Vor zwei Wochen habe ich in dem hier veröffentlichten Einleitungsartikel Ziel und Zweck dieser Beitragsreihe erläutert. Es geht um die Wirkungen ausgewählte Maßnahmen der Finanzmarktregulierung auf bestimmte Positionen des Bankgeschäfte. Nach dem Bankrestrukturierungsgesetz und Basel III geht es heute um Solvency II.
Die Versicherungen gehören zu den ganz entscheidende Investorengruppen an den Finanzmärkten. 2011 sammelte lt. Handelsblatt die Branche in Europa 1.104 Milliarden Euro ein. Mehr als 7.400 Milliarden Euro verwalten europäische Versicherungen derzeit.
Solvency II (= EU-Richtlinie 2009/138/EG) ist ein Projekt der EU-Kommission und reformiert grundlegend das Versicherungsaufsichtsrechts in Europa. Ziel ist es, die heutigen Eigenmittelanforderungen für Versicherungsunternehmen zu einem konsequent risikoorientierten System der Finanzaufsicht weiterzuentwickeln (siehe dazu diese Übersicht der BaFin). Der Aufbau von Solvency II ist inhaltlich an die Basel II angelehnt, die dort festgelegten Ansätze werden aber teilweise fortentwickelt.
“Unter Solvency II”, fasst die Deutsche Bank die Regelungen zusammen, “werden die derzeitigen Solvabilitätsvorschriften zu einem konsequent risikoorientierten System der Finanzaufsicht weiterentwickelt. Bislang richtete sich das benötigte Eigenkapital der Versicherungsunternehmen nur nach dem Prämienvolumen. Zukünftig sollen sich die Eigenkapitalanforderungen nun an den tatsächlich eingegangenen Risiken in der Kapitalanlage orientieren. Grundlage ist das Risikotragfähigkeitskonzept, d.h. je höher das Risiko, desto mehr Eigenmittel müssen zur Unterlegung dieses Risikos bereit stehen.
Zudem verlangt Solvency II von Versicherern, ihre Aktiva und Passiva zu Marktwerten zu bewerten. D.h. der neue risikobasierte Ansatz berücksichtigt auch explizit Risiken auf der Aktivseite; dies war in den meisten europäischen Ländern bislang nicht der Fall. Die Bewertung der Aktiva und Passiva bewegt sich somit von einem Buchwertansatz hin zu einer marktkonsistenten Bewertung.”
Solvency II soll ab 2013 gelten und wird bestimmte Investments der Versicherungen in Staatsanleihen sowie regulierte Covered Bonds und Pfandbriefe bevorzugen. Erschwert werden langlaufende Investments in Bankrisiken sowie in ABS-Investments. Nach den letzten Vorschlägen sind für Pfandbriefe und Covered Bonds eine Eigenkapitalquote von 0,6 % für und für ABS von 4% pro Laufzeitjahr zu hinterlegen.
Gerade die Versicherungen stellen neben den Banken und Fonds die wichtigste Anlegergruppe für ABCP-Programme dar und ein Wegbrechen dieser Anlegergruppe – wie es derzeit der Fall ist – erschwert dem deutschen Mittelstand den Zugang zu günstiger Kapitalmarktrefinanzierung über ABCP-Programme. Hier wird aber – soweit mir bekannt – insbesondere bei den EK-Unterlegungsregeln weit von Basel II und III abgewichen. So kursiert z. zt. ein Kommissionsvorschlag wonach z.B. hochqualitative deutsche Autoverbriefungen mit 4 % EK je Laufzeitjahr zu unterlegen wären, was bei einer Autoverbriefung von VW eine EK-Unterlegung von etwa 8 – 16 % bedeuten würde, während nach Basel III die EK-Unterlegung für derartige Papiere ihrem Risikogehalt angemessen unter 1 % läge. Klar ist, dass damit die Versicherungen als Investoren vom europäischen ABS-Markt verschwinden und in die wesentlich riskanteren Unternehmensanleihen getrieben werden.
Hier nun die Hypothesen über die Wirkung dieser Vorschrift auf ausgewählte Bankbilanzpositionen
Solvency II |
|||
Assets/Aktiva | Funding/Passiva | ||
Position | Wirkung | Position | Wirkung |
Zentralbankgeld | o | Eigenkapital | + |
Interbankfinanzierung | o | ungedeckte Finanzierung | – |
Staatsfinanzierung | + | gedeckte Finanzierung/SCB | + |
Unternehmenskredite | – | Asset Backed Securities | – |
(Structured) Covered Bonds | + | reg. Covered Bonds/Pfandbr. | + |
pfandbrieffähiges Geschäft | + | gesich. kurzfr. Einlagen* | + |
Asset Backed Securities | – | gesich. langfr. Einlagen* | + |
Aktien und anderes AV | – | ungesich. kurzfr. Einlagen | – |
ungesich. langfr. Einlagen | – | ||
abnehmend | – | SCB = Structured Covered Bond | |
neutral | o | * durch Einlagensicherung | |
zunehmend | + |
Mir ist bewusst, dass diese Darstellung unvollständig bleiben muss. Über Korrekturhinweise und Anregungen zu der Darstellung freue ich mich. Änderungsvorschläge nehme ich gern über das Kommentarfeld entgegen und werde sie dann auf der Seite “Wirkung der Finanzmarktregulierung auf Bankenrefinanzierung und Finanzierungsgeschäfte” entsprechend anpassen.
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