Heute trotz Urlaubsvorbereitung (wegen des langen Wochenendes in NRW) noch einmal zu Griechenland (hier der aktuelle Newsfeed) und der Übernahme der Haftung durch den Staat für private Gläubiger, insbesondere für Banken, Versicherungen, andere Anleger und Großunternehmen. Ich habe dazu in den vergangenen Tagen alles gesagt in den Beiträgen
- Wenn Du ein Gläubiger bist, dann bist Du ein Gläubiger. Ausnahme, Du bist eine Bank
- Griechische Schuldenkrise: Politik hat sich in Retter-Rolle drängen lassen, dabei ist nicht ihr Job und verstößt gegen EU-Recht
Nach der Lektüre einer kurzen Meldung in der Süddeutschen über die Reaktion der Wirtschaftsprüfer auf die aktuelle Diskussion, muss ich aber doch noch ein paar ergänzende Gedanken loswerden. Laut einer Pressenotiz hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) vor einer Beteiligung privater Gläubiger an der Lösung der griechischen Schuldenkrise gewarnt. Dass ausgerechnet die Wirtschaftsprüfer das Prinzip der Gläubigerhaftung umdrehen, erschreckte mich. Aus der Erklärung lässt sich diese Warnung freilich nicht so eindeutig herauslesen.
Interessanter ist unterdessen die Bestätigung, dass offenbar viele Banken und Versicherungen Anleihen Griechenlands immer noch zu Anschaffungskosten bewerten, also nicht die notwendige Risikovorsorge betrieben haben und das gerade weil sie sich auf die staatlichen Interventionen verlassen haben. Ich halte das für grob fahrlässig, zumal man wissen muss, dass die Vergabe von Hilfen durch die verschiedenen EURO-Rettungsmechanismen und den IWF an viele strickte Bedingungen geknüpft sind.
Interessant ist, dass der IDW dieses Festhalten an den fortgeführten Anschaffungskosten ausgerechnet mit den internationalen Bilanzierungsvorschriften (IAS 39) begründet:
„Für die letzten Abschlüsse konnten wir noch nicht davon ausgehen, dass die Voraussetzungen für außerplanmäßige Abschreibungen erfüllt sind“, erläutert Klaus-Peter Naumann, Vorstandssprecher des IDW. „Dies war das Ergebnis einer Abwägung zwischen den massiven Schuldenproblemen Griechenlands einerseits und andererseits dem zumindest bis dato zu unterstellenden Willen der Politik, Griechenland ohne die Beteiligung privater Gläubiger über seine Probleme hinweghelfen zu wollen.“ Hinzu kommt, dass der einschlägige Rechnungslegungsstandard IAS 39 mit dem von ihm verfolgten sogenannten incurred loss model außerplanmäßige Abschreibungen erst dann zulässt, wenn Zahlungsausfälle konkret drohen. Aufgrund der Rettungsmaßnahmen ist Griechenland bislang in der Lage, seine Verpflichtungen zu erfüllen.”
Diese und weitere diskussionswürdige Äußerungen in der Erklärung des IDW müssten eigentlich erhebliche Zweifel an den mit Hilfe der Wirtschaftsprüfer und internationaler Großunternehmen geschaffener “International Accounting Standard” aufwerfen. Aber, wie gesagt, ich bin quasi auf dem Weg nach London und will das nicht vertiefen.
Abschließend daher nur der Blick auf die Reaktionen des Mittelstands und der Jungunternehmer, die meist klassisch nach HGB bilanzieren. Deren Reaktionen fasst Norbert Lohrke auf Wall Street Online zusammen:
„Wir Familienunternehmer wissen, dass wir für jedes Risiko, das wir eingehen, auch haften müssen. Wir erwarten von unserer Regierung, dass Sie genauso vorsichtig mit unserem Steuergeld umgeht.“
Und die jungen Unternehmer setzen noch eins drauf:
„Wer ein Risiko eingeht und hohe Renditen einstreicht, muss auch die Verluste tragen.“
@ Gunther:
Das Problem mit den Rating Agenturen besteht wohl
darin dass diese keine Frühwarnungen machen,
Probleme rechtzeitig identifizieren, die ganze Zeit
lang alles ignorieren, sondern erst dann wenn sich
die Konsequenzen wirklich unhaltbarer Zustände
zeigen. Also nicht erst wenn es wolkenbruchartig
regnet sondern erst wenn die Ueberschwemmung kommt.
Auf diese Art und Weise machen diese Agenturen
praktisch insgesamt alles schlimmer.
(Das ist keine gegen Sie gerichtete Kritik, sondern
ganz allgemein.)
In dem Text wird eine falsche Aussage, wie ich Sie andauernd im Netz lese wiederholt:
„Wer ein Risiko eingeht und hohe Renditen einstreicht, muss auch die Verluste tragen.“
Vor der Krise mit den darauf folgenden Abwertungswettläufen der Rating-Agenturen gab es keine „hohen Renditen“.
In der Krise sind die Renditen gestiegen, hätten die Banken aber den Geldhahn zugedreht, wären die früheren Anleihen nicht ausgezahlt worden.
Es wurden also Risiko-Fehlbewertungen gemacht, keine Frage. Aber die großen Renditen fahren wohl eher die ein, die jetzt Spekulieren (Aufkäufer), nicht aber die Banken im allgemeinen.
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