Wie Top-Leute auch anders als mit Bonus motiviert werden können

by Dirk Elsner on 18. Februar 2009

Top-Mitarbeitern wird gern eine gute Bezahlung zugestanden. Dass aber eine Top-Bezahlung gleichzusetzen ist mit einer Top-Qualität der Mitarbeiter und erst recht von Top-Managern, gehört zu den modernen Mythen der Marktwirtschaft. Längst ist ausgemacht, dass die Top-Investmentbanker mit exzessiver Bezahlung die Weltwirtschaft in das größte Desaster seit der Weltwirtschaftskrise geführt haben. Auch wenn diese Ursachenanalyse viel zu kurz greift, muss man die Frage nach den Motivationsmechanismen in der Champions-League des Management stellen.

Das Erschreckende an vielen Vorschlägen ist, dass sie mit der Annahme eines kompletten Opportunismus vieler Top-Leute arbeiten. Gibt es keine finanziellen Anreize, dann setzen sie sich auch nicht für ihr Unternehmen ein. So war jüngst in der FTD zu lesen, dass die Innovationskraft eines Finanzstandorts wie London nun einmal von den verlockenden Erfolgsprämien abhängt.

Es ist klar, dass man mit solchen pauschalen Aussagen vielen Leistungsträgern nicht gerecht wird. Diese und ähnliche Aussagen aus den Reihen der Bonusbefürworter  werfen dennoch die Frage auf , ob und wie man auf andere Art und Weise seine Manager und Mitarbeiter motivieren kann. Ein Leser, der selbst ebenfalls ein Unternehmen geführt hat, schrieb mir dazu vor einigen Wochen:

„Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass meine Mitarbeiter nie durch hohe Geldzuwendungen gehalten wurden,  sondern immer durch Integrität in die Unternehmensziele. Wenn die Integration fehlt und überdies weder Respekt noch Achtung gegenüber allen Geschäftspartnern und Kollegen und Kunden fehlt, zeigt sich hier meines Erachtens eine ganz fundamentale Charakterschwäche.”

Diese Aussagen unterstreiche ich komplett. Tatsächlich muss man sich fragen, warum den Banken, die in den letzten Jahren Millionenbudgets für die Motivation und Coachings ihrer Führungskräfte ausgegeben haben, nur finanzielle Anreize als Motivationsfaktor einfallen. Gratis gibt es übrigens diesen Tipp: Sollten Sie einen Mitarbeiter haben, der sich für sehr wertvoll hält und deswegen viel Geld verlangt und damit droht, Ihr Unternehmen zu verlassen, dann setzen Sie ihn am besten sofort auf die Straße. Dieser Tipp richtet sich ebenfalls an Aufsichtsräte, die über die Bonushöhe ihrer Vorstände entscheiden. Lassen Sie den CEO gehen. Wenn Sie denken, das ginge nicht, weil der Mann ein Star sei und über einen blendenden Ruf verfügt, dann lesen sie diesen Artikel hier und lassen Sie ihn gar nicht mehr zurück an seinen Schreibtisch.

Wenn Sie tiefer darüber nachdenken, wie sie Mitarbeiter und Manager auch unter schwierigen Bedingungen zu Bestleistungen zu bewegen sollten, dann könnte z.B. ein Artikel im Harvard Business manager aus dem September vergangenen Jahres helfen. Dieser sehr lesenswerte Artikel leider nur kostenpflichtig über manager-magazin.de abzurufen. Dort zeigen die Autoren die wichtigsten Hebel zur Verbesserung der Mitarbeitermotivation und kommen zu dem Schluss, dass Manager mehr Möglichkeiten zu Motivation haben, als sie denken.

Im Zentrum des Beitrags stehen vier Triebkräfte der Motivation, zu denen ich hier einige Kernaussagen aus dem Artikel Nitin Nohria, Boris Groysberg und Linda-Eling Lee zitiere und ergänze um die Motivationshebel und konkreten Vorschläge, die die Autoren dazu geben:

1. Der Trieb, etwas zu besitzen

Dieses Phänomen bezieht sich nicht nur auf materielle Güter wie Geld, Nahrung, Kleidung und Behausung, sondern auch auf Erfahrungen wie Reisen und Unterhaltung – und nicht zu vergessen Ereignisse, die unseren sozialen Status verbessern, wie eine Beförderung und ein größeres Büro oder ein Posten an der Spitze des Unternehmens.

Motivationshebel: Vergütungs­system

Maßnahmen:

  • Klare Abgrenzung von überdurchschnittlichen gegenüber durchschnittlichen und schwächeren Leistungsträgern
  • Leistungsbezogene Vergütung
  • Zumindest gleiche Bezahlung wie bei den Mitbewerbern

2. Der Trieb, sich zu binden

Im Beruf sorgt der Bindungstrieb für einen enormen Motivationsschub, wenn die Mitarbeiter stolz darauf sind, Teil des Unternehmens zu sein. Befriedigt das Unternehmen dieses Grundbedürfnis nicht, ist ein Verlust der Arbeitsmoral die Folge. Dieser Trieb erklärt auch, warum Mitarbeiter es als schwierig empfinden, den geschützten Bereich ihrer Abteilung zu verlassen. Menschen gehen eine Bindung mit der Gruppe ein, die ihnen am nächsten steht.

Motivationshebel: Unternehmenskultur

  • Vertrauen und Freundschaft unter den Mitarbeitern fördern.
  • Anerkennung von Zusammenarbeit und Teamarbeit.
  • Ermutigung zum Austausch über bewährte Verfahrensweisen

3. Der Trieb, zu verstehen

Am Arbeitsplatz liegt dem Trieb, zu verstehen, der Wunsch zugrunde, einen sinnvollen Beitrag im Unternehmen zu leisten. Mitarbeiter sind motiviert, wenn ihr Job sie fordert und ihnen die Möglichkeit bietet, sich zu entfalten und zu lernen. Sie sind dagegen demoralisiert, wenn ihr Job monoton ist und nichts bewirkt. Talentierte Mitarbeiter, die sich durch die äußeren Umstände eingeengt fühlen, verlassen das Unternehmen oft, um anderswo neue Herausforderungen zu suchen.

Motivationshebel: Gestaltung der Arbeitsinhalte

Maßnahmen:

  • Stellen so gestalten, dass sie unterscheidbare und wichtige Rollen im Unternehmen spielen.
  • Stellen schaffen, die bedeutungsvoll sind und ihren Inhabern das Gefühl vermitteln, einen Beitrag für das Unternehmen zu leisten.

4. Der Trieb, zu verteidigen und zu bewahren

Der Verteidigungstrieb trägt viel zur Erklärung bei, warum Menschen sich gegen Veränderungen sträuben. Er ist ein Grund, warum die Aussicht auf eine Fusion oder Übernahme – mithin eine besonders einschneidende Veränderung – Mitarbeiter massiv verstören kann, selbst wenn sie die einzige Möglichkeit ist, den Bestand des Unternehmens zu sichern. Stellen Sie sich beispielsweise vor, heute sagte man Ihnen, Sie seien ein wichtiger Leistungsträger und unentbehrlich für den Erfolg des Unternehmens, und am nächsten Tag ließe man Sie im Zug einer Umstrukturierung fallen.

Motivationshebel: Prozesse der Res­sourcenzuteilung und Leistungs­steuerung

Maßnahmen:

  • Die Transparenz aller Prozesse erhöhen.
  • Wert auf Fairness bei den Prozessen legen.
  • Durch eine transparente Verteilung von Belohnungen, Aufgaben oder anderen Formen der Anerkennung Vertrauen aufbauen

Beim Abarbeiten der Punkte mag man sich bei dem einen oder anderen Punkt fragen, ob diese überhaupt auf die oberste Leitungsebene anwendbar sein mögen.  Dies sollte man vielleicht etwas entspannter sehen, denn es müssen nicht alle Maßnahmen parallel ergriffen werden. Die Autoren schreiben dazu:

“Alle vier Triebe, die wir beschrieben haben, stehen für sich. Sie können weder in eine hierarchische Struktur eingeordnet werden noch einander ersetzen. Sie können nicht einfach Ihren Mitarbeitern hohe Gehälter zahlen und hoffen, dass sie von ihrer Arbeit in einem Unternehmen begeistert sind, in dem soziale Bindungen nicht gefördert werden, in dem ihnen ihre Arbeit bedeutungslos erscheint oder in dem sie sich ausgeliefert fühlen. Es genügt auch nicht, Mitarbeiter beim Aufbau enger Bindungen zu ihren Teams zu unterstützen, wenn sie unterbezahlt sind oder sich mit todlangweiligen Jobs herumplagen.”

Außerdem sind die Maßnahmen ja nur beispielhaft genannt. Konzentriert man sich auf die Triebkräfte, dann können leicht weitere Maßnahmen entwickelt werden. Ohnehin empfehle ich stets, nicht einfach Ideen aus Fachartikeln 1:1 zu übernehmen, sondern sie mit eigenen Gedanken bezogen auf die eigenen Ziele und Rahmenbedingungen anzureichern.

Weitere Literaturhinweise

Hausarbeit von Achim Gasché: Mitarbeitermotivation: Mitarbeiter richtig motivieren

FTD: Führen ohne disziplinarische Macht

Tagesspiegel: Wie Sie die innere Kündigung verhindern

WSJ: Why Good Managers Make Bad Decisions

Anna Schneider und Sven Unkelbach: Motivation von Führungskraft und Mitarbeiter (pdf)

Josef Wegenberger: Die 7 Trugschlüsse zum Thema Motivation Teil 1

Time: Can Wall St. Dodge Government Pay Limits?

BPB: Against the Pay Caps–Posner

BPB: Pay Controls Do Not Work at Any Level-Becker

Ulf Hamster Februar 18, 2009 um 03:28 Uhr

Es geht auch einfacher. Die meisten Bonussysteme funktionieren wie Hurdle Rates, d.h nach einem fixen Zeitintervall gibt einen %-Satz oder 0, danach wird auch Reset gedrückt und es geht wieder von vorne los. Dagegen gibt es High Water Marks, d.h. es gibt nur einen %-Satz oberhalb der letzten Bestleistung, und es wird dann auch ein neuer ‚High Mark‘ nachhgezogen.

Angenommen der Manager/Entscheider/Angestellte möchte regelmäßig einen Boni einstreichen, dann darf er/sie sich keine großen Patzer erlauben, weil er/sie dann lange daran rumzuknabbern hat um überhaupt zum High Mark zurückzukommen. Die Folge ist, dass er/sie hier und da zweimal hinguckt.

Das High Water Mark System hat aber ein Problem: Er/sie kann auch den Job wechseln.

Im Falle von Banken ist es wichtiger intern korrelliertes Verhalten zu elimieren,

Siehe dazu
http://www.nytimes.com/2009/02/11/opinion/11wilmott.html?_r=4&th&emc=th

Comments on this entry are closed.

Previous post:

Next post: