Hypo Real Estate vor dem Aus? Existenzberechtigung durch EU-Kommission und Gutachten für Bundesregierung doppelt angezweifelt

by Dirk Elsner on 10. Februar 2011

Als der Blick Log im Oktober vergangenen Jahres von der Bewertungsverschleierung bei der Übertragung von Vermögensgegenständen in eine Bad Bank schrieb, interessierte dies zwar vergleichsweise viele Leser (und eine Zeitschrift druckte den Beitrag sogar ab), eine öffentliche Diskussion wurde dadurch allerdings nicht ausgelöst. Leider, denn es ging und geht hier um sehr hohe Risiken für den Steuerzahler.

Das ändert sich derzeit. Vier Monate nach der Übertragung von Anleihen, Krediten, CDOs, ABS-Paketen etc. im Wert von 173 Mrd. Euro ist nun der EU-Kommission aufgefallen, dass hier möglicherweise zu hoch bewertet worden ist. Die EU untersucht nun den Transfer von Vermögenstiteln an die Bad Bank mit dem Namen “FMS Wertmanagement”. Wurden die Positionen zu gut bewertet, dann bedeutet dies, die Hypo Real Estate hat eine unerlaubte Beihilfen erhalten, die zurück gezahlt werden muss (siehe dazu unten den Hintergrund).

Das würde aber vermutlich das Aus für die Bank bedeuten, wenn sie nicht eine weitere Kapitalzufuhr vom Bund erhalten würde. Daher ist es nicht überraschend, dass ein bisher unveröffentlichtes Gutachten für die Bundesregierung zu dem Schluss kommt, “eine Abwicklung der gesamten Hypo Real Estate-Gruppe – unter Einschluss der Deutschen Pfandbriefbank (pbb) – sehr ernsthaft in Betracht zu ziehen", wie das Handelsblatt zitiert.

Ob eine solche Abwicklung für den Steuerzahler tatsächlich besser ist, sei einmal dahin gestellt. Ebenfalls wird es wenig nutzen, wenn die HRE nun die Beihilfen zurück zahlen würde, denn sie könnte dann ihr Geschäft ebenfalls nicht weiter betreiben und müsste abgewickelt oder durch einen neuen Eigentümer rekapitalisiert werden. In allen Fällen wäre das Geld der Steuerzahler weg. Der Fall zeigt, dass die Rettung einer notleidenden Bank eigentlich nicht möglich ist, insbesondere dann, wenn man ihr Vermögen nicht bewerten kann.

Eine weitere Einschätzung kommt vom Spekulantenblog:

“Die Rettungen durch den deutschen Steuerzahler bei den Banken wirken so im Nachhinein nicht gerade effektiv und als Verschwendung von Steuergeldern. Gerade einmal der durch den Staat geretteten Commerzbank bescheinigt die Kommission eine profitable Geschäftstätigkeit. Doch auch hier empfehlen die Experten eine weitere Kapitalerhöhung, um die Summen die der Staat in die Bank eingebracht hat zurückzuzahlen. Der Gewinn allein reicht dazu nicht. Ein Armutszeugnis für staatliche Bankenrettung in Deutschland. In anderen Ländern dagegen sei der Ausstieg des Staates aus den geretteten Banken wesentlich schneller und mit Gewinn erfolgt.”

 

Nachtrag vom 13.2.11

Sehr lesenswert zu der öffentlichen Irreführung im “alternativlosen” Umgang mit der Hypo Real Estate ist der Beitrag von Albrecht Müller auf den NachDenkseiten: „Kaum Überlebenschancen für HRE …“ – Darauf kommen unsere famosen Medien jetzt! Man konnte das als NachDenkSeiten-Leser 2008 schon wissen. (Finanzkrise C). Müller schreibt u.a.:

“Im vergangenen Jahr haben wir anlässlich der Nachforderungen der HRE an den Bund und anlässlich der Auslagerung so genannter fauler Forderungen in eine Bad Bank immer wieder darauf hingewiesen, wie hier die Öffentlichkeit getäuscht wird und wie gutgläubig und unkritisch sich unsere Medien verhalten und wie teuer das ganze für uns werden wird.”

Zum Hintergrund (siehe elearn.at):

Das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union verbietet den Mitgliedstaaten, in den freien Wettbewerb durch staatliche Beihilfen an die Unternehmen einzugreifen. Dieses Verbot wird in Artikel 87 Abs. 1 (Regel) des EG-Vertrags formuliert, der besagt: "Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigungen bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedsstaaten beeinträchtigen."

Das heißt nicht, dass jede staatliche Beihilfe absolut europarechtswidrig ist und der Staat überhaupt nicht in den freien Markt eingreifen kann. Vielmehr sind unter europarechtlichen Gesichtspunkten staatlich Beihilfen und Förderungen sehr wohl möglich aber nur, wenn diese mit bestimmten, von der EU wünschenswerte Ziele, erreicht werden. Diesbezüglich normiert Art 87 Abs. 2 (Ausnahme) Legalmaßnahmen beziehungsweise Ermessenstatbestände in Art 87 Abs. 3 (Ausnahme).

Weitere Rechte der Kommission sind in den Artikeln 88 und 89 dazu festgelegt.

Blick Log zur Hypo Real Estate

Hypo Real Estate erhöht heute Deutschlands Staatsverschuldung um 8% und die Altgläubiger feiern still

Hypo Real Estate: Skandal liegt nicht in Bonizahlungen, sondern in “Bewertungsverschleierung” und Gläubigerbevorzugung

Die Kosten der faktischen Staatsgarantie für Kreditinstitute

Aktuelle Presseberichte

HB: Gutachten zur Hypo Real Estate: Experten senken den Daumen über HRE: Das Gutachten könnte nicht vernichtender für die HRE ausfallen. Um die Zukunft des Immobilienfinanzierers ist es schlecht bestellt. Experten sehen nur noch einen Ausweg: abwickeln.

Spon: EU-Analyse – Hypo Real Estate soll unerlaubte Hilfen erhalten haben: Hat die Hypo Real Estate unerlaubte Beihilfen von der Bundesregierung bekommen? Davon geht laut "Handelsblatt" die EU-Kommission aus. In diesem Fall müsste der Finanzminister einen Teil seiner Milliarden-Unterstützung für die Bank abschreiben.

FTD: Bewertungsdifferenzen – Hypo Real Estate in der Beihilfefalle: Wie schon bei der WestLB vermutet die EU-Kommission bei der Immobilienbank unerlaubte Subventionen. Es geht um mehr als 10 Mrd. Euro.

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