsteht der Eindruck, es gäbe keine alternativen. In meinem Blog habe ich übrigens sogar ein eigenes Untermenü zum Thema Alternativen… http://lostineu.eu/category/alternativen/

egghat August 5, 2013 um 13:28 Uhr

Ntürlich gibt es viele Wege. Aber wenn alle nur ihr ideologisches Gesülze absondern wollen …

Nimm den Rogoff. Politisch total ausgeschlachtete Studie. Erst Pro-Austerität, dann nach Entdeckung des Excel-Fehlers von der Gegenseite. Was irgendwie alles vergessen haben: Vor Reinhardt/Rogoff hat sich überhaupt niemand die Mühe gemacht, die Schuldenstände mal konsistent zu sammeln. Also überhaupt erstmal die Daten zu Schulden und BIP-Wachstum zusammenzutragen. Und dann zu schauen: Wer hat gespart, was hat’s gebracht. Wer hat nicht gespart, was waren die Folgen.

Um den „was hat’s gebracht/was waren die Folgen“-Teil kümmern sich alle und jeder hat dazu eine Meinung und vor allem haben alle RECHT. Eine Datenbasis hat hingegen niemand, weil es diese vor R&R auch nicht gab.

Das nur mal als grundlegendstes Beispiel, wie grundlegend die aktuelle Makroökonomik versagt. Mit Theorie und Formeln füllen die 100 Meter Buch pro Tag. Was Empirie angeht, 1 Meter seit Erfindung der Ökonomie 😉

Da kann ich KH Thielmann nur zustimmen: Zuerst bräuchte man mal eine vernünftige Untersuchung und Diagnose. Alle Länder über einen Kamm zu scheren, haut nicht hin.

Und bisher bleibe ich sehr grundlegend. Jetzt untersuche die Austerität mal detailliert. Und berücksichtige dabei die Unterschiedlichkeit der Länder. Und dabei z.B. die Tatsache, dass ein exportorientiertes Land (irland/Deutschland) auf Sparpolitik anders reagiert als ein innenwirtschaftlich orientiertes Land (Griechenland/Portugal; Spanien und Italien liegen irgendwo in der Mitte).

Und dann berücksichtige noch, dass man über Ausgabeneinsparungen sparen kann, aber auch über Steuererhöhungen. Interessanterweise werden Steuererhöhungen heutzutage ja auch unter „Sparpolitik“ abgeheftet. Ich glaube, dass echtes Sparen ganz andere Auswirkungen hat als Steuererhöhungen.

Und dann als Drittes: Nehme Rücksicht auf die Konjunktur. Es kann nämlich gut sein, dass Austerität in einem Land während eines Booms durchaus gut geht, während es in der Rezession komplett schief geht.

Um zur aktuellen Politik zurückzukommen: Zumindest müsste die Lernbereitschaft größer sein. Nach 2 Jahren freiem Fall in Griechenland müsste man irgendwann mal merken, dass das falsch läuft. Und spätestens dann seine Politik ändern. Aber nicht einmal das passiert. OK, jetzt vielleicht in Ansätzen, aber auch locker 2 Jahre zu spät …

Andreas August 5, 2013 um 09:45 Uhr

Austeritätspolitik und keynesianische Konjunkturpolitik sind als Aderlass- oder Holzhammermethode natürlich nicht begründbar. Ich sehe aber außerhalb der Politik wenige, die im Sinne eines solchen One-Size-Fits-All argumentieren. Die ökonomische Grundlage der Austeritätspolitik war von Beginn an dünn und ist spätestens seit dem Desaster um die Alesina- und Rogoff-Papiere nicht mehr vorhanden. Eine ähnliche Widerlegung sehe ich in Bezug auf richtig begründete Konjunkturpolitik allerdings nicht. Richtig begründet heißt: Sie muss, wie Thielmann richtigerweise schreibt, auf einer Begutachtung des Patienten aufbauen. Und der Patientenzustand sieht an der Nullzinsgrenze und inmitten einer Rezession anders aus als während einer herkömmlichen Konjunkturdelle. In diesem Zustand – und nur in diesem – macht ein Primat der Fiskalpolitik sehr viel Sinn, weil Geldpolitik zwar nicht irrelevant ist – sie verhindert immerhin eine Deflation -, aber als Konjunkturbeschleunigung nur dann etwas leisten kann, wenn sie die Inflationserwartungen erhöht. Weder EZB noch Fed sind aber bereit, ihr diesbezügliches Mandat temporär aufzugeben. Solange man in dieser Situation keynesianische Instrumente ablehnt – egal ob aus „Glauben“ oder aus „Atheismus“ – bleibt man dann aber in der derzeitigen Situation gefangen.

In dieser Situation vorzubringen, niemand wisse wirklich was zu tun ist, weil die bisherige Politik gescheitert ist und man alternative Vorschlägen aus nicht weiter erläuterten Gründen für rein ideologisch hält, finde ich ebenso wenig überzeugend wie eine andere ökonomische Theorie anzumahnen, die man selbstverständlich außerhalb von vagen Andeutungen nicht kennt oder beschreiben kann, die aber irgendwie cool und progressiv klingt. Wir besitzen Theorien zur Beschreibung der derzeitigen Situation und zur Konezption von Lösungsinstrumenten. Diese werden, da hast Du recht, aus Glaubensgründen nicht angewandt. Aber es ist eher ein in der Politik verbreiteter (Aber-)glaube, weniger einer der Ökonomen. Obwohl es natürlich einige aus dieser Zunft gibt, die – bleiben wir mal bei Glaubensbezügen – für 30 Silberlinge gern bereit sind, politischem Aberglauben einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben.

Nixda August 5, 2013 um 09:41 Uhr

Natürlich gibt es einen dritten Weg, wahrscheinlich sogar mehrere. Aber mit den Denkmodellen der VWL wird man ihn nicht finden.

Schon die Mikroökonomie hat eine lange Liste von Voraussetzungen, unter denen sie gilt, und von denen fast keine in der Realität vorhanden ist. Das nicht-rationale Verhalten des Agenten ist nur einer von vielen Aspekten, ein anderer ist, dass die mikroökonomische Optimierung auch nur bei vollständiger Information funktioniert (und wer kennt schon den Milchpreis in jedem Supermarkt der Stadt), und die Anbieter systematisch versuchen ihr Angebot unkenntlich zu machen (Stichwort Muppetisierung), und so gar keine echte Preiskonkurrenz mehr stattfindet.

Die DSGE Modelle der Makroökoonmie wieder sind stolz auf ihre Mikrofundierung, aber erben genau deshalb ihre Defizite von der Mikroökonomie. Die Namensgebung der DSGE (E=Equilibrium) Modelle offenbart schon ihre zentrale Konstruktionsschwäche: Makroökonomische Märkte befinden sich nie im Gleichgewicht. Das gesamte Geldwesen und die Banken sind hauptsächlich aus dem Kontext entstanden, Ungleichgewichte zu ermöglichen und sie möglichst lange aufrecht erhalten zu können.

So lange die VWL ihre Denkbox nicht verlässt, und nach neuen Modellen sucht, wird sie uns immer nur die beiden Wege vorschlagen, weil ihre Modelle grosso modo nur diese beiden Wege erkennen lassen.

Eine letzte Anregung zum Thema: Produktionsfaktoren sind ausreichend vorhanden. Unsere Probleme liegen im Bereich Buchhaltung, Verteilung und (rechtlicher) Organistation der Wirtschaft. Leider ist die Ordnungspolitk auf das Thema Deregulierung reduziert worden und mittlerweile völlig verkümmert. Vermutlich liegt aber der Schlüssel genau dort, sich diesem Thema wieder differenzierter zu widmen, und dabei nicht nur einseitig der Angebotsseite zuzuhören.

Karl-Heinz Thielmann August 5, 2013 um 08:23 Uhr

Natürlich gibt es einen dritten Weg. Es gibt auch einen vierten Weg, fünften Weg usw. Ist nicht das Hauptproblem, dass die ökonomischen Pferdedoktoren immer nur eine Therapie für die verschiedensten wirtschaftlichen Probleme empfehlen, egal ob sie nun passt oder nicht? Im Mittelalter gab es Ärzte, die alles mit dem Aderlass heilen wollten. Inzwischen wissen wir, dass dies nichts nützt, sonder eher schadet, und dass man Krankheiten differenziert behandeln muss. Vielleicht sollte die Ökonomie mal aus der Entwicklung der Medizin lernen, dass man Patienten erst gründlich untersucht und dann eine individuelle Therapie verschreibt.

Comments on this entry are closed.

{ 1 trackback }

Previous post:

Next post: