Die Erfolgsfaktoren Innovation und Nachfolge-Management in Familienunternehmen

by Udo Stähler on 21. Januar 2015

Die mittelständischen Familienunternehmen werden belächelt und dann verwundert wiederentdeckt: zuletzt nach der drastischen Abkühlung der allgemeinen Investitionsbereitschaft in Folge der Finanzkrise als Hoffnungsträger einer gesunden Wirtschaftsentwicklung. Viele Familienunternehmen zählen zu den Besten ihrer Branche. Sie haben die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der letzten Jahre genutzt, um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Was macht diese außergewöhnliche Selbsterneuerungskraft aus? Und welchen besonderen Gefahren sind Familienunternehmen ausgesetzt?

 

Familienunternehmen sind erfolgreich, weil sie nah an den Menschen und dem Produkt werteorientiert geführt werden. Das hat mit Shareholder Value nichts zu tun. Aber viel mit Herzblut, Glaubwürdigkeit und Professionalität. Hands on ist ein erfolgreicher Management-Ansatz für ständige Innovationen wie für das Nachfolge-Management. Mitarbeiterführung und Nachfolge-Management sind neben der fachlichen Profession entscheidende Erfolgsfaktoren für erfolgreiche mittelständische Familienunternehmen. Doch gerade bei der Nachfolgeregelung beobachte ich immer wieder, dass diese Zutat im Erfolgsrezept mittelständischer Unternehmensführung nachlässig verwendet wird. Was ist zu beachten? Wann ist es Zeit, Weichen zu stellen? Schauen wir also rein in das Modell Familienunternehmen.

Die Leistungsquellen und -potenziale erfolgreicher −also werteorientiert geführter− Familienunternehmen erschließen sich weder dem traditionellen Blick der Betriebswirtschaftslehre noch der romantischen Sichtweise des Spiegel.TV; auch die systematische Definition des Instituts für Mittelstandsforschung gibt darauf keine Antwort. Die Erfolgsmeldungen über die 30 kreativsten Mittelständler, die überwiegend mittelgroße eigentümergeführte Unternehmen enthalten und die Statistik der größten Familienunternehmen, die auf den ersten 30 Plätzen über € 7,5 Mrd. Umsatz. p.a. machen, könnten einen Hinweis darauf geben, dass Unternehmenskultur und nicht ein oder zwei maßgebliche Eigentümer entscheidende familienunternehmerische und mittelständische Erfolgsgarantien sind. Da sowohl Vertreter der Unternehmensverbände als auch Politiker immer wieder von mittelständischen Unternehmen als dem „Rückgrat“ der deutschen Wirtschaft sprechen, wenn sie die Notwenigkeit besserer Rahmenbedingungen formulieren, möchte ich zunächst kurz beleuchten, was für die Volkswirtschaft quantitativ und qualitativ hinter diesem „Zauberwort“ steckt. Dann wird auch klarer, warum das Management von

Innovationen und Nachfolge Schlüsselgrößen für die Stärkung dieses Rückgrats sind. Ein Bandscheibenvorfall in einem Familienunternehmen hat Kollateralschäden über die Branche hinaus.

Alle wichtigen Untersuchungen bestätigen die Bedeutung der Familienunternehmen, die übrigens zwischen 44% und 48% des gesamtwirtschaftlichen Umsatzes erwirtschaften; die Dickschiffe darunter verzerren nicht meine Behauptung zum Erfolgsmodell mittelständischer Wertschöpfung. Sie sind mehr als Rückgrat, lernende Zellen oder Botenstoffe –um nur die wichtigsten Funktionen zu nennen− des gesamtwirtschaftlichen Produktionsprozesses. Nichtsdestotrotz hat der Mainstream traditioneller betriebswirtschaftlicher Analysen über Wettbewerbschancen, die einseitig auf die „Kapitalmarktfähigkeit“ mittelständischer Unternehmen starren, immer wieder Untersuchungen provoziert, ob Familienunternehmen nun ein Auslaufmodell oder ein Erfolgstyp sei. Zu diesen Bemühungen um Klarstellung gehören auch meine Beiträge im BlickLog zu Mittelstand und Wertschöpfung.

In der Studienreihe zu den größten Familienunternehmen in Deutschland wird ermittelt, welche Bedeutung die größten Familienunternehmen für unsere Volkswirtschaft haben. Danach haben

mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen … in den vergangenen zwei Jahren neue Produkte oder Dienstleistungen entwickelt   bzw. vorhandene verbessert. Die hohe Innovationstätigkeit zeigt sich auch in den hohen Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Spitzenreiter sind die industriellen Familienunternehmen. Drei Viertel der forschenden Unternehmen forschen kontinuierlich.

Der Industriesektor ist inklusive der industrienahen Dienstleister der wirtschaftliche Motor Deutschlands und –zumindest aktuell– auch Europas. Bei Investitionen zur Verstärkung der Innovationsfähigkeit liegen Familienunternehmen über dem Durchschnitt, doch nur ca. 50% wiedersetzen sich der allgemeinen Investitions-Zurückhaltung.

Die Stärke und Schwäche der vom Eigentümer (oder der Eigentümerin) geführten Unternehmen ist deren −meist dessen, da Frauen hier erfahrungsgemäß „kaltblütiger“ sind – Herzblut. Es tritt zum Zeitpunkt der Entscheidung als ernstzunehmende Hürde für den kontinuierlichen Unternehmenserfolg auf den Plan. Nicht der Markt sondern das Management der Unternehmensnachfolge wird zum gefährlich kritischen Erfolgsfaktor.

Trotz endloser Beratungsliteratur und unzähliger Checklisten zu diesem Themenfeld scheint es aber noch immer keine allgemeingültige Erfolgsstrategie für Familienunternehmen zu geben.

Ein Problem ist aus Sicht des Wittener Instituts, dass die Nachfolge meist als zeitpunktbezogene Übergabeentscheidung auf die Agenda gesetzt wird; das ist letztlich hemdsärmelig. Gerade bei diesem hoch emotional besetzten Thema – Gerechtigkeit, Bereitschaft abzugeben, Fähigkeiten der Kinder, Vertrauen etc.pp. –, kann es zum Verhängnis werden, wenn Tabuisierung professionelles Management ersetzt.

Die enge Verzahnung der Systeme Familie und Unternehmern kann die „zeitpunktbezogene Entscheidung“ zu einem Konfliktherd werden lassen. Bevor es brennt, muss durch eine vorübergehende externe oder extern ergänzte Geschäftsführung/operative Unternehmensleitung ein professionellen Übergang zu einer Nachfolgeregelung gebaut werden; ansonsten drohen Verschlechterung der Wettbewerbsposition, Störungen in Leitung und Leistung und strukturelle Probleme bei Umsatz, Ertrag und Finanzierung. Die externe Unterstützung setzt voraus, dass ein gemeinsames Managementverständnis und gegenseitiges Vertrauen als auch ein formales Regelwerk der Kontrolle durch die Familie festgelegt wird.

Unternehmen, die diesen Weg nicht gehen, sehe ich häufig auf den Einkaufslisten von Private-Equity-Gesellschaften. Im Kern gesunde Unternehmen verlieren durch letztlich versäumte Nachfolgeregelungen und/oder Finanzierungslösungen an Wert und sind dann natürlich doppelt interessant für Finanzinvestoren: zu einem Einstand „unter Wert“ werden Unternehmen erworben, die bereits „zum Wert“ eine vielversprechende Eigenkapital-Rendite gehabt hätten; der Übergang innovationsstarker Unternehmen aus der Hand der Familie an den Investor ist vermeidbar. Andererseits: das Unternehmen, das sich in diese Situation gebracht hat, kann ich zu einem strategischen Investor nur beglückwünschen. Die Handlungsoptionen opportunistischer Investoren, die nicht zwangsläufig die Zerschlagung des Unternehmens sein müssen, sind nicht Gegenstand dieses Beitrages.

Gerade weil Familienunternehmen ein Erfolgsmodell ist, können sie i.d.R. auch bei einer gescheiterten Unternehmensnachfolge – von einem strategischen Investor –  erfolgreich saniert werden.

 

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Udo Stähler ist Diplom Volkswirt und Interim Manager, der über 25 Jahre in leitenden Funktionen im Firmen- und gewerblichen Immobilienkundengeschäft von Bankkonzernen, zuletzt bei einem Property und Asset Manager, tätig war. Er ist Partner der High Professionals und der RE² Real Estate Executives.

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