Noch wenig dramatische Quote bei US-Zwangsvollstreckungen

by Dirk Elsner on 6. März 2009

3,3 Prozent aller Hausbesitzer, die eine Hypothek abzahlen müssen, befinden sich nach Angaben des US-Verbands der Hypothekenbanken (MBA) im Dezember 2008 im Prozess der Zwangsvollstreckung. Dies bedeutet eine Steigerung von 128 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat 2007 und eine Rekordzahl seit der Einführung der MBA-Statistik 1972. Das Handelsblatt dramatisiert wie gewohnt solche Zahlen. Aber sind sie wirklich so dramatisch?

Economix, ein Blog der New York Times, dagegen findet diese Zwangsversteigerungsraten nicht so hoch, es sei denn man wohnt in Kalifornien, Arizona, Florida oder Nevada. Economix bezieht sich dabei auf eine Studie der  Universität von Virginia.  Nach dieser Studie sieht die Verteilung der Zwangsvollstreckungen aktuell so aus (hier dazu die pdf-Dateien, in der die Daten besser erkennbar sind):

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Die Herkunft der Daten ist in diesem Dokument (Word-Format) beschrieben. Darin wird auch deutlich gemacht, dass die Daten unterschiedlicher Quellen sich schwer miteinander vergleichen lassen. Ich habe in den letzten Artikeln zum Thema US-Hypotheken meist von den delinquency rates gesprochen, also den  Zahlungsrückständen, deren Quoten höher sind als die der Zwangsversteigerungsquoten.

Zurück zur Ausgangsfrage: Dramatisch sind diese Daten, weil hinter jeder Zwangsversteigerung letztlich auch das Schicksal einer Familie hängt. Im Vergleich zu den Schieflagen der toxischen Assets, in denen ja auch US-Hypotheken verbrieft sind, ist diese Zahl wiederum erstaunlich niedrig. Geht man davon aus, dass 3,3% ausfallen und jede Zwangsversteigerung 20% weniger als der aktuelle Marktwert der Immobilien erlöst, dann bleibt auch unter Berücksichtigung bisher geleisteter Tilgungszahlungen der Gesamtausfall auf US-Hypothekenzahlungen weit ab von den Abwertungen auf toxische Assets

Meine These, dass die toxischen Assets, die ja ebenfalls teilweise diese Ramschhypotheken enthalten, mehr wert sind (siehe dazu zuletzt hier), lässt sich mit diesen Daten also nicht widerlegen. Allerdings bestätigen sie meine These auch nicht. Denn letztlich kommt es darauf an, welche Hypotheken in den toxischen Papieren verbrieft sind, insbesondere aus welchen Regionen und Bonitätsklasse diese stammen. Daneben sind viele weitere Parameter zu berücksichtigen, die ein Außenstehender gar nicht beurteilen kann. Ich sehe mich letztlich nur einmal mehr darin bestätigt, dass die Banken uns erklären sollten, wie es zu den hohen Abschreibungen bei den toxischen Assets kommt, wo doch die tatsächlichen Ausfälle bei US-Hypotheken überschaubar.

In der New York Times verweist übrigens der Ökonom Paul Krugman auf die felsenfeste Überzeugung im Obama-Team, dass der „toxische Müll“ in den Bilanzen der Banken viel mehr wert sei, als irgendjemand derzeit bereit sei, dafür zu zahlen – und dass alle Sorgen weg seien, sobald dieses Assets einen anständigen Preis bekämen. Er bezeichnet dies allerdings als „Zombie-Idee“. Mit Krugman kann man übereinstimmen, muss es aber nicht.

Beiträge im Blicklog zum US-Hypothekenmarkt

Toxische Assets: Risikoprämie vs. Ausfallquote

“Macher der Finanzkrise” kaufen toxische Assets

Betrachtung einer Krise anhand von Kreditausfällen (Beitrag von each trading day)

“Gigantische” Ausfallquoten bei US-Krediten: 98,45% der Verbindlichkeiten werden gezahlt

Weitere Meldungen

HB: Mehr Hausbesitzer in den USA geraten in die Schuldenfalle

HB: Doppelter Ramsch

HB: Lohnender Ramsch: Experten sehen Chancen bei Junk-Bonds

Adrian März 6, 2009 um 22:03 Uhr

Gut recherchert! Die meisten von uns wissen es nicht, weil man sich grundsätzlich auf die sog. etablierten Medien verlässt, die meist nur einer Trendrichtung folgen..
Weiter so!
Gruss
Adrian

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