Trügerische Stabilität an den Aktienmärkten oder regieren die hartgesottenen Insider?

by Dirk Elsner on 25. September 2008

Ich bin nach wie vor verwundert, wenn ich auf den DAX schaue. Seit Montag pendelt er beharrlich zwischen 6.000 und 6.100 Punkten. Während ich diesen Artikel verfasse, überschreitet er sogar deutlich die 6.100-Marke. Seit vergangenen Freitag sind zwar im Prinzip keine neuen Hiobsbotschaften dazu gekommen, entspannt hat sich die Lage aber nicht.

In den USA ringen Notenbankchef und Finanzminister mit Kongressabgeordneten um die Details des Rettungsplans. Die Warnung von US-Präsident Bush vor „dramatischen Konsequenzen in der schwelenden Finanzkrise“ werden weniger Ernst genommen als das positive Signal, das vom Einstieg der Investorenlegende Waren Buffett bei Goldman Sachs ausgeht. In Deutschland gibt es keine wirklich Klarheit über die Betroffenheit deutscher Banken. Immer häufiger ist von Aussagen zu Bremsspuren der Finanzkrise in der Realwirtschaft zu lesen. Gerade hat auch der Finanzminister, Peer Steinbrück, die Bürger in Deutschland auf Auswirkungen eingestimmt. In seiner Regierungserklärung spricht er von niedrigere Wachstumsraten und ungünstigerer Entwicklung auf den Arbeitsmärkten. Die Preise an den Rohstoffmärkten schwanken erratisch und der Einbruch des Dollars deutet auf einen Vertrauensentzug gegenüber den USA hin.

Mit Ausnahme des Einstiegs von Buffett beschwören alle anderen Botschaften eher die Unsicherheiten bzw. die negativen Auswirkungen. Also, warum bleiben die Kurse so stabil?

Andre Kostolany würde sich wahrscheinlich wie folgt der Frage nähern:

„Die große Frage besteht also darin, in welchen Händen die große Masse der Papiere liegt. Besitzen die Hartgesottenen den größten Teil der Aktien, ist die Börse – sogar wenn die Nachrichten ungünstig ausfallen – zu einer Aufwärtsbewegung bereit. Wenn eine gute Nachricht eintrifft, explodiert sie sogar. Ist jedoch das Gros der Papiere in den Händen der Furchtsamen, kann es schon bei der ersten schlechten Nachricht zu einem Debakel kommen.“

Aktuell scheint dies eines der wenigen, wenn auch nicht überprüfbaren, Argumente zu sein, um die Stabilität in dieser Woche zu erklären. Die Aktien befinden sich zur Zeit in den Händen der Hartgesottenen. Die Zittrigen sind alle bereits ausgestiegen und halten sich fern von den Börsen. Zufriedenstellend ist diese Erklärung jedoch nicht.

Analysten und Börsenhändler würden aktuell antworten, dass alle bisherigen Negativmeldungen in den Kursen bereits eingepreist sind und die Börse nur dann negativ reagiert, wenn weitere „echte“ Negativmeldungen veröffentlicht würden. Diese Argumentation basiert im Prinzip auf der Effizienzmarkthypothese, nach der vorhandene marktrelevante Informationen, dazu gehören öffentlich zugängliche Informationen aber auch Insiderinformation, bei der Preisbildung berücksichtigt sind.

Die öffentlich zugänglichen Informationen sind eher negativ oder verringern aktuell nicht die Unsicherheit. Bereits vor zwei Tagen hatte ich hier meine Einschätzung aufgeschrieben, dass wir mehr externe Schocks durch Erwartungsänderungen, Ausfall wichtiger Schuldner, Vermögensentwertungen, erratische Schwankungen an Geld-, Kapital- und Rohstoffmärkten haben als bei den Börseneinbrüchen 1987, 1998 und 2001 zusammen.

Da die Kurse an den Märkten aber stabil sind oder wie heute Vormittag sogar stark steigen, liegt die Vermutung nahe, dass die öffentlich nicht zugänglichen Informationen ein besseres Bild der Lage zeichnen. Daraus jetzt die Schlussfolgerung zu ziehen, die Insider, wer auch immer dazu gehören mag, wissen, dass es nicht so schlimm kommen wird, käme schon fast einer Verschwörungstheorie gleich.

Dennoch, wer heute z.B. Aktien kauft, der handelt nur rational, wenn er im Rahmen seines Anlagehorizonts mit einer positiven und risikoadäquaten Verzinsung seines Kapitaleinsatzes rechnet, dies gilt auch für Spekulanten. Sprich, Engagement am Aktienmarkt werden nur eingegangen, wenn aus Dividenden und Kursgewinnen ein positiver Barwert des Investments erwartet werden.

Es wäre interessant zu wissen, wer aktuell auf der Käuferseite steht. Vielleicht ließen sich daraus Rückschlüsse ziehen, über welche Informationen diese Personen verfügen.

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