Mini-Bad-Banks für Deutschland: Steinbrück muss der Herde folgen und in Zitronen beißen

by Dirk Elsner on 30. Januar 2009

L is for Lemon Lime

Diese Zitronen erfrischen (Foto Flickr/terriseesthings)

Nun scheinen es die Banker doch geschafft zu haben. Die Bundesregierung muss der Herde der Bad Banks, die in aller Welt aufgebaut werden sollen, folgen und will “Mini Bad Banks“ einrichten. Diese sollen jeweils innerhalb der angeschlagenen Kreditinstitute installiert werden. Dies will das Handelsblatt aus Regierungskreisen erfahren haben. Bereits gestern hatte Barack Obama wiederholt Maßnahmen zur Schaffung einer bösen Bank angekündigt.

Laut Handelsblatt soll das Modell wie folgt gestaltet werden:

“Als Lösung für das Dilemma favorisiert der Bund die Gründung bankeigener Zweckgesellschaften, in denen die Banken ihre Risikopapiere auslagern. Denn dann liegt die Verantwortung für diese Wertpapiere bei der jeweiligen Bank und wird nicht beim Steuerzahler abgeladen. Nach Informationen des Handelsblatts plant Steinbrück weiter, dass die Banken die ausgelagerten Papiere mit Eigenkapital unterlegen müssen. Sollten die Papiere fällig werden und der Marktpreis unter dem Einstandspreis in der Zweckgesellschaft liegen, müsste die Bank für den Verlust einstehen. Der Bund würde in dem Fall der betroffenen Bank mit zusätzlichem Eigenkapital helfen, hieß es.”

Weitere Details sind zunächst nicht zu erfahren. Nachdenken, ob die Bundesregierung damit dem immer stärker werdenden öffentlich Druck nachgegeben hat, ist müßig. Die interessantere Frage dürfte sein, wie die Preisfindung für die vermeintlich toxischen Assets aussieht und welche Assets überhaupt übertragen werden.

Im Prinzip kann das Problem am Akerlofchen Zitronenmarktes studiert werden. Dessen Hauptproblem ist die Negativauslese (=adverse selection). In der mikroökonomischen Vertragstheorie wird bei Verträgen mit unvollständiger Information vor oder nach Vertragsabschluss unterschieden. In Vertragsbeziehungen kann es aufgrund asymmetrischer Informationen zwischen den Vertragspartnern Anreize für opportunistisches Verhalten geben. Konkret könnte der Staat von den Banken Assets zu einem stark überhöhten Preis erhalten.

Das der Preis überhöht sein kann, könnte der Staat deswegen vermuten, weil er aufgrund der asymmetrischen Informationen über die Qualität der Assets und deren wesentliche Eigenschaften (hidden charateristics), nicht klar den Wert bestimmen kann. Wir sprechen hier ja nicht von einfachen Anleihen, sondern von hochkomplexen Produkten, wie Collateralized Debt Obligations (Details zu diesen Instrumenten hier) . Hier wird sogar gelegentlich gemutmaßt, dass viele Banken selbst die Qualität dieser Instrumente nicht kennen.

Staat kann sich schützen durch Signaling, Screening und Reputation.

Nun hat die Neue Institutionenökonomik bereits vor Jahren dieses Problem erkannt. Hier liegt ja nicht nur ein Problem des Käufers sondern auch eines des Verkäufers vor, der Produkte, die er verkaufen möchte, plötzlich nicht zu dem Preis los wird, den er erzielen möchte. Dagegen helfen drei Instrumente: Signaling, Screening und Reputation.

Der Ansatz des Signaling beruht auf den Arbeiten von Michael Spence. Dabei sendet die besser informierte Marktseite, hier also die Banken, Signale über die Qualität der Instrumente aus, beispielsweise über Garantieversprechen oder Selbstbehalte wie bei Versicherungsgeschäften. Genau dieser Ansatz wird möglicherweise jetzt mit den Mini-Bad-Banks gefahren. Denn hier wird die das Asset abgebenden Bank in noch festzulegender Weise an möglichen Verlusten beteiligt werden.

Joseph Stiglitz erarbeitete zusammen mit Michael Rothschild den umgekehrten Fall, das Screening. Hier versucht die schlechter informierte Seite zusätzliche Informationen zu gewinnen. Die uninformierte Marktseite (also hier die Bad Bank) übernimmt zusätzliche Kosten, um die Informationsasymmetrien abzubauen. So könnten Fachleute oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die zum Verkauf  stehenden Vermögenstitel intensiv prüfen. Beim Screenig besteht allerdings das Problem, aussagefähige Merkmale zu identifizieren, die tatsächlich einen Rückschluss auf die Eigenschaften der Vermögenstitel erlauben.

Bleibt die Reputation. Der Begriff „Reputation“ wird von verschiedensten Wissenschaften wie etwa der Soziologie, Psychologie, Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre verwandt. Allgemein wird dann von Reputation gesprochen, wenn Dritte einem anderen eine oder mehrere Eigenschaften zuschreiben. Im ökonomischen Kontext bezieht sich Reputation vor allem auf das vertrauenswürdige Verhalten eines Akteurs (Wisu 1/08, S. 100). In der Praxis ist allerdings das Vertrauensverhältnis zu den Banken erheblich gestört, was nicht zuletzt an der katastrophalen Informationspolitik der Banken liegt.

Verlustgeschäft für den Staat

So, wo nun die praktischen Probleme theoretisch lösbar erscheinen, stellt sich weiterhin die Frage, ob der Staat nun über eine Bad Bank CDOs und Co. kaufen soll vor allem, wie viel uns Steuerzahlen dieser schlechte Spaß am Ende kosten wird.  Immerhin könnte der Staat aber auch ein richtig gutes Geschäft mit diesen Paketen machen. Diese These liegt übrigens in der aktuellen Wertfindung begründet. Ich bin weiter der Auffassung, dass der “innere Wert” der Giftfässer höher ist als der derzeitige Marktwert. Der aktuelle Marktwert wird durch überhöhte Risikoprämien bestimmt. Bei nüchterner Betrachtung sind diese zu hoch, drücken aber aktuell ganz erheblich die Preise.

Trägt nun der Staat durch seine Aktivitäten zur Beruhigung bei, bilden sich die Risikoprämien zurück, womit die Assets wieder im Wert steigen. Klingt eigentlich ganz einfach. Und man sollte nicht vergessen, dass die Papiere am Beginn ihrer Verwertungskette mit originären Forderungen ausgestattet sind, die in der “Realwirtschaft”  verankert sind. Die werden ja nicht komplett ausfallen, sondern überwiegend zurückgezahlt werden. Das Problem bleibt dennoch die Bestimmung der Werthaltigkeit dieser Forderungen, die den inneren Wert ausmachen. Dazu muss man sich im Prinzip mit Spezialisten durch die umfangreichen Dokumentationen aller Assets arbeiten.

Praktische Fragen noch ungelöst

Daneben ergeben sich natürlich viele praktische Fragen, die die Verwaltung und Abwicklung solcher Instrumente mit sich bringen. Aktuell bezweifele ich, dass es überhaupt genügend Ressourcen dafür gibt, um die Assets vernünftig verwalten zu können. Das sind aber lösbare Fragen.  Auf operativer Ebene wäre jetzt ohnehin zu prüfen, wie der Ankauf der angeblich vergifteten Assets erfolgen könnte.

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