Eine Frage zur Bilanz der Commerzbank: Wie schlimm war es wirklich vor einem Jahr?

by Dirk Elsner on 24. Februar 2010

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Investors Relation der Commerzbank

Die Commerzbank hat gestern ihren vorläufigen Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2009 präsentiert und damit offenbar viele  Beobachter irritiert. Das Institut verfehlte die Erwartungen der Anleger und hat mit einem düsteren Ausblick 2010 noch mehr verunsichert. Auf der heutigen Bilanzpressekonferenz interessiert den Blick Log angesichts der vorgelegten Daten daher nur die Frage, wie schlecht ging es eigentlich der Commerzbank vor einem Jahr, wenn trotz Erholung insbesondere der verbrieften Forderungen (vulgo “toxischen” Wertpapiere) zum Jahresende 2009 laut Medienberichten noch weitere Wertberichtigungen auf diese Bestände vorgenommen werden mussten?

Die Bewertungen “toxischer” und natürlich vieler anderer Papiere haben sich seit dem März vergangenen Jahres dank der zahlreichen Stabilisierungsmaßnahmen deutlich erholt. Institute wie Goldman Sachs oder die Deutsche Bank haben davon profitiert. Die Commerzbank dagegen musste zum Jahresende trotz dieser Wertaufholung weitere Abschreibungen vornehmen. Das erstaunt. Es ist kaum vorstellbar, wie schlecht das Ergebnis hätte ausfallen müssen, wenn es diese Werterholung seit März 2009 nicht gegeben hätte.

Die Commerzbank ist übrigens nicht allein. Auch die Postbank und die französischen Großbank Société Générale litten unter Abschreibungen auf forderungsbesicherte Anlagen (siehe dazu Bankbilanzen-Jojo), insbesondere auf Collateral Debt Obligations (CDOs). Auch hier wagte niemand die Frage, wie schlecht es diesen Instituten vor einem Jahr wirklich gegangen ist und wo sie heute stehen würden, wenn es die Erholung an den Finanzmärkten nicht gegeben hätte.

Ein geringer Trost dürfte sein, dass die schlechten Zahlen der Commerzbank wohl vorwiegend der konsolidierten Dresdner Bank zuzurechnen sind. Der “Markt” hatte damit gerechnet und bereits die Aktie der Commerzbank nach der Kaufbekanntgabe bestraft und Recht behalten.

In der Veröffentlichung vor einem Jahr enttäuschte die Bank mit ihren Angaben zu verbrieften Forderungen und schrieb lediglich:

“Für die CDO- und RMBS-Portfolien mit Subprime-Bezug hat sich im Geschäftsjahr 2008 ein Wertminderungsaufwand von 501 Mio Euro vor Steuern ergeben. Details zur Bilanzierung und Bewertung der Kreditersatzgeschäfte (ABS-, CDO- und RMBS-Portfolien) sind der Note 5 unseres Geschäftsberichts zu entnehmen.”

In den entsprechenden Notes des Jahresabschlusses (S. 195 ff.) schrieb die Commerzbank u.a.:

“Weiterhin bestehen Schätzungsunsicherheiten bei aktiven latenten Steuern, der Risikovorsorge im Kreditgeschäft und der Fair Value-Ermittlung, insbesondere bei der Bewertung von CDO/RMBS. Ein Vermögenswert wird in der Bilanz angesetzt, wenn es wahrscheinlich ist, dass der künftige wirtschaftliche Nutzen dem Unternehmen zufließen wird und wenn seine Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder ein anderer Wert verlässlich bewertet werden können.”

Fairerweise müsste man nun noch auf weitere Erläuterungen in den Notes hinweisen. Gleichwohl ändern die Feinheiten der Bilanzierungsmethodik nichts am Sachverhalt, dass zum damaligen Zeitpunkt viele der in den Portfolios der Banken (und somit auch in dem der Commerzbank) bilanzierten ABS-, CDO- und RMBS-Portfolien nach marktüblichen Bewertungsverfahren deutlich weniger wert waren als am Jahresende 2009. Wenn dann zum Jahresende trotzdem noch abgeschrieben wird, bedeutet dies im Umkehrschluss, diese Portfolien waren im Durchschnitt Ende 2008 noch weniger wert als vor einem Jahr bilanziert.

Immerhin beantworten die Überlegungen hier eine Frage, die diesen Blog seit Herbst 2008 beschäftigte: Warum schweigen die Banken? Den meisten Instituten muss es deutlicher schlechter gegangen sein, als man in der Öffentlichkeit angenommen hat. Da war es damals vermutlich geschickter, den Mund zu halten, um Öffentlichkeit und Investoren nicht noch weiter zu verunsichern.

Anoym Februar 24, 2010 um 22:42 Uhr

Ob die Kritik an das Controlling so richtig ist bin ich mir nicht sicher. Mit den Bankmanager vielleicht schon. Auf jeden Fall habe ich herzlich gelacht über das neue Lernprogramm für Bankdirektoren was die FED letztens online stellte (habe den link eben nicht zur Hand).

Die massive Abwärtsspirale von der Funktionsweise bei SF-Produkten hatte mehr mit 1987 zu tun als man in der Öffentlichkeit erfasst. Es gab Trigger in Vertragswerken die Sicherheit vergaukelten, aber nicht die mikrostrukturelle Verhandlungssituation antizipierten. Ein Traum für Predator-Strategien.

enigma Februar 25, 2010 um 13:38 Uhr

Ich bin mir, in dem Sinne der Ursachenzurechnung, auch nicht so sicher, aber es ist m.E. angemessen, die Struktur der Entscheidungsfindung innerhalb von Banken nicht ausschließlich auf der obersten Ebene zu suchen. Immerhin sind ja die Controller diejenigen, welche die sogenannten Sachzwänge aufbereiten und präsentieren. Und jeder Referent weiß, daß eine gut ausgearbeitete und als unabdingbar dargestellte Entscheidungsvorlage schon die halbe Entscheidung ist.

An dem Lernprogramm wäre (wahrscheinlich nicht nur) ich interessiert. Falls der Link noch aufzutreiben wäre: besten Dank im voraus!

enigma Februar 24, 2010 um 08:04 Uhr

OT?

Warum schweigen die Banken? Das Thema war mal beim Herdentrieb ausführlich besprochen und zwar unter dem Stichwort „Bilanzrezession“! Darum geht´s einerseits! Warum? Weil die selbstdefinierte Basel und Bafin Klemme die Banken seit eineinhalb(?) Jahren unter Existenzdruck setzt.

Andererseits hat das nichts mit dem normalen „realen“ Kreditvergaberisiko zu tun, sondern damit, daß „Renditezwänge“ die Banken (Banker) dazu verleitet hatten, über die – vom Bauchgefühl gesteuerte – Risikoebene hinauszuschießen.

Warum war das so: die hirnlosen Controller haben „gelernt“ (das ist eigentlich eine contradictio in adjecto), daß ihr Dasein daran hängt, immer höhere Forderungen an die Geschäftsleitungen weiterzugeben, die sie irgendwie als das Eigeninteresse der Geschäftsleitungen verkaufen konnten. Die damit zum Erfüllungsgehilfen des mainstream gesteuerte „shareholder value“ degradierte Geschäftsleitung hat das wiederum unsinnigerweise zum Anlaß genommen, Controllern zu GLAUBEN! Ergebnis: die Geschäftsleitung hat denjenigen, die vom Geschäft Ahnung haben, Vorgaben erteilt, die zwar aus irgendwelchen Charts ableitbar sind, aber nicht aus dem REALEN Geschäftsbetrieb. Und daraus leitet sich auch meine These ab:

Die (verantwortlichen) Bankmanager haben zur Zeit alle Hände voll damit zu tun, das in ihren eigenen Häusern überhand nehmende Controllerwesen auf ein erträgliches Maß herunterzudrücken. Soll heißen, die Manager sind anscheinend nicht mehr Herr in ihrem Haus (und wahrscheinlich von diesen Controllern auch erpreßbar)!

Und jetzt das Schweigen: welcher Banker kann sich denn noch trauen, Controller auf das ihnen gebührende Maß zurückzuschneiden? Früher hießen diese albernen Normdefinierer Buchhalter und hatten damit eine sinnvolle Aufgabe! Heute sind sie nur noch die Bluthunde eines falsch verstandenen Kapitalismus! Na gut, das haben sich die „Manager“ auch selbst eingebrockt, ha – von wegen Manager. Die Manager werden von Controllern „gemanagt“!

Vielleicht ist dieses Land noch Deutschland. Dann ist es möglicherweise noch nicht zu spät, daß der UNTERNEHMER irgendwie noch eine Chance bekommt (die er sich selbst GEGEN die Controller erarbeiten muß).

Immerhin: Klaus Schwab vertritt die STAKEHOLDER Version einer GESELLSCHAFT!

(Wer meint, das sei eine Glosse, dann sei es so!)

Anoym Februar 24, 2010 um 08:02 Uhr

Fast alle, nein Alle SF-Produkte hatten in 2009 ein Markttief, weil es zu Notverkäufen bzw Liquidationen von Investoren-Portfolios kam. Selbst der IFRS-Board vertritt mittlerweile dass solche Schnäppchenpreise nicht zur Bewertung herangezogen werden sollen.

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