Schwächeln deutsche Banken auf der Eigenkapitalseite mehr als geahnt?

by Dirk Elsner on 9. August 2010

Der Ökonomie-Nobellpreisträger Michael J. Spence hat kürzlich in dem Aufsatz „In finance we distrust“ über das Misstrauen gegenüber der Finanzwirtschaft geschrieben. Er macht dort verschiedene zum Teil allerdings unrealistische Vorschläge zur Wiederherstellung des Vertrauens zum Finanzwesen.

In Deutschland ist das Vertrauensverhältnis zwischen Banken, Politik, Aufsicht, Kunden und Anlegern weiterhin sehr fragil. Aktuell tragen aber Regierung und Aufsichtsbehörden dazu bei, das Vertrauen erneut zu beschädigen. Dies liegt vor allem an diversen Aktivitäten, die signalisieren, dass die Kapitalausstattung deutscher Banken in Wirklichkeit deutlich schlechter sein könne, als angenommen. Welche Aktivitäten sind damit gemeint?

Bund sorgt für Aufweichung der Basel III-Regeln

Etwas überraschend haben in der vorvergangenen Woche ausgerechnet deutsche Vertreter die Reform der verschärften Eigenkapitalregeln blockiert. Diese Blockade führt im Ergebnis dazu, dass die Kapitalausstattung der Banken nicht so zügig weiter erhöht werden muss und deutlich weniger Belastungen auf kapitalschwache Banken zukommen, als noch vor während der Finanzkrise gefordert.

Zum (landespolitischen) Hintergrund empfehle ich diese Kolumne von Wolfgang Münchau in der FTD: Der Stress nach dem Test

Bund will Erleichterungen in Brüssel für Bad Banks

Die deutsche Regierung verhandelt nach Presseberichten derzeit mit der EU um Erleichterungen für die Bad Banks zu erlangen. Aktuell schrecken deutsche Banken davor zurück, ihre faulen Kredite in eine "Bad Bank“´auszulagern – aus Angst vor den Kosten und den harten Auflagen der EU. Nun verhandelt aber das Finanzministerium mit Brüssel über weichere Anforderungen. Auch hier besteht also offenbar Bedarf, für eine Entlastung der Kapitalseite zu sorgen.

Veröffentlichungswirren um Stresstestergebnisse deutscher Banken

Ausgesprochen kritisch mutete das Informationsverhalten bei der Veröffentlichung der Stress-Test-Ergebnisse an. Hier hielten sich einige Banken mit der Veröffentlichung von „Problembeständen“ zurück. Erst auf öffentlichen Druck hin lieferten sechs Institute, darunter die Deutsche Bank, die Daten nach (siehe auch Stresstests: Deutsche Bank verunsichert Anleger)

Irritiert hat außerdem eine Meldung, die es gar nicht bis Deutschland geschafft hat. Laut des US-Blogs Zero Hedge und der Nachrichtenagentur Dow Jones sollen DZ und WGZ Bank Länderanleihen vom Handels- in das Anlagebuch umgebucht haben, um Abwertungen für den Stresstest zu vermeiden (Hintergrund zu diesem Bewertungsthema ausgezeichnet erklärt vom Blog Wirtschaftsquerschuss). Hätten die Institute die Bestände im Handelsbuch gelassen, dann, so wird kolportiert, wären sie durch den Stress Test gefallen und hätten zusätzliches Kapital beschaffen müssen.

Hat eigentlich schon einmal jemand gefragt, warum 14 deutsche Institute zum Test antreten mussten? Nur in Spanien wurden mehr Banken getestet (siehe Liste der getesteten Banken in diesem Beitrag).

Von Milliarden-Hilfen für europäische Problem-Schulder profitieren vorwiegend Banken

Der deutsche Steuerzahler hat im Frühjahr die Mithaftung für zwei große Rettungspakete übernommen:

Kundigen Beobachtern ist klar, dass diese Hilfen in Wirklichkeit vor allem ein Finanzmarktstabilisierungsgesetz 2.0 sind. Sie helfen Wertberichtigungen auf Bestände Anleihen der kriselnden Staaten zu vermeiden. Selbst der Chef der Deutschen Bank Josef Ackermann bestätigte die Griechenlandunterstützung” indirekt als Bankenhilfe.

In 2009 muss es schlimm gewesen sein

All oben genannten Maßnahmen entlasten die Banken in welcher Form auch immer auf der Kapitalseite. Die Summe der „indirekten“ Hilfen macht freilich nachdenklich und lässt erneut die Frage hochkommen, wie schlimm es um die Bankbilanzen eigentlich wirklich Anfang 2009 bestellt war.

Die Bewertungen “toxischer” Papiere und vieler anderer Vermögenspositionen haben sich seit dem März vergangenen Jahres dank zahlreicher Stabilisierungsmaßnahmen deutlich erholt. Und dennoch kämpfen viele Institute weiterhin mit Problemen. Klar, die europäische Schuldenkrise hat neue Sorgen aufgeworfen. Und offenbar waren die Institute in Deutschland noch längst nicht stabil genug, um diese Krise verkraften zu können.

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