Kann Geithners Bad-Bank-Plan die Krise toxischer Wertpapiere beenden?

by dels on 23. März 2009

Heute will US-Finanzminister Timothy Geithner endlich die lang ersehnten Details bekannt geben, wie das Problem der “toxischen” Wertpapiere auch operativ gelöst werden kann. Seine Ankündigungen im Februar hatten die Finanzmärkte nicht verstanden und seine Äußerungen mit erheblichen Abschlägen quittiert. Ob das in dieser Woche anders sein wird, ist allerdings offen. Auch wenn der grobe Rahmen schon lange bekannt ist, könnten die Details die Kapitalmärkte wieder überfordern und einen weiteren Kursabschwung einleiten.

Im Kern geht es um die Bewertung der “verseuchten” Wertpapiere. Dabei muss man wissen, dass die Papiere im Prinzip wegen ihrer komplexen Konstruktionen schwerer zu bewerten sind als viele andere Wertpapiere. Theoretisch betrachtet sind diese Papiere nicht verseucht, sondern wie andere Finanzinstrumente auch zu bewerten. Kern des Probleme ist aber, dass nicht die Papiere, sondern der Markt für diese Papiere verseucht ist und bei großen Geld-Brief-Spannen kaum Umsätze getätigt werden.

Dies führt bei den Finanzinstituten zu einem doppelten Bewertungsproblem.

1. Zu Hohe Abschreibungen auf den Handelsbestand

Im Handelsbestand müssen die Papiere auf den Marktwert abgeschrieben werden. Die Marktwerte werden entweder anhand von Marktpreisen oder wenn diese nicht vorhanden sind auf Basis von Marktparametern ermittelt. Dafür gibt es z.B. spezielle Dienstleister, wie ValuePrice, die eine “marktgerechte Bewertung sämtlicher illiquider und komplexer (derivativer) Finanzinstrumente” anbieten.

Die Banken hier bereits hohe Abschreibungen vornehmen müssen. Aus Gründen, die ich in anderen Beiträgen schon ausführlich dargelegt habe (siehe z.B. hier), bin ich der Auffassung, dass hier die Abschreibungen möglicherweise zu hoch ausgefallen sind.

2. Zu niedrige Abschreibungen auf Anlagebestand

Für die Anlagebücher der Banken gelten andere Bewertungsregeln. Hier ist man nicht an die Marktbewertung gebunden und muss nicht auf niedrige Marktwerte abschreiben. Hier schlummern allerdings auch gewaltige Risiken, weil die Banken ein großes Geheimnis um die Bewertung ihrer Kreditderivate machen. Hier ist nicht ausgeschlossen, dass es noch weiteren Abschreibungsbedarf bei Banken und Versicherungen gibt.

Zum Vorschlag der US-Administration

Die bisher bekannt gewordenen Informationen zum Vorschlag der US-Administration sind nach meiner Auffassung konzeptionell rund und basieren auf der Grundlage, dass die toxische Assets nicht so toxisch sind, wie dies stets behauptet wird. Die US-Administration vertritt hier die Auffassung, dass die toxischen Wertpapiere mehr wert sind als ihre aktuellen Marktwerte. Natürlich ist die Bewertung der toxischen Assets ein Riesenproblem, wie gestern erst Paul Krugman in seinem Blog dargestellt hat.  Niemand erwartet, dass ausgerechnet staatliche Stellen diese besser bewerten können als Banken oder professionelle Dienstleister wie ValuePrice.

Die USA-Administration will den Verkauf dieser Assets an Investoren erleichtern, in dem sie eine Art Floor oder weitere Anreize bietet. Im Vorfeld ist die Rede von Public-Private-Funds, die die toxischen Papiere ersteigern sollen. Dazu soll, so schreibt die New York Times, die Finanzierung von der amerikanischen Einlagensicherung (FDIC) unterstützt werden. Die FDIC will diesen Fonds angeblich 85% der Mittel leihen zum Kauf der Assets.

Der Weg, den nun die US-Regierung gehen will, könnte die richtige Antwort auf diese Bewertungsfrage. Wenn die Einschätzung nämlich richtig ist, dass viele toxische Papiere stark unterbewertet sind, dann lohnt sich der Kauf dieser Instrumente. Und tatsächlich gibt es immer mehr institutionelle Investoren, die hier zugreifen. So gibt es eine Reihe von Fonds, die sich auf den Kauf von Asset Backed Securities spezialisiert haben. Und gerade erst hat die Deutsche Bank einen ABS-Fonds aufgelegt (Details hier).

Flankierende Maßnahmen zur Stabilisierung

Zusätzlich werden die in den toxischen Wertpapieren verbrieften Forderungen sicherer gemacht durch Kapitalspritzen für Banken und Hilfen für Immobilienbesitzer sein. Das Riesenkonjunkturprogramm könnte außerdem dafür sorgen, dass die Fähigkeit, Schulden zu tilgen, wieder zunimmt.

Ich halte den Plan weiterhin für das bisher intelligenteste Konzept zur Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise. Er zeigt, dass die US-Administration sich intensiv mit der Funktionsweise der Finanzmärkte und dem Verhalten ihrer Akteure auseinandergesetzt hat. Sie will die Finanzmärkte nicht bekämpfen, wie sich das einige wünschen, sondern mit Methoden des Marktes lösen. Sie zwingt aber die Finanzmärkte nun endlich Verantwortung zu zeigen. Dazu hilft sie den Gestrauchelten auf die Beine. Gehen müssen sie aber allein.

Hier soll nicht verschwiegen werden, dass es auch eine Reihe von Kritikern gibt, die Ecolot hier in der Presseschau für das Handelsblatt zusammengefasst hat. Diesen Kritiken ist gemeinsam, dass sie Bestandteile des Plan bemängeln, jedoch keine Alternativen aufzeigen.  Da es keine Wirkung ohne eine Gegenwirkung gibt, bedarf es überhaupt eines Plans, der den Finanzmärkte wieder eine Richtung gibt. Der Plan selbst ist dabei im Zweifel ohnehin nachgeordnet. Viel wichtiger ist ein davon ausgehender positiver psychologischer Effekt.

Nun noch einmal zur Frage in der Überschrift: Kann Geithners Bad-Bank-Plan die Krise toxischer Wertpapiere beenden? Yes, he can.

Weitere Informationen und Berichte

Brad DeLong, US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler an der University in Berkeley hat auf seinem Blog eine FAQ-Liste zum Geithner-Plan zusammengestellt. Die Frage, was passiert, wenn der Plan nicht aufgeht, stellt DeLong nicht. Im Eschatonblog ist dafür ein Antwortvorschlag zu finden.

Obama enthüllt neue Finanzarchitektur

FAZ: Geithner legt Plan für giftige Wertpapiere vor

NYT: Toxic Asset Plan Foresees Big Subsidies for Investors

HB: Geithners sinnvoller Doppelschlag

Time: Treasury’s Toxic Asset Plan to Cost $1 Trillion?

Spon: Obama plant den Befreiungsschlag

FTD: USA krempeln Finanzsystem um

Bloomberg: Geithner Puts Finishing Touches on Plan to Revive U.S. Banks

Spon: Bankenkrise: US-Regierung will Kontrolle über Finanzinstitute ausweiten

FTD: Schrott ist nicht gleich Schrott

WSJ: U.S. Sets Plan for Toxic Assets

Vox: Reorganise the banks by focusing on the liabilities, not the assets

CWD: Does the FDIC have enough money?

Vox: Resolving the banking crisis: Should we follow Sweden’s example?

Der Blick Log hat hier eine Seite mit vielen weiteren Artikeln zu den “bad bank assets” zusammengestellt.

Comments on this entry are closed.

Previous post:

Next post: