Bankbilanzen-Jojo zeigt nun nach unten trotz blendender Zahlen

by Dirk Elsner on 20. Januar 2010

Die Bankbilanz-Saison ist eröffnet (Überblick vom Handelsblatt als Galerie hier) und hat bei bisher durchwachsenen Zahlen für das vergangenen Jahr die Stimmung an den Finanzmärkten verhagelt. Den “Märkten” wird nun bewusst, dass die guten Abschlüsse weniger der Leistungsfähigkeit des Investmentbankings zu verdanken sind, sondern des von Regierungen und Notenbanken mit viel Geld gestützten Relaunchs der Weltwirtschaft.

Fachpresse und andere Beobachter weisen laufend darauf hin, dass die Finanzkrise noch längst nicht ausgestanden ist. Ich teile diese Auffassung. Die Angst vor dem Einbruch der der Banken besteht weiterhin. Die Informationsmärkte handeln dabei viele potentielle Auslöser für einen Rückschlag.

Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werden wir für das gerade begonnene Geschäftsjahr für viele Institute nicht die Ergebnisse sehen, die nun für 2009 eintrudeln. Die Gründen liegen auf der Hand. Neben den Länder-, Unternehmens- oder sonstigen Risiken, über die viel zu lesen ist, spielt das Bankbilanz-Jo-Jo eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Die Prämien zur Absicherung von Kreditrisiken erreichten Anfang 2009 aufgrund der irrational hohen Unsicherheit sowohl für Banken als auch für Unternehmen nie gesehene Rekorde. Diese Risikoprämien waren maßgeblich für die Bewertung großer Bilanzteile, für die es keinen Marktwert (mehr) gab. Viele Banken schrieben, soweit sie dies verkraften konnten, ihre Vermögensbestände möglichst noch rückwirkend zum Ende des Geschäftsjahres 2008 ab (siehe auch “Wie die Banken sich schlecht rechnen”). So konnten sie in 2009 von der vom Blick Log schon im Januar 2009 erwarteten Markterholung bei den Kreditderivaten profitieren. Letztlich war das Bilanz-Jojo Ende 2008 bis zum Abreißen ausgefahren.

In der Folge spulte sich das Jo-Jo wieder auf. Aber bereits Ende September letzten Jahres hatte ich ein Fragezeichen hinter der Nachhaltigkeit der Erholungsentwicklung gesetzt und dies im Oktober erweitert. Leider legen Banken ihre Bewertungsdetails nicht offen, so dass keine Aussagen über den Umfang der Zuschreibungen auf in 2008 abgeschriebene Assets vorliegen. Es gibt aber genügend Hinweise darauf, dass diese Zuschreibungen ihr Ende erreicht haben. Dazu reicht ein Blick auf die bewertungsrelevanten Kreditrisikoprämien. Die Hausse ist hier nämlich längst zu Ende. Das Jo-Jo pendelt wieder nach unten.

Weitere Probleme mit toxischen Altlasten

Es ist nahezu lächerlich, wie dies die Citigroup gestern getan hat, Staatshilfen als Grund für hohe Verluste anzugeben (siehe dazu auch Bloomberg: Citigroup Loses $7.6 Billion on Costs to Repay Bailout Funds). Vielmehr ist es erstaunlich bzw. erschreckend, dass trotz nachhaltiger Erholung 2009 immer noch Banken Probleme haben mit toxischen Altlasten. Dazu gehören bekanntlich die Postbank und die französischen Großbank Société Générale. Beide leiden nach eigenen Angaben weiter unter Abschreibungen auf forderungsbesicherte Anlagen, insbesondere auf Collateral Debt Obligations (CDOs). Kaum jemand wagt außerdem zu fragen, wie schlecht es diesen und anderen Instituten vor einem Jahr wirklich gegangen ist und wo sie heute stehen würden, wenn es die Erholung an den Finanzmärkten nicht gegeben hätte.

Wirklich Antworten werden wir von den Banken wohl nicht auf die Fragen bekommen. Sie üben sich “weiter in wohlgefälliger” Intransparenz und Zurückhaltung. Laufen die Zahlen gut, dann werden wir selbstverständliche eine ausführliche Sachverhaltsdarstellung bekommen. Fallen die Zahlen wie erwartet schlechter aus, dann wird es wieder ruhig, hoffentlich nicht so ruhig, wie vor einem Jahr. Rückwirkend betrachtet standen wir offenbar viel näher vor dem finanziellen Armageddon, als damals gedacht (siehe dazu auch “Weltwirtschaft war viel dichter am Abgrund als gedacht”).

Und ohnehin sollte man sich von den Abschlüssen der Top-Institute nicht blenden lassen, denn etwa die US-Bankenlandschaft ist tief gespalten, wie das Handelsblatt feststellte:

“Gut ein halbes Dutzend Großbanken hat – angeführt von Goldman Sachs und JP Morgan – in den ersten neun Monaten 2009 mehr als 50 Milliarden Dollar Gewinn gemacht. Dem steht das Gros der über 8 000 mittleren und kleinen Banken gegenüber, von denen 140 im letzten Jahr in die Insolvenz schlitterten. Beide Gruppen sind hart von Ausfällen bei Kreditkartendarlehen und Hypotheken getroffen. Allerdings konnten die Dickschiffe der Wall Street dies dank der niedrigen Leitzinsen sowie der Hilfen von Staat und Notenbank mit Kapitalmarktgewinnen mehr als wettmachen. Die kleinen Häuser wurde hingegen von der Rezession voll getroffen.

Probleme rollen auf die Banken vor allem in Form von neuen Verwerfungen bei Gewerbeimmobilien zu. Weil durch die Wirtschaftskrise Hotels, Shoppingmalls und Bürogebäude schlechter ausgelastet sind und die Mieten sinken, können die Betreiber immer öfter ihre Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen. Im Dezember stieg dadurch die Ausfallquote für in Anleihen verpackte Gewerbeimmobilienkredite (CMBS) nach Auswertungen des Datendienstleisters Trepp auf den Rekordwert von 6,1 Prozent. Höhere Kreditausfälle bedeuten höhere Abschreibungen oder Rückstellungen. Erwartet wird, dass der Anstieg der Ausfallraten frühestens im Laufe des zweiten Halbjahres ihren Höhepunkt erreicht. Weitere Bankenzusammenbrüche sind also zu erwarten. Derzeit stehen 416 Institute auf der Problembankenliste der Einlagesicherungsbehörde FDIC.”

Bleibt zu hoffen, dass es nach den veröffentlichten Jahresabschlüssen nicht so schlimm wird, wie mein Bauchgefühl ahnen lässt (kritisch auch Marshall Auerback in So what are banks for, anyway?). Hilfreich wäre es, wenn sich die Banken dazu durchringen könnten, offener und klarer zu kommunizieren. Dazu gehört es, Schieflagen, für die möglicherweise die Steuerzahler haften, nicht weiter zu verschleiern, sondern offensiv mit Handlungsmaßnahmen dagegen zu steuern. Noch hilfreicher wäre es, wenn die Banken durchstarten und sich aus der selbst verursachten Defensive, die jüngst Oliver Stock im Handelsblatt pointiert kommentiert hat, hieven. Vorschläge dazu gibt es hunderte, auch in diesem Blog.

Berichte

US-Banken: Bank of America verbucht wegen Rückzahlung Milliardenverlust

NYT: Bank of America Posts Loss for Year and Quarter

HB: Citigroup mit ernüchternden Zahlen

HB: US-Großbank JP Morgan macht kräftig Kasse

Tiroch März 14, 2010 um 10:22 Uhr

Mit blendenden Zahlen will man das Volk blenden. Getürkte Bilanzen rechtlich geschützt deutet auf einen Finanzmisthaufen hin, der das nicht Wert ist, was auf dem Papier steht.

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