Megathema für die Banken: Refinanzierung ohne Zukunft?

by Dirk Elsner on 30. September 2011

Gestern war der erste Tag des TSI-Kongresses, eine hochprofessionelle Veranstaltung der Finanzindustrie, in der es um Unternehmensfinanzierung, Bankenrefinanzierung und Verbriefung von Forderungen geht. Die Branche kämpft weiter gegen den schlechten Ruf, sogenannter Asset Backed Securities (ABS), also Wertpapieren, die mit bestimmten und ganz unterschiedlichen Vermögensgegenständen abgesichert sind. Der Ruf der ABS hat insbesondere durch die Finanzkrise erheblichen Schaden angenommen, weil viele Investmentbanken bestimmte Sonderformen dieser Papiere mit schlechten Vermögenswerten abgesichert haben. Berühmt berüchtigt sind hier insbesondere die Subprime ABS und CDOs geworden, die mit US-Immobilien mit zweifelhaften Wert gesichert wurden.

Übersehen wird dabei freilich, dass es mit nahezu allen in Deutschland konstruierten ABS keine Probleme gegeben hat und dieser Markt in den meisten Segmenten zu Unrecht unter Beschuss steht. Banken bemühen sich derzeit mit Hochdruck darum, den Ruf dieses Segmentes bei Investoren zu verbessern, der durschlagende Erfolg bleibt aber noch aus. Der Grund wurde gestern an verschiedenen Stellen deutlich: Banken können sich so gut wie gar nicht mehr über ungedeckte Anleihen refinanzieren und suchen händeringend nach alternativen Fundingstrategien.

Kurz zum Hintergrund: Banken refinanzieren sich nicht nur über Eigenkapital, Einlagen und die Zentralbanken, sondern im Sinne eines vernünftigen Mix ihrer Passivseite u.a. durch Anleihen. In der Vergangenheit wurden diese Anleihen unbesichert an Privatanleger und institutionelle Investoren verkauft. Angesichts der Bankenkrise der letzten Jahre und der aktuellen Vertrauenskrise ist dies nun immer schwieriger geworden. Mittlerweile, so war auf einer Panel-Diskussion zu hören, ist diese Form der Refinanzierung für viele Banken teurer als für bonitätsmäßig einwandfreie Unternehmen. Im Klartext: Banken können nicht einfach günstig Mittel aufnehmen und diese mit einem Aufschlag an Unternehmen verleihen, weil sich besonders gut dastehende Unternehmen am Kapitalmarkt günstiger refinanzieren können. Der Markt traut also der Bonität vieler Banken nicht mehr viel zu.

Das Stichwort ist also die im Fachjargon uncovered Bonds genannten unbesicherten Anleihen. Hier vertrauen viele Anleger und Investoren den Instituten nicht mehr und erwarten zusätzliche Absicherung der den Banken überlassenen Gelder. Und dies wird mittlerweile zu einem Riesenproblem für die Refinanzierung vieler Banken. Dazu kommt, dass in den nächsten Jahren viele ihrer unbesicherten Anleihen refinanziert werden müssen. Deutlich machten auch Vertreter von Unternehmen, dass die Bonität einer Bank bei der Anlage liquider Mittel mittlerweile eine größere Rolle spielt. Aber auch bei der Finanzierung wollen sich Unternehmen nicht mehr allein auf eine Bank verlassen.

Die Finanzbranche sucht derzeit händeringend noch nach Alternativen für ihr Funding und die Refinanzierung von Krediten. Ein oft strapaziertes Schlagwort sind auf dem Kongress die sogenannten “Structured Covered Bonds”, die einige Teilnehmer für die Zukunft der Refinanzierung halten. Andere waren davon freilich noch nicht überzeugt, zumal noch unklar ist, wie die aktuelle Regulierung aus Basel III genau auf diese Instrumente wirkt. Die bereits erwähnten ABS sind ebenfalls eine Alternative, weil mit ihrer Hilfe Kredite z.B. an mittelständische Unternehmen in Anleihen verpackt werden können und so als risikodiversifiziertes Kreditportfolio für Anleger weniger Risiken bedeuten. Darüber hinaus wurden noch ein zwei Instrumente genannt (Pfandbriefe natürlich auch).

Erstaunlich war, dass neue und moderne Finanzierungswege etwa über das New oder Next Banking weiter keine Rolle spielen, wobei immerhin ein Bankenvertreter einräumte, dass sich hier möglicherweise einer neuer Kanal entwickeln könne. Vertieft wurde das leider nicht.

In jedem Fall sind die neuen Finanzierungsinstrumente für Banken mit erheblich mehr Aufwand verbunden. Außerdem müssen sie einen Teil der Sicherheiten, die sie bisher selbst gehalten haben, an den Kapitalmarkt weiterreichen.

Klar wird dadurch, dass sich die Refinanzierung für Banken deutlich verschlechtert hat. Ob und welche Auswirkungen dies für Unternehmen hat, ist noch unklar. Wie oben bereits ausgeführt, können sich große Unternehmen am Kapitalmarkt günstiger refinanzieren. Allerdings hat nur ein Bruchteil der Unternehmen diese Chance. Die anderen Unternehmen werden von den Banken in den nächsten Jahren mit ihren Verbindlichkeiten mehr in verbriefte Produkte gedrängt werden. Hier bestehe nach Ansicht von Ganesh Rajendra, Ökonom der Royal Bank of Scotland, ein großes Potential insbesondere für den deutschen Markt.

Die Sichtweise, dass sich ein Teil der Refinanzierung dem klassischen Finanzsektor entziehen wird, wie das schon jetzt zu beobachten ist, wurde auf dem Kongress bisher nicht wahrgenommen, zumindest nicht in den Panels, die ich besucht habe. Aus meiner Sicht hat die Finanzindustrie hier einen immer größer werdenden blinden Fleck.

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