Heute treffe ich mich mit einem der Gründer und dem Geschäftsführer der Crowdinvestingplattform Innovestment. Ich hatte bereits Ende November in einem Beitrag auf das erste finanzierte Startup der Plattform hingewiesen. Innovestment ist ein Spin-Off der RWTH Aachen und will Gründern über eine Plattform helfen, Startkapital bei Privatpersonen einzusammeln. Während viele Gründer die oft auch vergebliche Ochsentour bei auf Gründungen spezialisierten Beteiligungsfirmen gehen müssen, richtet sich Innovestment wie Seedmatch an private Investoren.
Interessant finde ich, dass Innovestment den Preis einer Beteiligung über ein Auktionsverfahren ermittelt. Gründer erhalten also über diesen Weg meines Wissens erstmals in Deutschland eine Möglichkeit, den Wert ihres Unternehmens ohne Börsennotierung durch den “Markt” ermitteln zu lassen. Damit erinnert die Wertfindung an die außerbörslichen Verfahren us-amerikanischer Handelsplätze wie etwa Sharespost. Sharespost macht im vergangenen Jahr durch die außerordentlich hohe Bewertung von Facebook Schlagzeilen.
Allerdings verläuft die Preisbildung bei Innovestment vollkommen anders als bei sharespost. Wie das geht erklärte mir Geschäftsführer Filipe da Costa per Mail:
„In der Auktion wird der Preis für einen prozentuellen Anteil am Unternehmensgewinn (und evt. Verkaufserlös) bestimmt. Beispiel: Für einen 0.1%igen Anteil liege der Startpreis bei 1000 Euro. Dies entspricht einer Unternehmensbewertung von 1 Mio Euro. Im Verlauf der Auktion steigt der Preis zum Beispiel von 1.000 auf 1.400 Euro. Entsprechend hat sich die Bewertung um 40% gesteigert. Ein Investor entscheidet also mit seinem Gebot über den Wert, den er dem Startup beimisst, genauer: den maximalen Wert. Denn der Auktionsmechanismus bestimmt erst dann einen neuen Marktpreis, wenn auf alle zur Verfügung stehenden Anteile ein erhöhtes Gebot abgegeben wurde (Minimalpreisauktion). Damit steigt der Preis, den ein Investor zahlen muss, nicht direkt mit seinem Gebot an, sondern das Gebot stellt seine maximale Zahlungsbereitschaft dar, die erst dann ausgeschöpft wird, wenn entsprechend viele weitere gleiche oder höhere Gebote abgegeben wurden.“
In einer Auktion im Januar steigerten Anleger den Preis für Anteile am Nanotechnologie-Unternehmen Particular aus Hannover von 1.000 Euro auf 1.754 Euro. Damit stieg die Marktbewertung um 75% auf 1,4 Mio. Euro (Details in der Pressemitteilung). Weitere Details zum Auktionsverfahren gibt es auf der Webseite.
Der für Gründer aus diesem Verfahren eingesammelte Gesamtbetrag ist derzeit auf 100.000 Euro begrenzt. Der Grund für diese Obergrenze liegt im Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz (Gesetzestext hier). Ab öffentlichen Angeboten, die den Betrag von 100.000 Euro überschreiten fordert das Gesetz bestimmte Voraussetzungen vor der Veröffentlichung des Angebots. So sind bestimmte inhaltliche Anforderungen zu erfüllen, der zu erstellenden Verkaufsprospekt muss vor seiner Veröffentlichung der BaFin übermittelt werden und die BaFin muss die Veröffentlichung gestatten (siehe §8i VerkaufsprospektG). Das Gesetz soll so zwar die Anleger schützen, macht es Gründern aber schwerer die Voraussetzungen zu erfüllen.
Natürlich gefällt mir das Konzept, weil es wie Seedmatch ein typisches Anwendungsbeispiel für das New Banking ist. Über eine technische Plattform werden die klassischen Finanzintermediäre umgangen. Dabei sichert die Plattform ein deutlich höheres Maß an Transparenz als sogenannte Graumarktkapitalanlagen. Natürlich sind stille Beteiligungen an Startups nicht ohne Risiko für Anleger. Das wissen freilich die Investoren. Sie erhalten aber ausreichend Information. Reicht ihnen das nicht, senden sie eine Mail oder sie zeichnen einfach keinen oder nur einen geringeren Anteil. In jedem Fall sitzt hinter ihnen kein Drücker, der sie zum Unterschreiben nötigt.
Was ich freilich noch vermisse ist ein Forum, über das sich potentielle Anleger untereinander und mit den Gründern austauschen können. Danach werde ich heute fragen. Fragen werde ich sicher auch danach, ob und in welchem Umfang geplant ist, die Plattform auch für Wachstumsfinanzierungen bestehender Unternehmen zu öffnen. Hier sehe ich einen ganz großen Bedarf (siehe dazu “Die zähe Eigenkapitalbeschaffung mittelständischer Unternehmen”). Gerade der Finanzierungsbereich zwischen 100.000 Euro und 5 Mio. Euro auch für ganz gewöhnliche Unternehmen schreit förmlich nach einer Finanzierungsplattform. Für Anleger lauern hier viele attraktive Investments in solide Unternehmen bei Bewertungen, nach denen sich Beteiligungsunternehmen oder Fonds die Finger lecken würden. Nur meist sind ihnen zu investierenden Beträge zu klein, und nicht jedes Unternehmen will einen einzigen großen Investor haben.
Nur am Rande sei erwähnt, dass der eine von drei Mitgründern, Daniel Appelhoff, aus Bielefeld kommt. Ein Interview zum Start von Innovestment in der Neues Westfälischen ist hier nachzulesen.
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