Warum Gläubiger von GM ein Interesse an der Insolvenz haben

by Dirk Elsner on 28. Mai 2009

Auch wenn mich persönlich der Rummel um Opel und GM nachhaltig nervt und ich der Auffassung bin, dass die Bundesregierung hier eindeutig falsche Prioritäten setzt, wird der Fall GM/Opel doch ein spannendes Lehrstück für künftige Managementbücher werden. Ein Kapitel dieses Lehrstücks gebührt dem Management des Interessengeflechts (siehe dazu die aktualisierte Mindmap). Eine Gruppe der Einflussnehmer hat gestern für besondere Furore bei General Motors gesorgt, nämlich die US-Gläubiger von GM. Die haben nämlich ein Angebot zum Schuldenverzicht abgelehnt. Das Handelsblatt schrieb dazu:

“Die Zustimmung unter den mehreren zehntausend Kreditgebern sei bei weitem niedriger gewesen als zur Annahme nötig, teilte GM am Mittwoch am Konzernsitz in Detroit mit. Der Hersteller steht bei den Gläubigern mit rund 27 Mrd. Dollar in der Kreide und bot ihnen zuletzt im Tausch zehn Prozent am Konzern an.

Mit der Ablehnung des Plans macht das Unternehmen einen großen Schritt hin zum Chapter 11-Verfahren. Kaum beachtet wird in den Pressebeiträgen zu GM, warum die Gläubiger eigentlich so gehandelt haben und sich nicht auf den Debt-To-Equity-Swap eingelassen haben. Über einen wesentlichen Grund hatte egghat schon vor vier Wochen in seinem Blog geschrieben: Es sind die Kreditausfallversicherungen der Gläubiger, die in den sogenannten Credit Default Swaps verbrieft sind (siehe hier zum 1×1 der Kreditderivate und hier speziell zu Credit Default Swaps=CDS). Egghat schrieb damals zu den CDS auf GM-Forderungen:

“Mit diesen Credit Default Swaps schließt man eine Kreditausfallversicherung ab. Das heißt im Fall einer Pleite zahlt mir die Versicherung den Ausfall. Das läuft technisch etwas komplexer ab, aber diese Details sind jetzt nicht so wichtig.  Wichtig ist nur: Jeder, der einen CDS auf die GM-Bonds abgeschlossen hat, ist es bei einem Kurs von 100% egal, ob die Anleihe ausfällt oder nicht. Liegt der Kurs allerdings unter 100% und ist das Umtauschangebot auch auf diesem niedrigen Niveau kalkuliert, hat er kein Interesse, die Firma zu retten. Im Gegenteil: Für den per CDS-abgesicherten GM-Anleiheeigner ist die Insolvenz sogar interessanter, weil er dann nahezu sofort 100% bekommt. Ohne langes Warten, ohne weiteres Risiko.

Man kann das vergleichen mit einer Vollkasko-Autoversicherung, die keinen Schadensfreiheitsrabatt kennt und immer den Neuwert eines Autos auszahlt. Gäbe es eine solche Versicherung, würden auch alle ihr Auto alle paar Jahre frontal vor die Wand fahren. Und sich dann mit dem Geld ein neues Auto kaufen.

Genau das ist ein CDS: Die Insolvenz abzuwarten, ist weder Betrug noch zieht sie irgendwelche Konsequenzen nach sich (also eine höhere Prämie für die nächste Versicherung).”

Bei Eintritt eines vorher definierten Kreditereignisses findet also eine Ausgleichszahlung in Höhe der entstandenen Verluste (Cash Settlement) statt. Ein solches Kreditereignis ist die Insolvenz. Pech allerdings, dass nicht alle Gläubiger mit CDS abgesichert sind. Es werden aber so viele gewesen sein, dass sie die notwendige Mehrheit von 90% Zustimmung (siehe dazu hier in der NYT) zur Restrukturierung der Verbindlichkeiten verhindert haben.

Über die Höhe der abgesicherten Gläubiger wird nun spekuliert: Nach einer Meldung von Indexuniverse.com, die wiederum auf Reuters verweisen, sollen 2,33 Mrd. US$ Forderungen allein über die “Depository Trust & Clearing Corp.” ausgezahlt werden. Dazu werden sich wohl noch einige weitere in anderer Weise abgesicherte Forderungen gesellen, so dass die 10%-Marke überschritten wurde.

Damit ist klar, für einen Teil der Gläubiger ist die Insolvenz lukrativer als der Tausch von Forderungen in Aktien.

David Mai 31, 2009 um 11:29 Uhr

Schade das immer so ein riesen wirbel um die großen Firmen gibt.
Und wenn ein kleiner oder mittelgroßer Betrieb problme hat – ist es allen egal und da Interressiert auch keinen wenn es 40 Arbeitslose mehr gibt. Aber wenn man eine gute Unterstützung für 1000 kleine Betriebe anbieten würde könnte man ebenso sehr viele Arbeitsplätze sichern – und diese würden dann auch verantwortungsvoller mit dem Geld umgehen. Vorallem gibt es dort auch keine Manager die Absurde summer abkassieren.

Ingo Mai 29, 2009 um 09:06 Uhr

Das was da im Moment abgeht ist doch kaum zu glauben! 300 Mios mehr, einfach so… Wenn in diesem Jahr keine Wahlen wären, würde der Opel so oder so gegen die Wand gefahren.

Joerg Mai 28, 2009 um 15:14 Uhr

Das wird dann wohl wieder mal AIG respektive der amerikanische Steuerzahler bezahlen müssen. Eigentlich eine „geniale“ Erfindung der Finanzbrache jedes Problem auf diese Weise automatisch dem Steuerzahler aufzuhalsen.

dels Mai 28, 2009 um 15:31 Uhr

Nee besser,
Auch einer der Berater von Obama, nämlich Steven Rattner, muss lt. Bloomberg zahlen. Quelle hier.

„Rattner, co-founder of Quadrangle Group LLC, also sold guarantees of as much as $15 million on a credit-default swaps index tied to the secured debt of 100 companies, including General Motors Corp.’s senior secured loans, the filing shows. „

Ulf Mai 28, 2009 um 01:36 Uhr

Die CDS Emittenten werden sich garnicht freuen.

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