Warum das Genöle der Banken über strenge Regulierung nervt

by Dirk Elsner on 22. Juni 2011

Anfang Juni hatte ich hier in “Tränen für die Banken: Jammern über die Bankabgabe” geschrieben, warum es unsinnig ist, über die Bankenabgabe (dahinter steckt ja letztlich eine Art Rettungsfonds, der notleidende Banken auffangen soll) zu lamentieren. Mich nervt aber das ständige Meckern gegen diese und viele andere Regeln noch aus zwei weiteren Gründen:

  1. Das ist einmal die durchsichtige Art, wie hier gewettert wird. Wahlweise fordert man nämlich, dass Regelungen im internationalen Gleichklang verabredet werden müssten, um Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. Top-Manager, wie etwa Josef Ackermann von der Deutschen Bank wissen dabei ganz genau, dass es zu einer solchen internationalen Einigung nie kommen wird. Werden ausnahmsweise einmal Regeln im internationalen Gleichklang verabschiedet, wie das fruchtlose Basel III, dann wird genölt das zu wenig auf deutsche Besonderheiten Rücksicht genommen wird.
  2. Es mangelt der Finanzbranche trotz des enormen Know hows in den eigenen Reihen an wirklichen Alternativen zum Regulierungsregime der nationalen und internationalen Aufsichtsbehörden. Obwohl sie nach der Lehman-Pleite selbst den Handlungsbedarf erkannt haben, ist kein sinnvoller eigener Vorschlag ihrer Lobbys aus den inneren Zirkeln an die Öffentlichkeit gedrungen. Dabei hätte man damit längst noch nicht wieder hergestelltes Vertrauen zurück gewinnen können.

Die Akteure auf den Finanzmärkten haben sich seit der Finanzkrise nicht besonders geschickt verhalten. Ihre Politik des Nichtstuns mit der gelegentlichen Einstreuung möglichst unkonkreter Vorschläge ist einfach zu durchschauen. Statt selbst mit dem zweifellos vorhandenen Know how konstruktiv an der Architektur einer neuen Finanzordnung mitzuarbeiten, wartet man auf den nächsten Vorschlag aus Politik oder Wissenschaft, um ihn dann genüsslich zu zerlegen. Gehen Vorschläge konzeptionell in die richtige Richtung, wie die an den Risiken orientierte und der Absicherung dienenden Bankenabgabe, dann wird internationaler Gleichklang in dem Wissen gefordert, dass dieser ohnehin kaum erreichbar ist.

Nur um hier nicht falsch verstanden zu werden. Ich bin kein Freund dieser ausgeuferten Regulierung. Das internationale Regelungskauderwelsch (siehe dazu Mindmap zur Neuen Finanzordnung) durchblicken selbst Fachleute nicht mehr. So gibt es etwa je nach Regelwerk ganz unterschiedliche Ansätze, wie Banken bestimmen, ob sie über ausreichend Liquidität verfügen. Die MaRisk messen anders als Basel III und die European Banking Authority (EBA) drangsaliert im aktuell laufenden Stresstest die Institute mit einer anderen Definition.

Wer sich die Mühe macht, einmal die Basel III-Dokument zu überfliegen (hier jetzt auch in deutscher Sprache), der wird schnell feststellen, dass diese Papiere die nächste Finanzkrise nicht verhindern wird (siehe dazu auch im Handelsblatt “Finanzmarkt-Regulierung Wie Basel III die Finanzmärkte instabil macht”). Die Umsetzung dieser Empfehlungen wird in den nächsten Jahren nämlich zu einer noch stärkeren Konzentration im Bankbereich und zur Allokation von Kapital außerhalb des Bankensektor führen.

Basel III lähmt im Mainstreambankenbereich die kaum vorhandene Innovationsbereitschaft. Gerade die Aufsichtsarbitrage ist ein nicht zu unterschätzender Kritikpunkt. Sie wird dadurch genährt, dass längst nicht alle Länder mit einem Bankensystem diese Regelungen anwenden werden. Zweitens schaut das Werk nur auf die Banken und nicht auf den gesamten Finanzbereich (Sektorarbitrage). Somit ist zu erwarten ist, dass diverse Geschäfte in weniger regulierte Sektoren (Hedge-Fonds, Private Equity und andere Investmentvehikel) abwandern wird. Drittens lassen die Regeln den Aufsichtsbehörden länderspezifische Spielräume.

Der Blick Log tritt nicht dafür ein, die oben genannten Regelungslücken noch zu schließen. Dies würde das Bürokratiemonster zu einem Gozilla machen und den gefährlichen Trend zu noch größeren Instituten verstärken (siehe auch Wem die Regulierung im Finanzsektor wirklich nutzt”). Dem Finanzsektor mangelt es an neuen Mitspielern, die den Instituten, die sich mit dem Regulierungsregime angefreundet haben, einen Teil ihrer monopolartigen Gewinne nehmen.

Was sonst so über Regulierungsthemen geschrieben wurde:

HB: EU-KommissionLobby der Wirtschaftsprüfer ist erfolgreich (18.06.11): Strengere Regeln für Wirtschaftsprüfer hat die EU-Kommission verworfen. Dabei hatte sie einst so manches geplant, zum Beispiel eine neue Honorarordnung. Doch davon ist keine Rede mehr, die Lobbyarbeit hat sich gelohnt.

FAZ:  Systemrelevante Banken – Bis zu 3 Prozent Kapitalaufschlag für Großbanken (18.6.11): Der Umgang mit Banken, deren Insolvenz systemgefährdend wäre, ist immer noch nicht geregelt. Nun streiten die Aufseher, ob die systemrelevante Finanzkonzerne 2 oder gar 3 Prozent zusätzliches Kapital vorweisen sollen als Risikopuffer.

FTD:  Regulierung Baustellen der Finanzmarktreform (17.6.11): Die Aufsichtsbehörden wollen die größten Geldhäuser der Welt enger an die Leine nehmen. Doch in den USA regt sich Widerstand gegen die Sondervorschriften. Gleichzeitig wirft Amerika den Europäern Untätigkeit vor.

Spon:  Finanzreform in Großbritannien –  Britische Regierung verschont Banken (16.6.11): Großbritannien startet die lang erwartete Reform der Londoner City: Nach Plänen des Schatzkanzlers Osborne sollen Finanzhäuser das riskante Investmentgeschäft künftig vom Alltagsbanking trennen. Vielen Experten geht der Plan jedoch nicht weit genug – das Schlimmste konnten die Banker verhindern.

FAZ: Beurteilung von Staatsschulden – Ratingagenturen sollen in Haftung genommen werden (10.6.11): Vom Urteil der großen Ratingagenturen hängt es ab, ob die Pläne zu einer Laufzeitenverlängerung griechischer Staatsschulden durchgesetzt werden können. Das EU-Parlament will die Agenturen nun für ihre Bonitätsnoten zivilrechtlich verantwortlich machen.

Risiko-Manager: Basel III soll ohne EU-Verordnung umgesetzt werden (8.6.11): Die Bundesländer haben Bestrebungen der EU-Kommission abgelehnt, die Basel-III-Regelungen durch eine neue EU-Verordnung umzusetzen. Die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder habe sich bei einer Sitzung in Plön einstimmig dafür ausgesprochen, die im Dezember 2010 verabschiedeten Beschlüsse des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht in einer Richtlinie und nicht in einer Verordnung zu verankern, erklärte Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil. Die Länder nehmen damit Forderungen der deutschen Kreditwirtschaft auf. Während Verordnungen unmittelbar gelten, bieten Richtlinien Spielraum bei der nationalen Umsetzung. “Die Vorschläge der EU-Kommission sind ein Irrweg”, betonte Zeil.

BL:  Tränen für die Banken: Jammern über die Bankabgabe (7.6.11):  Vergangene Woche musst meine Familie mir ein Taschentuch für die Tränen reichen, die ich angesichts des Leids der deutschen Banken vergossen habe. Wieder einmal ging es dabei um die “fiese” Bankenabgabe. Der Chef der Deutschen Bank, Joseph Ackermann, findet die deutschen Banken benachteiligt und die “Hypo-Vereinsbank fühlt sich deswegen ungerecht behandelt”. Ich habe keine Lust mehr, mir immer wieder die gleichen unsinnigen Argumente anzuhören. Warum setzt sich Herr Ackermann nicht dafür ein, dass eine vergleichbare Regelung auch international eingesetzt wird, damit die Benachteiligung aufhört.

FTD:  EU wirft USA Trödelei bei Finanzreform vor (1.6.11)

HB: Deutsche-Bank-Chef Ackermann wettert gegen deutsche Bankenabgabe (1.6.11): Deutsche-Bank-Chef Ackermann bleibt seinem Lieblinsthema treu: die Finanzregulierung. Er rechnet vor, dass die deutsche Bankenabgabe mehr schadet als nutzt. Die Politik reagiert mit Unverständnis und keilt zurück.

MM:  Regulierungschaos – “Die US-Finanzindustrie verhindert mit viel Geld politische Reformen” (30.5.11): Der US-Politologe Nicholas Ziegler ist Experte für institutionelle Reformen. Er  staunt, wie zaghaft die Regierung um US-Präsident Barack Obama auf die Finanzkrise reagiert. Dem manager magazin sagt Ziegler jetzt, wieso sich bis heute kaum etwas verändert hat. Und warum die nächste Krise droht.

HB: Wirtschaftswachstum Wenn Banken gefährlich werden (30.05.11): Die Finanzbranche ist wichtig für das Wirtschaftswachstum – aber nur, solange sie nicht zu groß ist, zeigt eine neue Studie. Ist der Bankensektor zu stark aufgebläht, dann richtet das in der Realwirtschaft Schaden an.

Baseler Zeitung: Basel III: Die EU möchte Schlupflöcher für ihre Banken (28.5.11): Die Banken in der EU sollen Teile der strengeren Kapitalvorschriften von Basel III unterlaufen können. Für CS und UBS wäre das ein Nachteil.

FTD: Eigenkapitalregeln – Bank-Aktionäre hoffen auf Regulierungslücken (27.5.11): Der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Barnier will bei der Umsetzung der Basel-III-Vorschriften offenbar ein Auge zudrücken. Das berichtet die Financial Times. Trotz Dementis aus Brüssel ziehen die Kurse von Finanztiteln kräftig an.

HB: Finanzmarkt-Regulierung: Wie Basel III die Finanzmärkte instabil macht (19.05.11): Basel III soll dafür sorgen, dass die Banken das Auf und Ab der Konjunktur nicht weiter verstärken. Leider dürfte in der Realität genau das Gegenteil passieren, zeigt eine neue Studie.

HB: Rating-Agenturen: US-Börsenaufsicht maßregelt mit Samthandschuhen (18.05.11): Die Wall Street soll nach der Finanzkrise sicherer werden. Neue Regeln gibt es deshalb auch für Rating-Agenturen. Doch die US-Börsenaufsicht geht dabei äußerst milde vor.

Dr. Hansjörg Leichsenring Juni 22, 2011 um 06:36 Uhr

Das schöne an dem Genöle ist, dass sich endlich mal alle drei Bankengruppen (Privatbanken, Sparkassen und Geno Banken) einig sind, wie ich es noch nie erlebt habe. Alle leiden gemeinsam, miteinander und verküpnden das Gejammer unisono im Chor bei allen Gelegenheiten, die ihnen Tagungsmanager bieten.

Ist es nicht herrlich, dass endlich weider Eintracht, statt Zwietracht herrscht…

😉

Beste Grüße

Hansjörg Leichsenring

http://www.der-bank-blog.de

dels Juni 22, 2011 um 07:51 Uhr

Immerhin höre ich jetzt auch immer öfter Menschen im Bankensektor, denen das ewige Gejammer der eigenen Branche unangenehmt ist. Vielleicht wird ja jetzt einmal das Momentum genutzt, um auf der Produkt- und Kundenseite zu zeigen, was man kann.

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