Traumrenditen bei Verzicht auf Schuldenschnitt oder soll man trotz der Haircut-Gefahr griechische Anleihen kaufen?

by Dirk Elsner on 11. April 2011

Die Diskussion um eine Umschuldung der griechischen Schulden wird immer lauter. Nun hat sich mit der Deutschen Bank sogar das erste Kreditinstitut aus der Deckung gewagt. Vorstand Fitschen erwartet sie noch vor 2013, war am Freitag auf Handelsblatt Online zu lesen. Ich erwarte den Haircut ebenfalls für dieses Jahr. Risikobereite Anleger fragen sich derweil, ob sich der Kauf griechischer Anleihen trotzdem lohnt, wenn man einen Schuldenschnitt einkalkuliert.

In der vergangenen Woche hatte ich an einem Beispiel gezeigt, wie die Käufer griechischer Anleihen profitieren, wenn Griechenland weiter an auf einen Haircut genannten Schuldenschnitt verzichten würde. Jemand der am vergangenen Freitag 6.640 Euro in eine im vergangenen Jahr zu 5,9% Zinsen aufgelegte Anleihe (Details und aktuelle Preise der Anleihe hier) investiert, würde darauf jedes Jahr 590 Euro und am Ende 10.000 Euro erhalten, wenn Griechenland vereinbarungsgemäß leistet. Daraus errechnet sich eine Rendite von fast 14,66% (Renditerechner hier).

Nun fragen sich immer mehr Anleger, ob man angesichts dieser “Traumverzinsung” nicht selbst dann solche Anleihen kaufen sollte, wenn Griechenland nicht vereinbarungsgemäß zurückzahlt. Um es vorweg zu nehmen, ich werde niemanden raten, in griechische, portugiesische Anleihen oder sonst etwas zu investieren, solange ich nicht seine Risikobereitschaft und seine Anlageziele kenne. Ich höre aber, dass sich immer mehr Leute mit dieser Frage beschäftigen. Vielleicht erklärt dies ja auch die leichte Kurssteigerung der Anleihe.

Der aktuelle Preis dieser (und anderer) Anleihe(n) impliziert bereits, dass es einen Schuldenschnitt geben wird. Wie hoch dieser nach der Erwartung des Marktes lässt sich freilich nur ermitteln, wenn man die neue Risikoprämie kennen würde. Die kennt aber niemand. Daher lässt sich darüber nur spekulieren. Aus Anlegersicht kann aber einmal den Spieß umdrehen und schauen, welche Rendite ein Anleger bei welchem Schuldenschnitt realisieren würde. Hier einmal die Renditen für verschiedene Haircuts (Abschläge unten in Prozent auf Zins- und Tilgung), die ab 2012 wirksam werden und die Fälligkeitstermine unverändert lassen.

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Freilich sind auch andere Varianten einer Umschuldung denkbar. So könnte es sich politisch besser verkaufen, wenn man Zins- und Tilgungsbetrag unverändert ließe und dafür nur die Fälligkeit verschieben würde. Die folgende Tabelle zeigt, welchen Einfluss dies bei der hier betrachteten Anleihe auf die Rendite hätte:

Fällig Rendite
2017 14,71%
2018 13,65%
2019 12,87%
2020 12,27%
2021 11,80%
2022 11,41%
2023 11,10%
2024 10,84%
2025 10,62%
2026 10,43%
2027 10,26%
2028 10,12%
2029 10,00%
2030 9,89%

Die Kapitalmärkte werden übrigens eine solche Augenwischerei mit Sicherheit nicht positiv bewerten, weil dadurch weniger Unsicherheit aus dem Markt genommen wird, als mit einer echten Umschuldung.

Wie letztlich ein Schuldenschnitt genau ausfällt, werden wir vermutlich noch in diesem Jahr erfahren. Ob ein sich der Risiken bewusster Anleger jetzt zugreifen sollte, hängt aber gerade von seiner Erwartung der genauen Ausgestaltung ab. In Finanzkreisen flüstert man zwischen 25% und 30%. Sollte dies zutreffen, dann würde sich der Kauf heute trotzdem lohnen, wie die obere Tabelle zeigt. Ein hohes Risiko bleibt es in jedem Fall.

Interessierte Anleger sollten außerdem ins Kalkül ziehen, dass die zum Teil von bedeutenden Mitspielern des Kapitalmarktes lancierte Debatte möglicherweise bewusst gesteuert ist. Die Debatte erhöht die Unsicherheit und übt wegen der Angst vor noch größeren Abschlägen weiteren Druck auf die Anleihekurse aus. Je niedriger freilich die Anleihekurse, desto leichter lässt sich eine Umschuldung am Markt durchsetzen, wenn man den Haircut oberhalb der aktuellen Marktpreise ansetzt.

Ach ja, dieser Beitrag stellt keine Anlageempfehlung dar. Die Berechnungen können Fehler enthalten und beruhen nicht auf der vollständigen Lektüre der Details des Emissionsprospektes.

Nachtrag

Am Wochenende hatte die EU auf einem informellen Finanzministertreffen wieder eine Umschuldung Griechenlands ausgeschlossen. Wenn die Finanzmärkte diese Aussage als glaubhaft eingeschätzt hätten, dann hätte der Kurs der Anleihe heute steigen müssen. Tatsächlich eröffnete die Anleihe den (übrigens sehr dünnen) Handel aber mit einem Preis, der um 1,30 Euro (-1,95%) unter dem Preis vom vergangenen Freitag lag. Im Laufe des Tages erholte sich der Kurs ein wenig, blieb aber unter dem Niveau vom Vortag.

Nachtrag vom 13.4.11

Die Diskussion um einen griechischen Schuldenschnitt ist weiterhin offen. Die Reaktion der Finanzminister wurde von den Märkten ignoriert. Stattdessen konzentriert sich die Debatte eher darum, wie hoch der Schuldenschnitt ausfallen könnte. Die Süddeutsche fragt: „Wie viel von seinen Schulden kann Griechenland überhaupt je noch zurückzahlen?“ „In EU-Kreisen werde auf Arbeitsebene davon ausgegangen, dass 40 bis 50 Prozent der Verbindlichkeiten gestrichen werden müssten, um das Land wieder auf eine solide Grundlage zu bringen“, zitiert das Handelsblatt die Wochenzeitung „Die Zeit“.

Unterdessen besteht der griechische Finanzminister weiter darauf, sein Land ohne Umschuldung aus der Krise führen. Diese Hartnäckigkeit erinnert an Irland und Portugal, die zunächst ebenfalls die Inanspruchnahme des EU-Rettungsschirms strickt ablehnten.

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