Wetten wirklich Spekulanten gegen Griechenland? Staaten selbst sollten aktiv sein

by Dirk Elsner on 25. April 2010

Vienna Zoo: Trouble in Paradise

Spekulation mit Gift (Foto: flickr/Roberto Verzo)

In der Printausgabe des Handelsblatts war am Freitag zu lesen, dass wieder Spekulanten auf eine Staatspleite Griechenlands wetten. Ich weiß nicht, woher das Handelsblatt seine Informationen hat, ich halte diese Aussage jedoch für äußerst fragwürdig. Das Blatt macht die Aktivitäten von Spekulanten fest an den gestiegenen Risikoprämien auf Anleihen. Leider achtet der Autor nicht darauf, dass der Anstieg auch andere Ursachen haben könnte und bedient lieber gängige Klischees.

Der Anstieg der Zinsen könnte nämlich auch darin eine Ursache haben, dass es einen Verkaufsdruck auf griechische Anleihen gegeben hat und angesichts der unsicheren Lage sich gerade kein “Spekulant” am Markt engagieren wollte.

Als weiterer böser Bube wird ja gern das “Teufelszeug” Kreditderivate angesehen. Mit sogenannten naked Credit Default Swaps (CDS, also einer Art Kreditversicherung ohne einen Kredit gewährt zu haben) etwa würden Spekulanten gezielt auf den Ausfall von Griechenland spekulieren. Die Käufer von CDS erhalten nämlich eine Zahlung, wenn der eigentliche Schuldner (teilweise) ausfällt bzw. mit seinen Zahlungen in Verzug gerät. Tatsächlich treibt die Nachfrage nach CDS deren Preis nach oben und über sogenannte Arbitragemechanismen auch die Zinsen für die Anleihen. Ältere Semester werden sich aber noch daran erinnern, als beim letzten Mal Hedge-Fonds düsterer Hinterzimmerabsprachen gegen Griechenland verdächtigt wurden, in Wirklichkeit die staatlich kontrollierte “Hellenic Post Bank” der größte Käufer der CDS-Positionen war. Vor vier Wochen wollte sogar Wolfgang Schäuble noch Geheimdienste gegen Hedge-Fonds einsetzen.

Für am Wahrscheinlichsten halte ich es, dass nicht Spekulanten am Markt für Kreditderivate aktiv sind, sondern die Staaten selbst und damit die Preise nach oben getrieben haben. Die Staaten der Eurozone wissen schon seit Wochen, dass sie sich mit Kredithilfen in welcher Form auch immer für Griechenland engagieren müssen. Es wäre also den Steuerzahlen gegenüber äußerst verantwortungsvoll, wenn sie die daraus entstehenden Kreditrisiken soweit wie möglich am Kapitalmarkt absichern durch den Abschluss entsprechender CDS-Geschäfte. Allein das zusätzliche Absicherungsvolumen muss daher den Preis für die Risikoprämien nach oben treiben, weil auch die Sicherungsgeber nicht beliebig Kreditversicherungen schreiben können. Hat der Bund die potentiellen Kreditrisiken frühzeitig abgesichert, wäre es nicht einmal tragisch, wenn Griechenland die Kredite nicht voll bedienen könnte. Fallen die Kredite in Teilen aus, dann würde die Kreditversicherung einspringen.

Auf die absurde Verteufelung der Credit Default Swaps hatte der Blick Log zuletzt Mitte März hingewiesen. Vergangenen Mittwoch setzte sich Luigi Zingales, Professor an der Universität Chicago, in der FTD für diese Finanzinstrumente ein und stellte vor allem die Signalfunktion der CDS-Preise heraus. Ein Anstieg signalisiert ein Absinken der Kreditwürdigkeit und damit eine schlechte Haushaltspolitik oder schlechtes Management. Deswegen, so Zingales, mögen Politiker und Manager dieses Instrument nicht. Zu Recht weist Zingales allerdings auch auf den weiterhin schlecht organisierten Markt für CDS hin:

“Natürlich ist der CDS-Markt nicht perfekt. Tatsächlich handelt es sich nicht einmal um einen organisierten Markt, sondern nur um einen informellen virtuellen Austausch. Die bestehenden Regeln sind nicht dazu geeignet, ihn transparent oder belastbar zu gestalten. Es bedarf daher neuer Regeln. Und es bedarf eines Systems von Besicherungen, damit nicht wieder der Staat einspringen muss, um jemanden zu retten. Aber eine Regulierung des CDS-Markts bedeutet nicht, ihn abzuschaffen. Das würde nur die Basis für die nächste Blase schaffen.”

Ich bleibe bei der Auffassung, dass Credit Default Swaps ein sinnvolles Instrument zur Absicherung gegen Kreditrisiken sind. Ich hoffe, dass auch der Bund die Kreditrisiken über Griechenland entsprechend über diesen Markt absichert und so das Risiko für uns Steuerzahler minimiert.

Eine andere Frage ist, wer eigentlich die Stillhalter der CDS-Positionen sind, also wer die Kredite versichert. Dahinter verbergen sich Banken, Versicherungen aber auch spekulativ orientierte Großanleger und Hedge-Fonds. Sie wissen (hoffentlich) ihr Risiko entsprechend zu managen und rufen nicht nach Staatshilfe, wenn sie beim Ausfall Griechenlands aus den Versicherungen in Anspruch genommen werden. Aber gerade weil die Länder der Eurozone zumindest Teile ihrer Kreditrisiken zum Schutz der Steuerzahler absichern sollten, benötigen sie auf der anderen Seite diese Marktteilnehmer, die bereit sind, diese Risiken zu tragen. Und dazu gehören halt auch Spekulanten. Es mutet daher schon paradox an, wenn ausgerechnet Frau Merkel internationale Regeln gegen Spekulation fordert. Sie erhöht damit die Risiken für die Steuerzahler.

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