Hohe Risiken für Steuerzahler: Interessiert sich Bundesbank nicht mehr für Staatsausfallrisiken der EURO-Zone, wenn Banken abgesichert sind?

by Dirk Elsner on 29. November 2010

Die Bundesbank hat ihren Finanzstabilitätsbericht vorgelegt (hier zum Download der 146 Seiten). Während die Börsen-Zeitung durch die Ergebnisse das deutsche Finanzsystem stabilisiert sieht, befürchtete das Handelsblatt Zeitbomben in Bankbilanzen.

Wenn die Bundesbank von Risiken spricht, dann sind diese beherrschbar, wie etwa Risiken aus Gewerbeimmobilien. Immerhin verharmlost die Bundesbank ein Risiko nicht, dass in den letzten Wochen die Märkte intensiv beschäftigt. “Mit der europäischen Schuldenkrise und der angespannten Lage auf den Märkten für Staatsanleihen gebe es zudem einen aktuellen Brandherd, der nur schwer unter Kontrolle zu halten sei. "Hier steht die Ampel auf rot", zitiert das Handelsblatt Bundesbank-Vorstandsmitglied Andreas Dombret.

Bemerkenswert dazu aber ein Satz in der Börsen-Zeitung von Dombret, der keine Empörung gesorgt hat oder vielleicht im allgemeinen Finanzmarktlärm um Irland, Portugal und Spanien untergegangen ist:

Im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Krisenmechanismen und Rettungsschirme für das Eurosystem werden mögliche Ausfallrisiken bezüglich Staatsanleihenportefeuilles nicht näher quantifiziert.”

Im Klartext bedeutet dies, Banken brauchen sich um die Risikobewertung und Risikomanagement für Anleihen bestimmter Länder keine Sorgen mehr machen, weil die EURO-Staatengemeinschaft und der IWF dafür gerade stehen.

Darüber, dass die Hilfen für  Irland und Griechenland vor allem der Stütze der Banken dienen, war in den vergangenen Tagen viel zu lesen und ist mittlerweile allgemein akzeptiert. Das man sich aber so selbstverständlich darauf verlässt und die Bundesbank es nicht mehr für nötig hält, die Risiken einzuschätzen, ist erstaunlich und erschreckend. Dabei sind die Risiken ja nicht weg, sondern werden nun kollektiv von den europäischen EURO-Steuerzahlern getragen und die brauchen offenbar nichts über die Risiken wissen.

Der Rettungsfonds führt gerade nicht automatisch dazu, dass Irland besser seine Schulden bedienen kann. Jedenfalls wird Irland nicht plötzlich zu einem erstklassigen Schuldner und kann Zins und Tilgung ohne jede Störung zahlen. Einzig, die bisherigen Gläubiger können damit rechnen, dass im Falle von Störungen nun andere staatliche Institutionen für Irland einspringen. Damit tragen aber jetzt die EURO-Staaten und der IWF das Kreditrisiko.

An solche Kreditrisiken kann man übrigens ein Preisschild hängen, um so die Kosten für die Steuerzahler und damit seine Risiken transparent zu machen. Der Blick Log hat diesen Service im Frühjahr näherungsweise auf Basis verfügbarer Marktdaten für Griechenland geboten. Die Bundesbank sollte durchaus in der Lage sein, dass was der Blick Log in wenigen Abendstunden ermittelt hat, mit seinen hochqualifizierten Mitarbeitern deutlich genauer zu bestimmen und so die Steuerzahler über die durch die Rettungsfonds eingegangen Risiken informieren.

Dies unterbleibt aber und wird bisher auch nicht von einer anderen Institution angeboten. Bemerkenswert ebenfalls, dass dies trotz der enormen potentiellen Belastung von kaum jemandem gefordert wird.

Übrigens, Dank der Rettungsschirme kommt die Bundesbank zu dem Schluss: "Die Stabilitätslage des deutschen Bankensystems hat sich verbessert, die Banken erhalten derzeit Rückenwind durch die gute konjunkturelle Entwicklung", sagte Dombret.

Ob dies aber wirklich glaubhaft ist, darf in Frage gestellt werden. Die britische Financial Times hat heraus gearbeitet, dass die Bundesbank das Ausfallrisiko gegenüber Irland “nur” mit 25 Mrd. € bemisst. Das ist eine große Diskrepanz zu den Beträgen, die die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich schätzt, nämlich 140 Mrd. €. Die Differenz werde durch indirekte Risiken, die über sogenannte Investmentvehikel gehalten werden, erklärt. Offenbar sind also die Daten der Bundesbank unvollständig.

In diesen Zeiten fällt es daher freilich schwer, den Interpretation der Bundesbank ohne Stirnrunzeln zu folgen. Kaum jemand ist offennbar in der Lage, die Stabilität des Finanzsystems wirklich sachgerecht zu beurteilen, obwohl sich die Bundesbank um eine sehr ausgewogene Darstellung bemüht.

Unterstellen wir einmal für eine Minute, die Bundesbank könne tatsächlich eine sehr genaue und objektiv richtige Einschätzung der Risiken ermitteln und dabei neue und ausgesprochen hohe Risiken feststellen. Würde sie diese Erkenntnisse dann kommunizieren? Wohl kaum, denn damit erzeugt sie an den Kapitalmärkten, also vor allem bei Großinvestoren und Liquiditätslieferanten große Unsicherheiten und läuft Gefahr, dadurch erst Recht das Finanzsystem zu destabilisieren.

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