Bankenunion: Struktur in den Streit um Erhalt der Zombiebanken

by Dirk Elsner on 24. Juni 2013

Deutschland mag die Bankenunion nicht. Vielleicht ließ Schäuble deswegen die Verhandlungen am Wochenende vorläufig scheitern. Bankenunion, dass ist dieses bisher inhaltlich wenig ausgefüllte Schlagwort der Europäischen Union, um angeschlagene Banken am Leben zu erhalten. Eigentlich soll es darum gehen, wie kaputte Banken künftig abgewickelt werden können. Ziel dabei ist es, kein Steuergeld einzusetzen. Das klingt erst einmal gut

Es ist mittlerweile aber schwer geworden, durch die Wirren der Verhandlung durchzusteigen. Am Donnerstag ging es zunächst darum, unter welchen Bedingungen der eigentlich für die Staatsfinanzierung vorgesehene Rettungsfonds ESM an Banken zahlen darf. Am Freitag wurde dann über die Regeln die sogenannte Haftungshierarchie und über nationale Kompetenzen gerangelt. Man stritt um die Lastenverteilung zwischen Gläubigern, Einlegern und öffentlichen Institutionen. Nach einem Bericht des Wall Street Journals konnten sich die Minister sich nicht einigen, wie viel Spielraum die nationalen Regierungen bei der Anpassung der allgemein geltenden Regeln an die spezielle Situation eines einzelnen Staates bekommen sollen.

Detlef Fechtner hat am vergangenen Donnerstag in der Analyse “Wenn Banken wieder wanken” der Börsen-Zeitung strukturiert, um was es eigentlich geht beim Management der Bankenrettung.  Das sind neben der speziellen Aufsicht die folgenden drei eng miteinander verwobenen Themen, die mit der Abwicklung maroder Banken zu tun haben:

  1. Haftungskaskade: Dabei geht es um die Frage, welche Gläubiger in welcher Reihenfolge für Verluste aufkommen sollen. So sollen bekanntlich Kleinsparer mit Einlagen bis zu 100.000 Euro ausgenommen werden. Klar ist auch, dass Aktionäre und Nachranggläubiger das volle  Risiko tragen sollen, was ich richtig finde. Gestritten wird, wie Anleihegläubiger und Anleger mit größeren Guthaben behandelt werden. Leider schreibt er nichts über die besicherten Gläubiger, denn die sind eigentlich direkt nach den Kleinsparern dran, sofern ihre Sicherheiten noch einen entsprechenden Wert haben.
  2. „Bail-in”-fähige Vermögenswerte:  Dabei geht es um die Frage welche unbesicherten Instrumente in Eigenkapital gewandelt werden bzw. gekürzt werden (=Schuldenschnitt).  Hier diskutiert man z.B., welche unbesicherten Einlagen geschont werden sollen, etwa aus sozialpolitischen Gründen. Man sollte nämlich bedenken, dass es bei “Bail-ins” auch um die Guthaben von Spendenorganisationen, Krankenhäusern und Kleinunternehmen geht. Deutschland, so Fechtner, möchte hier möglichst wenig Ausnahmen.
  3. Ausstattung eines Restrukturie­rungsfonds Hier geht es um den Beitrag der gesunden Banken zu den Abwicklungskosten der Zombieinstitute. Deutschland wünscht sich hier, dass erst einmal die nationalen Fonds für die Abwicklung einstehen.

Deutschland hat ja bereits einen entsprechenden Fonds eingerichtet (siehe Gesetz zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds). Die Mittel für diesen Fonds stammen aus der Bankenabgabe, die von allen Banken in Deutschland erhoben wird. Da die Mittel bisher längst nicht reichen, springt die FMSA ein, die dazu Kredite aufnehmen und eine Sonderumlage erheben darf. Dazu oder daneben sollen direkte Kapitalspritzen des Euro-Rettungsfonds ESM für angeschlagene Banken erlaubt werden. Das ist aber genau das Gegenteil von dem Ziel, keine Steuergelder einzusetzen. Die FAZ weist darauf hin, dass nach der bisherigen Rechtslage der ESM Banken nicht direkt, also ohne Belastung für den betreffenden Staatshaushalt, rekapitalisieren darf.

Wenn man sich die Umsetzung in der Praxis vorstellt, dann dürfte das wieder ziemlich kompliziert und sehr intransparent werden. Nach den Vorschlägen der Liikanen-Gruppe sollen Banken außerdem einen ausreichenden Mindestbetrag “bail-in-fähiger Verbindlichkeiten” vorhalten. Diese Verbindlichkeiten, so ist auf der Webseite der Bundesbank zu lesen, “sollen eindeutig definiert sein, so dass ihre Rangfolge in der Gläubigerhierarchie klar ist und sie marktfähig sind. Ein vorzuhaltender Mindestbetrag bail-in-fähiger Verbindlichkeiten soll auch durch Eigenkapital erfüllt werden können.” Das riecht nach einer Erweiterung von Basel III aber auch bankbilanzieller Grundsätze. Aktuell könnte man solche Daten einer Bankbilanz nicht entnehmen.

Um das ganze Gewirr um Haftungskaskaden, “Bail-in”, Restrukturierungsfonds und Haftung der Steuerzahler zu verdeutlichen, müsste man eigentlich mal eine Modellbank mit Solvenzproblemen zerlegen. Erst dann kann man feststellen, was die vorstehenden Aussagen eigentlich bedeuten, welche Folge- und Drittwirkungen daraus resultieren und welche Risiken auf die Steuerzahler kommen. Anhand der derzeitigen Debatte und auch Veröffentlichungen ist das nicht nachzuvollziehen. 

Presseberichte und Kommentare

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