Innovation im Finanzsektor? Was Ackermann und Co. wollen, setzen Kröner und Co. um

by Dirk Elsner on 26. September 2011

Vor gut drei Wochen stellte Josef Ackermann auf der Tagung “Banken im Umbruch” ganz zentrale Fragen an die Finanzbranche:

“Wir als Finanzindustrie haben noch keine wirklich überzeugenden Antworten auf die genannten Fragen anzubieten. Seit der ersten Phase der Finanzkrise 2007/8 wurden zwar die gröbsten Übertreibungen beseitigt. Wir müssen uns aber die Frage stellen, ob dies ausreicht … Was könnten Antworten auf die genannten Fragen sein?”

Eine konkrete Antwort blieb er genau so schuldig, wie seine Kollegen von den Vorständen anderer Institute. Tatsächlich ist selbst mit großem Wohlwollen nicht erkennbar, wie sich die klassische Finanzbranche derzeit erneuert. Zyniker erhalten mittlerweile viel Zustimmung, wenn sie behaupten, die einzigen Innovationen der Wall Street kämen aus dem Investmentbanking und hätten den größtmöglichen finanz- und weltwirtschaftlichen Schaden angerichtet und für eine gigantische Vermögensumverteilung gesorgt.

Dabei ist es nicht so, dass sich nichts tut im Finanzsektor. Ich habe in den letzten Wochen im Rahmen der IBM-Roadshow “Banking of tomorrow”, die letzte Woche in München gastierte, bereits einige Innovationen aus dem Finanzsektor vorgestellt, die Leser dieses Blogs aus der Mindmap des New Banking kennen.

Bisher habe ich viele Gäste überrascht erlebt, weil sie bisher gar nicht gesehen haben, dass es doch vergleichsweise viel Innovationen im Finanzsektor gibt und dass keine der vorgestellten Innovationen von den klassischen Finanzhäusern kommt, sondern diese zunehmend von außen mit neuen Leistungen unter Druck gesetzt werden.

Ich werde auf dieser Veranstaltung oft gefragt, woran es läge, dass die klassischen Finanzhäuser für Innovationen stehen. Vielleicht gerade weil ich den Finanzsektor gut kenne, werde ich dazu in Kürze einen weiteren Erklärungsversuch (einige bisherige Erklärungen unten) in meinem Blog starten. In jedem Fall gibt es eine Reihe von Ursachen, die in der Struktur der Finanzmärkte, der Regulierung aber vor allem auch im Mindset der Branche verankert sind. Fest steht jedenfalls, dass Banken seit Jahren auf ihren Treffen davon reden, es müsse etwas passieren und die Innovationsfähigkeit nicht vom Gefrierpunkt weg kommt.

Dabei zeigt die in der Mindmap zusammen gefassten Aktivitäten, dass sich seit ein paar Jahren doch viel bewegt im Finanzsektor. Die Aktivitäten konzentrieren sich dabei zwar noch auf den Retailbereich (Privatkundengeschäft), es gibt aber immer mehr Dienstleister, die in den Unternehmensbereich eindringen, wie etwa die letzte Woche vorgestellte Debitos als ebay für Forderungen.

Wie gesagt, haben nur ganz wenige Banken den Weg in die Mindmap überhaupt geschafft. Zu diesen wenigen Ausnahmen gehört die in München sitzende Fidor Bank, die bekannt ist für innovative Produkte und einer für den Finanzsektor beispielhaften Kommunikationskultur mit ihren Kunden. Vorstandsmitglied Matthias Kröner hat am vergangenen Mittwoch in München ebenfalls einen Vortrag gehalten und uns seine Vision der Zukunft der Banken vorgestellt.

Tatsächlich, so meine Wahrnehmung, füllen Kröner und Co. das mit Inhalten, was die klassischen Häuser nur in sehr allgemeiner Form in ihren Sonntagsreden fordern. Ackermann und Co. haben jüngst festgestellt, dass die bisherigen Reformschritte im Finanzsektor nicht ausreichen, um das nötige Vertrauen “in unsere Branche zu gewährleisten”. Da mit hat er ohne Zweifel recht. Und der Fall UBS sowie die Reaktionen des Ex-Vorstandschefs Grübel lassen Zweifel aufkommen, ob die Branche überhaupt in den letzten drei Jahren etwas getan hat.

Da wo Ackermann und Co. in ihren Ansagen im Nebel stochern, geben die jungen Wilden der Finanzbranche Gas, entwickeln neue Produkte und setzen auf offenen und transparenten Dialog mit ihren Kunden. Ob sie damit Erfolg haben werden, ist noch offen, denn bisher nehmen die Kunden die neuen Angebote noch sehr zögerlich an. Trotz des großen Vertrauensschwundes halten die Kunden ihrer Bank die Treue, wie zerstrittene Ehegatten, die sich noch nicht gleich scheiden lassen wollen.

Ich drücke jedenfalls den aufgeweckten Unternehmen im New Banking ganz kräftig die Daumen, dass sie diesmal zeigen, dass die Strategie der Etablierten, über Veränderungen zu reden, sie aber keinesfalls zu konkretisieren, diesmal scheitert.

Beiträge zur mangelnden Innovationsfähigkeit des Banksektors

Blick Log: Innovationenfreude im Finanzsektor? Fehlanzeige

Blick Log: Ödnis auf dem Bankentag: Kreditinstitute reden nicht über Innovationen

Blick Log: Warum Banking 2.0 in der klassischen Finanzwelt noch nicht zündet Teil 1: Was ist Banking und welche Probleme soll es löse

Bank Blog: Warum Banken nicht wirklich innovativ sind: „Alte“ Erkenntnisse neu belebt

Bank Blog: Der Fluch der Innovatoren: Innovationen und die Herausforderungen im Umgang damit

Ein Übersicht mit ausgewählten Beiträgen zu dem, was im New Banking passiert auf der Seite Trends im New Banking und Social Media

RalfLippold November 6, 2011 um 14:29 Uhr

Als ehemaliger Banker und passionierter Börsenfreak (ach je ist das lange her) freue ich mich über den erfrischend neuen Wind in der Finanzbranche. Es liegen ungeahnte Chancen vor uns. Sicher nicht alles an einem Tag zu machen, doch Schritt für Schritt sollte Lean Banking uns alle mit Wohlbehagen erfüllen 🙂

Immer und stets auf der Suche nach dem Einfachen, das allen hilfreich ist!

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