P2P-Lending bald ganz groß und für Investmentprofis?

by Dirk Elsner on 14. November 2014

In meiner Kolumne für das Wall Street Journal ging es vorvergangenen Donnerstag um die Perspektiven des P2P-Lending für das Bankgeschäft. P2P-Kredite sind über Internetplattformen vermittelte Darlehen an Unternehmen und Privatpersonen, die durch eine größere Gruppe von privaten und institutionellen Geldgebern (aber gerade nicht durch Banken) vergeben werden. Das Grundprinzip hatte ich in dieser Kolumne erklärt. Eine Fundgrube für Informationen und Erfahrungsberichte sind außerdem die deutschsprachigen Blog “Lending-School” und P2P-Kredite.

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In den USA wird das in Deutschland propagierte Motto Kredite von Privat zu Privat mittlerweile übrigens sehr klein geschrieben. Nach einem Bericht des Economist kommen zwei Drittel aller via Lending Club bereit gestellten Finanzmittel mittlerweile von institutionellen Investoren, die darin eine attraktive Anlageklasse sehen. Die erst im Juli gestartete US-Plattform CircleBackLending hat gerade 500 Mio. US Dollar von der Investment Bank Jefferies für neue Kredite eingesammelt.

Die Financial Times berichtete vergangene Woche von Hedgefonds, die eigene Fonds auflegen, um sich in P2P-Kredite zu engagieren. Auf der Konferenz “Finanzdienstleister der  nächsten Generation” am vergangenen Mittwoch in Hamburg hörte ich, dass auch der deutsche P2P-Pionier Smava mittlerweile über institutionelle Gelder die Darlehensvergabe ankurbelt. Dadurch soll das bisher eher verhaltene Wachstum deutlich beschleunigt worden sein (genaue Informationen dazu habe ich aber bisher nicht gefunden). Die Financial Times berichtet darüber, dass Santander und BlackRock an der ersten eigenen Verbriefung von Peer-to-Peer-Krediten arbeiten auf Basis von Darlehen von Lending Club und Prosper (Details: FT.com Santander and BlackRock work on first rated P2P securitisations)

Forbes befürchtet angesichts des Interesses der Investmentprofis gar schon das Ende der ursprünglichen Philosophie. P2P-Lending wird mehr zu einem Geschäft der Profis. Ich sehe da kein Problem drin.

In der Kolumne skizziere ich, warum von P2P-Krediten sowohl Kreditnehmer als auch Banken und die Kreditplattformen profitieren könnten: Peer-to-Peer-Kredite werden Alltag im Banking. Trotz der zum Teil über Fachmedien verbreiteten Euphorie über dieses Geschäftsfeld, erinnere ich daran, dass sich im Vergleich zu klassischen Bankenfinanzierungen die Volumina der P2P-Plattformen weiter nur im Nanobereich bewegen. Dieses Segment im digital Finance steht daher noch ganz am Anfang der Entwicklung.

Meine Aussage ist übrigens keine Prognose, sondern eine aus der Würdigung des derzeitigen regulatorischen Umfelds im Finanzwesen abgeleitete betriebswirtschaftliche Aussage. Die Stückkosten für kleine und mittelgroße Kredite sind bei Abwicklung über P2P-Plattformen niedriger als bei der Vergabe über Banken. Das würde selbst dann gelten, wenn Banken für die Abwicklung der Darlehensprozesse die gleiche Effizienz vorweisen, wie die Plattformen. P2P-Kredite durchlaufen weder die mittlerweile endlosen Bewertungskaskaden für unterschiedliche Berichtszwecke noch verlangen sie eine Eigenkapitalunterlegung oder verschlechtern die mit Basel III eingeführten Liquiditätskennziffern Net Stable Funding Ratio und Liqudity Coverage Ratio.

Wegen der Vorteile lohnt sich für Banken eine Kooperation mit einer P2P-Plattform oder deren Kauf bzw. ggf. der Aufbau einer eigenen Plattformen, wenn das richtig gemacht wird. Für eine Kooperation müssen die Player aufeinander zugehen und die gegenwärtig noch herrschende Skepsis überwinden. Kooperationen in diesem Segment gleichen einem Gefangendilemma. Die Beteiligten profitieren hier nun voneinander, wenn sie offen und kooperativ spielen. Möglichkeiten für Defekte gibt es vor auf Seiten der Banken und der Plattformen. So könnten Banken auf die Idee kommen, nur Kredite mit fragwürdiger Bonität an P2P-Plattformen weiterzuleiten. Die Plattformen wiederum könnten die Risikoeinstufungen tendenziell schlechter darstellen, weil die Zinshöhe von der Risikoklasse abhängig ist und die Plattformen einen Teil der Zinserlöse einbehalten.

Kurz nach der Veröffentlichung meine Kolumne überraschte übrigens Lending Club mit einer Verschlechterung der von mir bisher hochgelobten Transparenz über historische Darlehensdaten der Plattform. Diese Daten nutzen vor allem institutionelle Anleger der Plattformen, um bestimmte Risikoprofile ihrer diversifizierten Kreditportfolios abbilden zu können. Lending Club hat bisher für über 6,2 Mrd. Dollar Kredite an Privatpersonen und Unternehmen vergeben. Peter Renton befasst sich auf Lend Academy mit den Details der Veränderungen und bedauert dies.

Beitrag aktualisiert am 14.11.14

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