Zum Blick Log und der Wirtschaftsblogszene in Deutschland (+ Update Mindmap der Wirtschaftsblogs)

by Dirk Elsner on 12. April 2011

Morgen wird in Frankfurt der Finanzblog Award 2011 der Comdirect Bank vergeben. Und wie fein, der Blick Log gehört zu den acht nominierten Blogs, die es bis ins “Finale” geschafft haben. Ja, ich habe natürlich bereits geschrieben, dass mich die Nominierung freut und dies in einem weiteren Beitrag mit Gedanken zur Wirtschaftsblogszene garniert.

Hier aber zunächst die Mindmap deutschsprachiger Wirtschaftsblogs. Zum Vergrößern der ständig aktualisierten Map bitte auf das „Map maximieren“ Symbol klicken.

Bei aller Freude darf man nicht verdrängen, dass die Wirtschaftsblogsszene in Deutschland noch weit vom Anspruch und der Professionalität der US-Blogs entfernt ist. Wenn ich etwa an Business-Insider, Credit Writedowns, Zero Hedge und viele andere denke, dann haben wir (noch?) einen weiten Weg vor uns. Das bedeutet nicht, dass die deutsche Wirtschaftsblogszene in der Summe nicht die Qualität erreicht. Aber die US-Vorbilder schaffen es, viele Wirtschaftsthemen in der Breite kritisch aufnehmen, oft auch abseits des Mainstreams zu kommentieren und sie häufig sogar unterhaltend, zuweilen lässig zu vermitteln. Und sie generieren damit ausgezeichnete Besucherzahlen.

Wie gelingt den US-Blogs das? Hinter den US-Blogs stehen Profis, die sich ganz und zum Teil mit mehreren Personen auf ihre Webseiten konzentrieren. Und sie schaffen dies, das erstaunt vielleicht manche in Deutschland, mit der Tiefe vieler Beiträge. Sie greifen komplexe Themen auf, kramen in Regierungsdrucksachen, wissenschaftlichen Gutachten und präsentieren alternative Sichtweisen zum Mainstream.

Und in den USA gibt es viel weniger Berührungsängste zwischen den etablierten Print- und elektronischen Medien als in Deutschland. Edward Harrison, dem übrigens die Qualität der deutschen Wirtschaftsblogszene bereits vor zwei Jahren aufgefallen ist, ist gern gesehener Interviewpartner in diversen TV-Programmen. In Deutschland dagegen gelten Blogs oder gar Twitter-Accounts noch als exotisch. Gerade gestern hat Olaf Storbeck im Blog des Handelsblatts festgestellt hat, dass viele Ökonomen (und ich ergänze Wirtschaftspraktiker) nicht einmal wissen, was Twitter ist.

Ich nehme weiterhin Vorbehalte wahr, die Empfehlungen für Beiträge in Blogs, sei es durch Medien, Verbände, Unternehmen oder wen auch immer ausgesprochen rar machen. In Deutschland mangelt es weiterhin an einer Kultur, Wissen mit anderen zu teilen. Berufsprofis aus der Wirtschaft halten sich in der ganz überwiegenden Mehrheit zurück und schreiben nicht für Blogs und kommentieren auch ausgesprochen selten. Sie bewegen sich lieber in ihren geschlossenen Zirkeln, die wohl mehr Zustimmung versprechen. Das ist schade, denn gerade zu vielen professionellen Wirtschaftsthemen könnte man sich über die Netz-Community noch viel intensiver austauschen.

Ich weiß nicht genau, woher die Vorbehalte kommen. Vielleicht ist eine Ursache, dass man in Deutschland zunächst ein wodurch auch immer aufgebautes Renommee benötigt. Das erreicht man hier aber (noch?) nicht durch Blogs. Dabei wäre es für die Leser/Zuschauer/Hörer viel unterhaltsamer und vor allem informativer, wenn statt Hans-Werner Sinn oder Wolfgang Gerke einmal @egghat von der Wunderbaren Welt der Wirtschaft oder Thomas Strobel von Weissgarnix zu aktuellen Themen Stellung nehmen.

Immerhin ist Thomas Strobel ein gutes Beispiel dafür, dass sich die Akzeptanz für Wirtschaftsblogs langsam erhöht, denn er schreibt für die FAZ und ich habe ihn einmal im ARD/ZDF-Morgenmagazin gesehen. Ich selbst will mich nicht beschweren. Vergangene Woche habe ich mich über einen Link in der Süddeutschen, gestern im Handelsblatt Blog auf meinen Twitter Account und im vergangenen Jahr über meinen Auftritt im dradiowissen gefreut und bei dem Finance Blog of the Year von Smava durfte ich mich sogar in der Jury an der Bewertung beteiligen.

Genug also für heute. Über die beiden Blog-Wettbewerbe und den Beitrag gestern im Handelsblatt-Blog habe ich die Mindmap deutschsprachiger Wirtschaftsblogs erheblich erweitern können auf mittlerweile 187 Blogs. Die 200er Marke müsste doch bis zum Sommer zu knacken sein.

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