Vergessene Gäubigerpflicht der Banken oder wieso will Juncker Banken zur “Euro-Rettung” verpflichten?

by Dirk Elsner on 16. Oktober 2011

Auf NZZ-Online las ich, wenn die Europäischen Banken sich nicht ausreichend am Kampf gegen die Schuldenkrise beteiligen, könnten sie dazu verpflichtet werden. Das jedenfalls sagte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker in einem Interview:

“Im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise könnten Banken nach den Worten von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker zu einer Gläubigerbeteiligung verpflichtet werden. «Die Privatbanken müssen wissen, dass wenn die freiwillige Gläubigerbeteiligung nicht ausreichen wird …, dass wir dann auch ins Auge fassen müssen, dass es zu einer nicht-freiwilligen Gläubigerbeteiligung kommt», sagte der luxemburgische Regierungschef am Freitag im Deutschlandfunk.”

Mir ist nicht klar, warum man die Banken hier verpflichten muss. Sofern die Banken zu den Gläubigern gehören, müssen sie sich ohnehin zusammen mit den anderen Gläubigern und den griechischen Schuldnern Gedanken über eine Lösung machen. Gläubigerrechte beinhalten den Anspruch gegen den Schuldner (und ggf. gegen Bürgen bzw. andere Garantiegeber) auf Schuldendienst. Die Position des Gläubigers beinhaltet selbstverständlich auch das Risiko, dass der Schuldner den Kredit nicht in der vereinbarten Höhe zum vereinbarten Zeitpunkt zurück zahlt. Dieses Risiko nennt man Adressrisiko.

Das Adressrisiko ist so alt wie der Kredit selbst. Weil das ein potentieller Gläubiger weiß, prüft er den Kreditnehmer gründlich und lässt sich Sicherheiten einräumen. Verzichtet er auf Sicherheiten und hat er nicht gründlich geprüft bzw. ist er ex post betrachtet zu einer falschen Einschätzung gekommen. Dann sieht unser marktwirtschaftliches System vor, dass der Kreditgeber einen Verlust hinnehmen muss. Üblich ist, dass niemand, außer dem Schuldner selbst, dafür haftbar gemacht werden kann (siehe auch Wenn Du ein Gläubiger bist, dann bist Du ein Gläubiger. Ausnahme, Du bist eine Bank).

Dass sich die Banken jetzt auf den Standpunkt zurückziehen, wie Florian Kolf auf Handelsblatt Online kommentierte, “die Politik habe ihnen ja immer versichert, die Staatsanleihen könnten gar nicht ausfallen und sich so zum armen Opfer stilisieren, ist nicht nur gespielt naiv, das ist frech. Schon jeder einigermaßen interessierte Zeitungsleser weiß seit mehr als einem Jahr, dass Bonds aus Griechenland, Portugal oder Italien nicht ohne Risiko sind – und deshalb selbstverständlich mit Eigenkapital hinterlegt werden müssten.”

Sich etwa darauf zu berufen, dass Basel II europäische Anleihen als risikolos ansehe und deswegen die europäischen Staaten einspringen müssten, ist rechtliches Cherry Picking. Die Banken wissen ganz genau, dass nach Artikel 125 im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union eine Haftung für öffentliche Verbindlichkeiten eigentlich ausgeschlossen ist (siehe dazu auch: “Eurobonds: Der europäische Rechtsbruch interessiert offenbar nicht”). Der Fehler der Politik war hier freilich, dass falsche und viel zu hohe Erwartungen geweckt wurden.

Angesichts der äußerst aggressiven Positionierung etwa des Bankenverbands, wird es Zeit, dass die Banken aus ihrer Kritik und Schmollecke heraus kommen und endlich mal die Verantwortung eines Gläubigers zeigen und eigene Vorschläge machen. Dann kann man mal vorsichtig bei den Finanzministern anfragen, ob sich die Regierungen der Euro-Zone vielleicht an einem “Sanierungskonzept” beteiligen.

 

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