Gedankenspiele zur Eigenkapitalfinanzierung 2.0: Vorüberlegungen

by Dirk Elsner on 8. März 2010

image In dem Beitrag vor zwei Wochen hat sich der Blick Log mit der “zähen Praxis der Eigenkapitalbeschaffung mittelständischer Unternehmen” beschäftigt. Darin ging es vor allem darum, wie schwer die Beschaffung von Kapital kleinerer und mittlerer Größenordnungen für viele Unternehmen im Alltag ist. Andererseits steht viel Kapital für Beteiligungszwecke zur Verfügung und sucht Anlagemöglichkeiten jenseits von Börsen und vor allem abseits des grauen Kapitalmarktes.

In der Wirtschaftspraxis sehe ich häufig gerade für mittelständische Unternehmen diese Lücke, die es in der neoklassischen Welt der Wirtschaftstheoretiker nicht gibt. Dort finden Kapitalbedarf und –angebot auf einem transparenten Markt stets zusammen, wenn das Rendite-Risikoverhältnis stimmt. Wir wissen, dass die Praxis vollkommen anders aussieht.

Der Praxis hilft keine theoretische Diskussion. Der Zugang zu eigenkapitalnahen Mitteln lohnt sich je nach Risiko und Informationsbedarf erst ab einem Betrag von etwa 500 T€ bis 1 Mio, professionelle Beteiligungsunternehmen fangen oft erst ab einem Betrag von 5 Mio. € an, überhaupt ernsthaft über die Prüfung nachzudenken. Klar können Startups Seedmoney auch in geringeren Losgrößen erwerben. Meist handelt es sich dabei aber um bestimmte Modethemen. Betrachtet werden soll aber auch der ganz normale mittelständische Maschinenbauer..

Fakt bleibt also, dass der steigender Eigenkapitalbedarf bestimmter Unternehmensgrößen kein „passendes“ Angebot findet. Der Weg zum frischen Eigenkapital ist für viele Unternehmen ausgesprochen steinig. Bereits vor einigen Jahren hatte eine Arbeitsgruppe unter Federführung der KfW  diese Lücke im Beteiligungsmarkt (siehe hier) diagnostiziert. Leider ist von den damaligen Vorschlägen nichts geblieben. Dabei drängt mittlerweile die Zeit.

Umgekehrt steht viel Kapital zur Verfügung, findet aber keine passende Anlage. Das gilt sowohl für professionelle Beteiligungsgesellschaften, die sich meist erst ab 4 oder 5 Millionen Euro Investitionskapital überhaupt mit einem Fall befassen (bei Mezzanine-Finanzierungen sind es auch geringere Losgrößen), aber auch für Einzelinvestoren, die durchaus höhere Beträge anlegen würden, diese aber gern gestreut wissen. Bei Einzelinvestoren kommt noch dazu, dass ihnen häufig das Know-how oder die Zeit fehlt, um die Risiken und die rechtlichen Fragen einer Kapitalbeteiligung ausreichend zu beurteilen. Daher geben sie ihr Geld lieber an professionelle Institutionen und verzichten auf Ertragsmarge.

Dies vorangestellt und viele Gespräche in den letzten Monaten zu dem Thema, habe mich ermutigt, einmal Gedanken zur Eigenkapitalfinanzierung 2.0 zu skizzieren. Der in zwei Folgeartikeln vorangestellte Ansatz bewegt sich deutlich abseits der Old School, wie sie mit den Mittelstandsfonds der Deutschen Bank und der Sparkassenorganisation vorgestellt wurden. Andererseits will er sich auch abheben von hippen Crowdsourcing-Ansätzen, weil ich glaube, deren Initiatoren erreichen derzeit nicht die Zielgruppe etablierter mittelständischer Unternehmen.

Der Ansatz ist noch nicht konzeptionell in allen Facetten zu Ende gedacht, geschweige denn, dass Umsetzungsschritte eingeleitet sind. Auch versteckt sich dahinter kein Investor, wobei ich überhaupt nichts dagegen hätte, wenn sich einer konkret dafür interessieren würde. Aber im 2.0-Zeitalter kann man gemeinsam diskutieren, ob und wie die genannte “Marktstörung” mit Hilfe eines 2.0-Ansatzes überwunden werden kann. Wie könnte also die Finanzintermediation für Eigenkapital in der Zukunft aussehen? Ganz 2.0-mäßig diskutiert man dies, indem man einfach mal einen Vorschlag ins Netz stellt und diesen mit Fachleuten, Betroffenen und Interessierten diskutiert, ihn gemeinsam weiterentwickelt, scharf stellt und vielleicht jemand findet, der die Umsetzung professionell finanziert.

Morgen geht es mit dem ersten Beitrag zur Eigenkapitalfinanzierung 2.0 los. Er befasst sich mit der konzeptionellen Vorgeschichte und einige Beispielen. Der zweite Beitrag folgt am Mittwoch und skizziert das Konzept. Der Blick Log freut sich natürlich über eine Debatte, Hinweise und Anregungen. Dabei interessiert mich aber ehrlich gesagt wenig interessiert, warum dies Konzept nicht funktioniert, sondern eher Beiträge, wie real existierende Hindernisse überwunden werden könnten.

Gedanken zur Eigenkapitalfinanzierung 2.0 – Teil 1: Konzeptionelle Grundlagen

Gedanken zur Eigenkapitalfinanzierung 2.0 – Teil 2: Ein Model

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