Bonusdebatte runterkochen und über Managermotivation nachdenken

by Dirk Elsner on 17. Februar 2009

Die Bonusdebatte kocht kräftig in den Medien und in der Politik. Seit dem nachvollziehbaren “Wutausbruch” von Barack Obama und der Geißelung von Angela Merkel ist die Bonussuppe gar und kocht in einer schrillen Kakophonie über. Dabei sollte die Köche vielleicht mal den Topf vom Gas nehmen und einen Gang runtergekochen. Vielleicht könnte die Diskussion mehr in die Richtung geführt werden, wie künftige Bonussysteme gestaltet werden könnten, aber vor allem wie es um die Motivation der Top-Leistungsträger bestellt ist, wenn sie nur auf ihre Entlohnung achten.

In einer internationalen Presseschau im Handelsblatt der vergangenen Woche konnte man noch einmal den gesammelte internationalen Ärger über die Bonusgier konzentriert nachlesen. Dabei dürfte das Grundproblem der häufig praktizierten Bonussysteme mittlerweile klar sein. Die Anreizsysteme für viele Entscheidungsträger weisen eine hohe Asymmetrie zwischen Gut- und Schlechtleistungen auf. Im Klartext bedeutet dies: Durch erfolgsabhängige Boni können die Entscheidungsträger im Erfolgsfall vergleichsweise hohe Zahlungen erwarten. Dabei führen exzessive Risiken oft auch zu exzessiven Boni. Umgekehrt wird bei Misserfolgen kein Malus berechnet. Es fällt lediglich der Bonus weg, im schlimmsten Fall der Arbeitsplatz. Das Risiko, “nur den Arbeitsplatz zu verlieren” gehen Manager aber offenbar “gern” ein, wenn der Erwartungswert für die jährlichen Bonuszahlungen so hoch ist, dass damit eine beschäftigungslose Zeit im Misserfolgsfall bequem überbrückt werden kann.

Noch besser beschrieb das Michael Maisch:

“Die Banken beteiligen ihre Angestellten zwar an den Gewinnen, aber die Verluste müssen die Mitarbeiter am Ende nicht mittragen. Das System entspricht in etwa einem Roulettetisch, an dem alle Gewinne ausbezahlt werden, die Chips der Verlierer aber nie an die Bank gehen, sondern als Einsatz auf dem Tisch liegen bleiben. Die Boni der Banken haben zudem den Erfolg eines einzigen Jahres belohnt und damit die kurzfristige Gier geschürt, frei nach dem Motto: „Nach uns die Sintflut“.

Einen interessanten Vorschlag zur Gestaltung der Bonussysteme hatte Joseph Stiglitz schon vor einigen Monaten  in einem Interview mit der Huffington Post erläutert: Bonuszahlungen an mehrjährigen Leistungen zu orientieren anstatt auf Jahresleistungen. Bonuszahlungen auf Jahresbasis würden einer Einladung zum Glückspiel gleichkommen. Aktienoptionen verleiten zu unredlicher Buchführung und gehörten eingeschränkt. Schlechtes Verhalten muss durch Anreize vermieden werden. Der Ansatz von Stiglitz klingt plausibel. Er stärkt zudem die Mitarbeiterbindung. Jobhopper haben so weniger Anreize eine Politik des kurfristigen “Earn and destroy” zu verfolgen und müssten sich mehr Gedanken über die Folgewirkungen ihrer Maßnahmen machen.

Einen weiteren Vorschlag machte Ben W. Heinemann in der Oktoberausgabe des Harvard Business manager (auch nachzulesen auf Manager-Magazin Online):  Heineman scheibt:

“Wer Führungskräfte nur nach Leistung bezahlt, öffnet die Tür für krumme Geschäfte. Was fehlt, ist ein finanzieller Anreiz zur Rechtschaffenheit. Eine gute und rechtschaffene Leistung des CEOs dagegen ist die Grundlage für jenes elementare Vertrauen – innerhalb und außerhalb der Organisation -, auf dem die Macht eines Unternehmens beruht.”

Heinemann schlägt vor:

“Ein Aufsichtsrat sollte … ausdrücklich einen festgelegten Teil des Gehalts und der Aktienoptionen des CEOs davon abhängig machen, wie erfolgreich der Firmenchef die grundlegende Aufgabe meistert, auf allen Ebenen des Unternehmens hohe Leistung mit hoher Integrität zu verbinden. Doch warum tun Aufsichtsräte dies nicht? Vielleicht weil sie unsicher sind, was Integrität überhaupt bedeutet – und inwiefern sie sich im finanziellen Ergebnis niederschlägt.”

Die weiteren konkreten Schritte des Modell können in dem Artikel nachgelesen werden. Im dritten Teil der Artikelserie schlägt Heinemann übrigens noch Fragen vor, mit denen beurteilt werden soll, wie gut ein CEO Leistung und moralische Integrität verbindet.

Das erschreckende an diesen Vorschlägen ist (und erschreckend ist auch, dass dies nicht diskutiert wird), dass diese Vorschläge mit der Annahme eines kompletten Opportunismus vieler Top-Leute arbeiten. Gibt es keine finanziellen Anreize, dann setzen sie sich auch nicht für ihr Unternehmen ein. Die Botschaft, die davon ausgeht für die weiteren Führungsebenen und Mitarbeiter ist fatal. Persönlich halte ich diese Annahme ohnehin für unrealistisch, weil es viele von dieser Erwartung abweichende Manager gibt. Diese werden aber durch die Gier einiger Unbelehrbarer gleich mit in den Dreck gezogen.

In einem Folgebeitrag in den nächsten Tagen werde ich mich mit der Frage befassen, warum Manager und Top-Angestellte nicht wie viele Mitarbeiter auch mit anderen Instrumenten der Mitarbeiterführung motiviert werden können.

Weitere Beiträge zur Bonusdebatte

NZZ: Aufregung um Boni in Deutschland

FAZ: Manager-Vergütung Der Fluch der Boni

Spon: Experten wollen Banker- Boni radikal reformieren

Fokus: Manager: SPD-Chef Müntefering prangert Bonus-Zahlungen an

HB: Koalition will hohe Manager-Boni verbieten

FAZ: Finanzkrise: DZ Bank kürzt Boni für Mitarbeiter

Welt: Müntefering fordert Selbstreinigung der Banken

HB: Air-Berlin-Manager beanspruchen nicht volle Boni

Wiwo: Bonus-Exzesse Investmentbanker zu Marktpreisen mit weiteren Links

Welt: Banken können Manager-Boni nicht stoppen

MM: Bonuszahlungen: „Brandbeschleuniger in der Krise“

TBITB: Nur kein Bonus ist ein guter Bonus

FTD: „Bonus Bandits“ kommen durch

NYT: 700 Merrill Employees Received $1 Million Bonuses

WSJ: Why Good Managers Make Bad Decisions

Querschüsse: „Milliarden-Boni und die Finanzkrise“

WSJ: Invisible Hand Should Restrain Wall Street Excesses

WSJ: Financial Crisis Has an Upside: ‘The Joy of Schadenfreude’

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